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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.05.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-05-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188005111
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18800511
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18800511
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
- Monat1880-05
- Tag1880-05-11
- Monat1880-05
- Jahr1880
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.05.1880
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Erscheint tSglich früh 6'/. Uhr. Netacits» »»> Lrpkttttr» JohaaniSgafl« 83. Sffucht>»»5, »er »e»-ctto« Vormittags 10—12 Uhr. Nachmittags 4—s Uhr. U»r tzk Nütkgab« rti»«ri»ndlrr Minu- Lrwl« »ach» ftch dt« Rrd«crt«o »ich« »ervindlxh. >«e der für die nächst- Nummer bestimmten an Wochentagen dis Nachmittags, an Sonn- «» Festtagen früh dis '/,i> Uhr. A» in» /Uiatr» fitr Z»s. ^luahuu; Otto Klemm, UniverMtSstr. 22, S»«tS Lüsche. Kathariueustr. 18,p. «kr dis '/,3 Uhr. UchMr JagMM Anzeiger. OlW fir Politik, Localzeschichtc, HmdtlS- und Geschäftsverkehr. «»Nage 16,«««. 1tdo»»rmrnt§prri« viertelt. 4'/,ML, mct. Bnnaertoha b Mt-, durch di« Post bezogen » ML Jede einzeln« Nummer 2b Pf. Belegexemplar l u Pf. Gebühren für Extrabeilagen ohne Postbefvrderung 3» ML mit Postbefürderuug 48 ML Inserate ügefp. Petitzeil« 20 Pf. Gröhere Schriften laut nuferem Preisverzeichnis — Tabellarisch« Satz nach höherem Tarif. Kerlone» »»Irr de« Krdacitomßrich dir Spaltzeil« 40 Pf Inserat« sind stet» an d Lepedttü,» zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praanvwanmclo oder durch Postvorschug. 157. DieuStag den t l. Mai 1880. 74. Jahrgang. Bekanntmachung. In der verlängerten Pfaffendorfer, Nord-, Eutrikscher und Äohliser Straße, sowie in den Straßen c und 0 de- nördlichen Bebauungsplanes sollen Schleußen UI. Classe erbaut und die erforderlichen Arbeiten au «inen Unternehmer in Accord verdungen werden. . Die Bedingungen und Zeichnungen für diese Arbeiten liegen im RathS-Bauamt. Rathhau-, L. Etage, Zimmer Nr. 18. auS und können daselbst eingelehen resp. entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift Schleusten des nördlichen VrbauungSplaneS betr. versehen ebendaselbst und zwar bis zum IS. Mat d. I. Nachmittags K Uhr einzureichen. Leipzig, am 5. Mai 1880. Des NathS der Stadt Leipzig Strastenbau-Deputatlon. Vermiethung in der Landfleischerhalle. Wir baden den Zuschlag der am 10. April dsS. IS. zur Vermietbung versteigerten Abthetlung Nr. 38 der Lanbfletscherhalle am Plauen scheu Platz abzulehnen beschlossen und entlassen daher in Gemäßheit der Bersteigerungsbedingungen hiermit die Bieter ihrer Gebote. Gleichzeitig beraumen wir zu der vom 8. Juni bss. IS. an gegen einmonatliche Kündigung zu erfolgenden Vermiethung der gedachten Abthetlung einen anderweiten Versteigerungstermin auf Sonnabend, den 22. dsS. MtS., vormittags 11 Uhr an, zu welchem Miethlustige an NathSstelle sich einfinden und ihre Mietbgebole thun wollen. Die Versteigerungs- und Vermiethungsbedingungen liegen auf dem Raihhaussaale, l. Etage, schon vor dem Termine zur Einsichtnahme auS. Leipzig, den 4. Mai 1880. Der Nath der Stadt Leipzig. Or Georg». Stöß. Bekanntmachung. Auf dem Platze neben dem Grundstück Nr. 77 an der Brandvorwerkstraße sollen Freitag, den 14. Mat a. e. S Uhr des vormittags ca. S00 Stück Kacheln zu Berliner Oefen, ungefähr 100 Stück eiserne Klammern :c., 23 Stück Schleußen- rohre» 3 Schock Rüftpfosten, ca. 80 Stück Karrenhölzer, 3 Rüstböcke und 7 Stück lange Rüsthölzer an den Meistbietenden gegen sofortige Baarzahlung öffentlich versteigert werden. Leipzig, am 8. Mai 1880. Der Gerichtsvollzieher des Königlichen Amtsgerichts daselbst. Fischer. 8ltr«n8 öes örrtllehen verirlisvereliis »ler 81M l-vlprlz rrvllug, äon 14. Aal, iidvuärr V Udr, lin 8anls ävr Lrstou Vtlrgvriwdlll«. lüscesoidnuniz: 1) llericbl 6en .Vussclnisses für 8tsn6«8 .4nseelegenl>eilen über <iie kein» Vlll. ^errtetsg rur Veibnnillung tcvmmemlen Irrten, „srrtl. Onternlülrun^nwenen" belr. (Vereinnbl. OK, 8. 46). — 3) Oerirk» äesselden ^N88»ku88e8 über »len Vorneblss- Or INetiing« (1'rruikenderg) berüpl. einer 8elb8lbe8teuerung «ler Zerrte rn <»un«ten »ler Invsli»len«!S8«e (lies, Or k. ^ iileissner). — 3) kericki über 6ie vom (Ie8cliäst8»u88ebu88 6eg ^errieverein8b»n»le8 suspesielllen krsxen: «iie 8Ie»unzc 6er Zerrte rur t-e»»erdeor6nunx uvcl 6ie ILeäicio»!- relorin belr. (Verein^blslt OK, 8. 47: lies. Or. lleinre). — 4) Oeriebt 6e« 8snitsl«»u88«'kll88e8, „In8lruetion lür 6ie »Ieui8«:ben lm>»Isrrte" belr. (Verein8bliUi 80, 8. 143). — k) Ke8cbln88si>88unx über eine 8isiui»ri8cbe Le- «iimmun^, «lie rur .ienllerunir 6er 0e8«:l>iill8<>r6nung nülbixe Xnkl 8ick delbeilixen6er dlilklie6er be»r. — 6) 6e8precbung einen ßemeinnclissiliekea rur Oenieblijzun^ 6er Irrensnslslien bei LvI6itr. 1>r. 1'l088. Bekanntmachung. Im Auctionslocale des hiesigen Königlichen Amtsgerichts, Ecke der Harkortstraße und Pleißengasse, soll de» 12. Mai 188«. Nachmittags 3 Uhr eine große Partie verschiedener Damen- und Herren Paletot-, sowie Schlafrock-Stosfe öffentlich an den Meistbietenden gegen sofortige Baarzahlung versteigert werden. Leipzig, am 8. Mai 1880. Der Gerichtsvollzieher des Königlichen Amtsgerichts daselbst. i. v. Freygang. Die Neichstagsrede des Fürsten Lismarck. Man schreibt uns aus Berlin vom Sonntag: Die Rede des Reichskanzlers absorbirt heute alle anderen politischen Interessen in der ReichShaupt- stadt. Die Kriegserklärung des Fürsten Biömarck an die Ultramontanen, die erneuten Hoffnungen, welche ein Theil der Liberalen daraus schöpft, das AuSspielen des Bundesraths gegen den Reichstag, der wiederholte Hinweis auf den Rücktritt zu Gunsten eines conservativ-klerikalen Regiments, die überraschende Perspective, als einfacher NeichstagS- abaeordneter künftighin gegen dieses Regiment an- zufechten — das Alles und mehr wird durch wei tere Vorgänge in höchsten Regionen illustrirt, die zu einer Krisis hinzudrängen scheinen. Selbst von conservativer Seile verhehlt man nicht, daß der Reichskanzler entweder einen durchschlagenden Er« folg seines gestrigen Programms erwarte oder daß er aus den pessimistischen Auffassungen der Lage persönlich die Folgerungen ziehen werde, welche er angedeutet hat. Ist es doch kein Ge- heimniß, datz er schon vor mehreren Tagen gegen dm Reichstagspräsidenten Grafen Arnim ähnliche Acußerungen gethan und dabei unverhohlen seiner Unzufriedenheit mit der Haltung der konservativen Parteien Ausdruck gab. Man hatte daher auch keine Veranlassung, von dieser Seite über den er regten und vorwurfsvollen Ton der Rede des Reichskanzlers in besondere Verwunderung zu ge- rathen. Dem ist eS auch zuzuschreibcn, daß, nach dem der Reichskanzler geendigt, nur wenige überlaute Bravos von der Rechten ertönten, während Zisch laute durch die Reihen der Linken liefen. Sv wmig maßgebend diese Aeußerlichkeiten sein mögen, so bezeichnen sie doch die Stimmung des Reichstages, dessen weit überwiegende Mehrheit sich sagen mußte, der Reichskanzler sei nur ge kommen. um der Erbitterung über die Niederlagen Ansdruck zu geben, die er in dm wichtigsten inneren und äußeren Angelegenheiten deS Reiches, den Steuer- und Monopolprojecten und der Samoa-Angelegenheit, in den letzten Wochen er fahren bat. Gleichzeitig wollte er gegen die von ihm geplanten, aber gescheiterten Parteigruppirungen im Reichstage Klage führen und in demselben Athen, dem Bundesrath ein Avertissement über den in seinem Schooße grassirmden Particularis- mus geben. WaS den letzteren Punct anbetrifft, so macht sich unter den Abgeordneten vielfach die Meinung geltend, daß durch die Acußerungen des lltititätssragen zwar in die Minorität geralhcn kann, wenn eS aber bedenklich sein soll, den füh renden Staat auch in Berfassungssragen zu majo- risirm, so fragt man sich billig, wo dann die Garantien für die correct aus dem Boden der Reichsverfassung stehenden Einzelstaaten liegen, und inwiefern dieselben sich ihre» Bestandes noch ver- sichert halten können, wenn ihr Votum nicht nach dem Gesichtspunkte deS Recht», sondern nach dem der Uebermacht PreußmS beurtheilt wird. Diese Sachlage wird um so bedenklicher, je mehr mit vollem Rechte auch von dem Reichskanzler der Gedanke betont worden ist, daß die öffentlichen Dinge in Deutschland auf der Grundlage deS Ver trages beruhen, den die Regierungen mit einander ge schlossen havm. ES klingt besremdend, wenn Fürst Bi-marck davor warnt.durch Einschüchterung derPar- teim Unfrieden zwischen den Regierungen zu säen, und gleichzeitig in feierlicher ReichStagSsitzung Sätze auSfpricht, welche aus die schwächeren Einzelstaatm gleichfalls nur als Einschüchterung wirken müssen. ( ?) Diese Gesichtspunkte werden innerhalb der Par teien vielfach erörtert und eS steht zu erwarten, daß dieselben bei der morgen stattfinvenden Fort setzung der Debatte zum Ausgangspunkt der Oppo sition genommen werden. Daß der Kanzler selbst morgen sich noch betheiligen werde, bezweifelt man stark und wohl mit Recht. Er hat gestern wieder gezeigt, daß er bei seiner mit den Jahren gesteigerten Nervosität Erwiderungen nicht gern anhört und durch rasche Entfernung störbaren Aufregungen lieber aus dem Wege geht. Uebri- gens erfuhr man gestern zum zweiten Male aus deS Kanzlers Munde — und diesmal in öffentlicher Sitzung des Reichstages in verbind licherer Form als neulich auf der parlamentarischen Soiröe — daß sich binnen vierzehn Tage», der preußische Landtag in seiner Nachsession mit der kirchlichen Frage beschäftigen wird. Fürst Bismarck muß also wohl glauben,' darauf rechnen zu können, daß die Curie bis dahin einen positiven Schritt deS Entgegenkommens gcthan haben wird, der früher als die Vorbedingung eines Regierungs antrages beim Landtag bezeichnet wurde. * * * DaS leitende Blatt der Berliner National liberalen, die „National-Zeitung", begleitet die Rede des Fürsten Bismarck mit folgendem Commentar: „ES ist unerläßlich, diese flcede in Parallele zu setzen mit zwei anderen wichtigen Ereignissen der letzten Vergangenheit. Im April dieses IahreS forderte Fürst Bismarck seinen Ab schied, weil der BundeSrath eS abgelehnt hatte, die Postanweisungen von der Pflicht, einen Quit tungsstempel zu tragen, auszunehmen. Am 6. Mai richtete Fürst Bismarck einen Circularerlaß an die deutschen Regierungen und übergab ihn, noch ehe die Tinte daran trocken geworden war, durch den „Reichsanzeiger" der Oessentlichkeit. Und in diesem Erlaß, der in einer der Diplomatie so ungewöhnlichen Form behandelt wurde, han delte es sich im Wesentlichen um die Frage, in welchen Formen der Geschäftsordnung ein Antrag Preußens und ein Gegenantrag Hamburgs zu be handeln sei. Am 8. Mai stellte bei Gelegenheit einer Diskussion über die Elbschifsfahrtsacle der Reichskanzler seinen Rücktritt und den Gang seines Nachfolgers in Aussicht. Noch nie seit Bestehen deS Deutschen Reiches hat sich die Anwendung so starker Mittel in einen so engen Zeitraum zusam mengedrängt. Da wir immer geneigt sind, anzu- nehmen, daß da, wo Rauch ist auch Feuer sein muß, so kommen wir zu dem Schlüsse, daß Umstände vor- tlegen, welche sich unserer Kenntniß, welche sich der Oessentlichkeit einstweilen völlig entziehen und welche den Reichskanzler veranlaßt haben, mit solchem Hochdruck zu arbeiten. In einer Behauptung müssen wir dem Reichskanzler in vollem Umfange beisttmmen: d.er ParticulariSmuS ist in der letzten Zeit mächtig gewachsen. Wir haben diese Stärkung de- ParticulariSmuS vor hergesehen, wir haben vor derselben gewarnt seit dem Tage, als die Leitung einer der wichtigsten gesetzgeberischen Aufgaben in die Hände des Herrn v. Varnbüler überging, seit dem Tage, wo daS Amendement Franckenstem den Sieg über da- Amendement Bennigsen davontrug. Wir haben das Erstarken deS ParticulariSmuS als unver meidlich betrachtet seit der Zeit, wo Fürst BiSmarck sich abwandte von der Partei, mit wel cher er gemeinsam gewirkt hatte, und seine Stütze beim Centrum suchte, daS Bündniß damit moti- virend, man habe sich im Laufe der Zeit achten und verstehen lernen. Die Besorgnisse, die War nungen, welche wir damals ausgesprochen haben, fanden kein Gehör. Der heutige Tag hat gezeigt, daß sie nicht unberechtigt waren. Wir können es nur mit Genugthuung empfinden, daß der Reichs kanzler heute den eigentlichen Sitz des UebelS an der Stelle gesucht hat, wo wir ihn längst entdeckt zu haben glauben. Vielleicht führt die heutige Rede trotz einiger unberechtigter Bitterkeiten, die derselben beigemischt waren, zu einer Klärung der Verhältnisse." Politische Uebersicht. Leipzig, 10. Mai. Wir erhalten von vertrauenswcrther Seite eine Zuschrift, welche sich über den Standpunkt der deutschen Diplomaten zur auswärtigen Politik des neuen britischen Ministeriums aus- täßt. Ob den nachfolgenden Bemerkungen bereits die englische Circularnotc zur Grundlage diente, in welcher dem Vernehmen nach Lord Granville eine Vereinigung der Tractatmächte zur Durch führung der noch existirenden Abmachungen deS Berliner Vertrages vorschlägt, das wissen wir nicht, aber aus dem Tone der friedlichen Zuversicht, welchen der unten folgende Brief ge genüber der Politik deS Cabinets Gtadstone anschlägt, dürfte zu entnehmen sein, daß daS Princip der Nichtintervention, welches bisher den Whigs zugeschrieben wurde, allerdings in einem Sinne verlassen werden dürfte, welcher von Deutschland und Oesterreich gebilligt wird. Bestätigt eS sich, daß diese Entschließungen schon in der ersten Sitzung des britischen Conseils zum Durchbruch gelangt sind, so ist es um so wahr scheinlicher, daß die befürchtete Action Gtadstone's auf falschen Voraussetzungen beruhte. In diesem Sinne wird uns geschrieben: „In zuslehenden Kreisen gewinnt man mehr und mehr den Eindruck, daß der Ministerwechsel in England zu einer Befestigung des Berliner Vertrages führen wird. Gtadstone hat in seiner langen politischen Laufbahn vielfach bereits die Erfahrung machen müssen, daß seine Bemühungen in der auswärtigen Politik gerade zu dem entgegengesetzten Ergebniß führen, welches von ihm angestrebt wird. Palmerston hat ihm be kanntlich das Zeugniß ausgestellt, daß er der eigentliche Urheber deS Krimkrieges sei, den er durch Eoncessionen an Rußland damals auf das Entschie denste zu verhindern suchte. Der bloße Amtsantritt von Gtadstone hat dazu geführt, daß sämmtliche Mächte und sogar solche, welche in letzter Zeit eine gewisse Zurückhaltung beobachtet halten, weit sie mit dieser oder jener einzelnen Bestimmung un zufrieden waren, sich wieder mit Entschiedenheit um die Fahne dieses Vertrage- sammeln. Die Befürchtung, daß diesem Vertrage von Gladstone Gefahr drohe, hat alle Verstimmungen zum Schweigen gebracht. Daß man sich über diese Sachlage in England keiner falschen Vorstellung hingiebt, darauf deuten die kürzlich veröffentlichten Äußerungen Lord Derby'S über die österreichische Orientpotltik hin und namentlich auch die Haltung, welche Lord Granville in dem türkisch-montenegri nischen Conflicte genommen hat. DaS Ministerium Gtadstone hat nicht umhin gekonnt, ungeachtet dex Wahlreden seine- Chefs. sich auf den Boden de- Berliner Vertrages zu stellen, und die bekannten Manifestationen haden lediglich den Erfolg gehabt, die Grundlagen dieses Vertrages zu kräftigen. Namentlich hat man in den russi schen RegierungSkreisen von Hause au- sehr richtig erkannt, daß Gladstone ein überaus unsicherer Verbündeter fei, und die abenteuerlichen Wahlreden desselben haben daher lediglich dazu beigetragen, die Verständigung Deutschlands mit Oesterreich und Rußland zu befestigen. Die Gerüchte, daß es neuerdings sogar zu einer Wiederaufrichtung des DreikaiserbündnisscS gekommen sei, haben aller dings in eingeweihten Kreisen niemals Glauben gesunden. Thatsache aber ist, daß der Minister wechsel in England die Aussichten auf Erhaltung und Befestigung des europäischen Friedens keines wegs gestört, sondern vielmehr, wie von eingeweihten Personen jetzt bereits allgemein anerkannt wird, wesentlich befestigt habe." Berliner Blätter melden übereinstimmend, daß der baierische Gesandte, Hr. v. Rudhardt, sein Gesuch um Abberufung von Berlin erneuen wird, falls der König ihn vestimmen sollte, von seinem Gesuche abzustehen. Hr. v. Rudhardt soll Bekannten gegenüber geäußert haben, jeder per sönliche Verkehr zwischen ihm und dem Reichs kanzler wäre fortan ein Ding der Unmöglichkeit und deshalb verstände sich sein Fortgang natür lich von selbst. Der Zwischenfall macht natürlich viel von sich reden und giebt wohl noch Anlaß zu nachträglichen Auseinandersetzungen. Die Aeuße- rungcn de« Kanzlers zu Hrn. v. Rudhardt wurden von Anderen gehört und blieben vom baierischen Bevollmächtigten unerwidert; er verließ sofort die Soir»e und gab seinen Entschluß, in keinem Falle auf seinem Posten zu verweilen, noch an demselben Tage nach München hin zu erkennen. Man- schreibt unS aus Fulda, 8. Mai. Mit Rücksicht auf die obschwebende Frage der An- zeigcpflicht bei Besetzung geistlicher Aemter, m welcher Hinsicht der Papst dem Staate gegen über die erste Evncession gemacht resp. in Aussicht gestellt hat, dürste es von Interesse sein, die Stellungnahme des preußischen Episkopats zu diesem integrirendcn Puncte der Maiaesetzgebung zur Zeit deS heftigsten Kampfes zwischen beiden Gewalten kennen ;u lernen. Dieselbe prägt sich am deutlichsten in den Berathungen auS, welche bei Gelegenheit der BischofSconferenz Anfangs Mai 1873 in hiesiger Stadt gepflogen wurden. Damals stellte Bischof Ketteler von Mainz zu diesem Thema mehrere von der Versammlung ge nehmigte Thesen aus, in denen die Anzeigeps lich t ganz unzweideutig perhorreöcirt und in klarster oder, besser gesagt, schroffster Weise ausgesprochen wirb, daß die weltliche Regierung niemals daö Recht beanspruchen könne, von den geistlichen Oberen eine Anzeige Uber die beabsichtigte oder geschehene Besetzung eines DecanatS, einer Pfarrei rc. zu verlangen, noch weniger aber befugt erscheine, gegen die Dispositionen der kirchlichen Behörde auS einem anderen als etwa einem aus den kanonischen Vorschriften abzuteitenden, dem Bischöfe, vielleicht zufällig unbekannt gebliebenen Grunde Einsprache zu erheben. Wo immer der „UfuS" bestehe, daß der betreffenden Landesregierung, wie z. B. m Sachsen-Weimar, die PfarramtScandidaten namhaft gemacht würden, basire dieselbe auf einem die Rechte der Kirche gar nicht berührenden, lediglich einen Act der Höflichkeit zwischen zwei Behörden darstellenden Uebereinkommen, und Über diese Grenze hinaus werde die Kirche auch Preußen gegenüber niemals gehen. Herr v. Ketteler und seine Eollegen auS Köln, BreSlau, Limburg rc. wollten hiernach in dem ganzen Anzeige acte, den sie zugeben zu könne« glaubten, nicht mehr erblicken, alS jene artige Handlungs weise eines gesellschaftlich gebildeten Bürgers, der Verwandten, Freunden und Bekannten die Ent bindung seiner Frau oder die Verlobung seiner Tochter im „Tageblatt" ganz ergebenst anzuzeigen pflegt. Ob die preußische Regierung sich mit dieser Auslegung des in dem bekannten päpstlichen
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