Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.05.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-05-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188005313
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18800531
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18800531
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
- Monat1880-05
- Tag1880-05-31
- Monat1880-05
- Jahr1880
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.05.1880
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Erste Beilage zum Leipziger Tageblatt mb Anzeiger. 177. Montag den 3l. Mai 188V. 74. ZahMNg, Die Urvistou -er preußischen Maigrsrhe. u. Berlin, 28. Mai. Dal Abgeordnetenhaus segle heute die erste Berathung d«S Gesetzentwurfs wegen Abänderung der kirchenpolitischen Gesetze sort. Abg. Frhr. v. Zedlitz erNLrte, daß sein« Partei, die durchaus national, durchaus constilutranell. durch aus gemäßiai und durchaus conservativ zu sein be anspruch«, für die Vorlage stimmen werde. Ein wirklicher Friede zwischen Staat und Kirche sei vor läufig vollkommen aussichtslos. Bei der Unversöhn- lichkert der einander gegenüber stehenden Principien sei solcher nur möglich, wenn der Staat sich willenlos der Kirche unterordne, und hierzu werde Deutschland sich um so weniger verstehen, alS eS sich in einem nationalen Aufschwung« befinde. Wolle man den kirchlichen Bedürfnissen der katholischen Mitbürger entgegenkommen, so könne die- nur auf dem Wege eines Waffenstillstands erfolgen und hierzu biete dl« Vorlage, nachdem die direrten Verhandlungen mit der Curie gescheitert seien, daS geeignetste Mittel. Dieselbe sei nichts weniger als ein Schritt aus dem Wege nach Canossa' sie enthalte keine Eoncession, sondern stelle eine solche nur in Aussicht. Die Re gierung beanspruche eine Vollmacht, von der sie sicher nur dann Gebrauch machen werde, wenn von Seiten der Kirche Gegenleistungen geboten würden. Jnso- iern stehe also die Vorlage voll und ganz auf der Grundlage deS StaatSministerialbeschluffes vom 17. März. Er verkenne nicht, daß man gewisse Bedenken gegen den Entwurf hegen könne; dieselben werde man jedoch in einer Commission von 21 Mitgliedern, an welche er die Vorlage zu überweisen beantrage, ohne Mü he beseitigen. Insbesondere werde eS die Aufgabe die ser Commission sein, die Gültigkeit dcS Gesetze- auf einen kurzen Zeitraum »»beschränken, der die Dauer der gegen wärtigen LegiS»aturperiode nicht überschreite. Er hoffe, daß die Annahme deS Gesetze- genügen werde, den Papst zu bestimmen, seinen negativen Stand punkt aufzugeben. Sollte eS den Mitgliedern des CenlrumS und der conservativen Partei gelingen, in der Commission den Entwurf in pejus zu reformiren, so ei kläre er, daß seine eigene Fraktion unter allen Umständen gegen d»e Vorlage stimmen werde. Der CultuSminifter wie« auf die eigenthüm- licke Erscheinung hin, daß die Lbgg. Falk und Wmdt> Horst von diametral entgegengesetzten Standpunkten gleichmäßig zu einer entschiedenen Verwerfung der Vorlage gekommen seien. Jener sehe in dem Gesetzentwurf einen Gang nach Eanoffa, dieser behaupte, die Vorlage überliefere die Kirche mit gebundenen Händen der Omnipotenz d«S Staate- Nach dem Gesetze der mittleren Proportionalen werde man hiernach annehmen dürfen, daß der Entwurf gerade daS Richtige treffe. Der selbe wolle nicht- Andere«, al« die Vollmacht der Re gierung, nur für den Fall, daß die Kirche ihrerseits ein Entgegenkommen zeige, die unverändert aufrecht erhaltenen Maigesetze tn einer milden Weise zu handhaben, welche die gegenwärtigen Nebelstände für die katholische Bevölkerung möglichst »u mildern geeignet sei. Wie man hieraus folgern könne, daß die Regierung dem Drängen des Ultra montaniSmu« nachgebe und sich in schwächlicher Nach giebigkeit von Position zu Position treiben taffe, sei unverständlich. Die heutige Regierung unterscheide sich von dem Aba. Falk nur darin, daß sie neben ihrer politisch-konstitutionellen Verantwortlichkeit gleich zeitig die moralische Verpflichtung fühle, in weither ziger Weise der Roth der katholischen Bevölke rung zu Hülfe zu kommen, so weit die- möglich sei, ohne ihre princivielle Stellung aufzugebe«. Hierin allein liege die Ursache der Vorlage, und wenn der Abg. Falk behaupte, daß dieselbe so schlimm sei, daß selbst iyre Verwerfung den Schaden, den sie ange richtet, nicht wieder gut zu machen vermöge, so de- lyupte er seinerseits dagegen, die Vorlage sei so vor trefflich, daß selbst ihre Verwerfung den Lottheil nrcht wieder »u beseitigen im Stande sei, daß das Land wisse, die Regierung habe Alles gethan, um dem Volke den religiösen Frieden wiederzugeben. Abg. v. StablewSkt schilderte emgehend die Lei den der katholischen Bevölkerung unter dem Cultur kampf und vermißte den Nachweis, daß diesen Leiden durch die Vorlage ein Ziel gesetzt werde. Niemals sei daS Centrum reich-feindlich gewesen und am aller wenigsten habe es die« durch Unterstützung der berechn ngten polnischen Ansprüche bewiesen. Mit Befrie digung könne er eonstatiren, daß der Reichskanzler selbst in seinen Depeschen da- Vorhandensein einer ungelösten polnischen Frage anerkannt habe; eine friedliche Lösung derselben könne vielleicht das gestörte Gleichgewicht Europa« wiederherftellen. Eine Auf hebung oder mindesten- eine gründliche Revision der Maigesetze sei da- Geringste, was Rom zu fordern berechtigt sei. Abg. Traf Limbura-Stirum stimmte dem Abg v. Hammerstein darin oei, daß die Maigesetzgebung manche Nachtheile mit sich gebracht habe. Dre frei-1 abhängig zu machen. Vollmachten unter Umständen gemißbraucht werden könnten: er Hab« sich biermit aus den Standpunkt der Fortschritt-Partei gestellt, die auch allein seiner Red« Beifall gezollt habe, Trotzdem werde eS niemals ge lingen, dem Volke den Glauben beiuibrinaen, daß der Reichskanzler im Stande sei, die Rechte deS Staates an den Papst auSzuliefern. Abg. Virchow erinnert daran, daß eS gerade der Vorredner und seine Partei gewesen, die früher da- staalsmännische Talent deS Ministers Falk am meisten glorifizirt haben. Heute spreche man chm jede staatS- männtsche Ader ab, da er «inen von der RegierungS- auffaffung abweichenden Standpunkt vertrete, WaS die Vorlage betreffe, so balt« er eS für völlig über flüssig, sich über die Fassung der einzelnen Artikel herumzuftreiten, denn wenn man die Ausführung der Vollmachten davon abhängig mache, baß die Bi schöfe vorher psler geeeeri sagen, so werde man ver- muthlich niemals »n die Lage kommen, da« Gesetz anzuwenden. Für den Reichskanzler sei nicht der geistige Notbstand der katholischen Bevölkerung maß- gebend, sondern allein die politischen Abstimmungen des Centrum». ES kei die» in dem veröffent lichten Depeschenwechsel ganz offen ausgesprochen. Leider sei dieser Depeschenwechsel sehr lückenhaft und deshalb zur veurtheilung der Verhältnisse nicht sehr geeignet. Erhalte man zufällig einen vollstän digen Text, so werde dadurch der Sinn de- Mit- aethellten meistens sehr alterirt. Der Redner protestirte lebhaft gegen die Bezeichnung seiner Partei alS „fortschrittliche Republikaner", welche sich in einer Depesche de- Fürsten Hohenlohe finde. Dieselbe ent spreche nicht den Geboten der Wahrheit und deS einfachen politischen Anstande». ES habe eine Zeit gegeben, wo die Haltung der Fortschritt-Partei im Kulturkämpfe von den Officiösen alS eine patriotische gepriesen worden sei. Man kenne ihn aber im LuSlande ge nügend, daß derlei Stigmatisirungen konservativer Staatsmänner dort in Betreff seiner Person keinen Glauben fänden. Seine Parte, könne im Kultur kämpfe nicht so weit mit der Regierung gehen, daß sie mit dieser Vorlage auf dem Gebiete der Kirche eine Willkürherrschaft inaugurire. Die ganze Rich tung dieses Gesetzes lasse keine Amendement« zu, er halte deshalb eine kommissarische Berathung nicht für nöthig. — Der CultuSminifter klärte eS für selbstverständlich, daß unter Bezeichnung „fortschrittliche Republikaner" in der von dem Vorredner angeführten Depesche keine parla mentarische Partei gemernt sei. Er selbst wolle sich jenen Ausdruck auch durchaus nicht aneignen, glaube aber, daß die Regierung doch be echtigt sei, auch in amtlichen Schriftstücken die Wirksamkeit der Parteien de- Lande» so zu charakterifiren, wie sie sich dieselbe nach ihrer Auffassung denke. Wenn der Vorredner sich jetzt schon den Kopf darüber zerbreche, in welcher We,se es möglich sein werde, von dem Gesetze praktische Anwendung zu machen, so sei die» eine überflüssige Fürsorge. Er möge der Re gierung ruhig übe, taffen, jvon den Vollmachten den- lenigen Gebrauch zu machen, welchen sie in patrio tischem Interest« und im Sinne der Vorlage selbst zu machen beabsichtige. Abgeordneter Stöcker begrüßte die Vorlage, die wieder ein Maigesetz sei, als daS beste aller Mai- gesetze, denn wenn dadurch auch der Kampf nicht be endigt werde, so biete er doch ein Mittel, zum Waffen ftillftand zu gelangen. ES sei die» um so nothwew diger, als der Culturkampf, wenn er auch ursprüng lich nicht gegen den christlichen Glauben selbst ge richtet war, doch im weiteren Verlaus zu einer Haupt- Waffe deS Materialismus gegen da» Evangelium geworden se,. Die traurigen Zustände auf dem fitt lichen Gebiete machten eS unadweiSlich notbwendig, zum Frieden zurückzukehren, und da die Vorlage den einzig noch möglichen Weg zu diesem Ziele betrete, so werde er für dieselbe stimmen. Abg. Neichenspserger (Olpe) sprach seine leb hafte Freude aus, daß nach der in der gestrigen De batte zu Tage getretenen Divergenz zwischen dem Minister v. Puttkamer und seinem AmtSvorgänger die Erwartung berechtigt sei, daß das Werk deS Mi nister» Falk, da» ein Product von Leidenschaft Leicht sinn und Unkenntnis» darftelle, in seinem Bestände erschüttert werde. Die aesammte Wirksamkeit dieses Minister- sei dahin gerichtet gewesen, die katholische Kirche zu unterdrücken, unbekümmert um Verfassung, Königswort und StaaiSoerträge, welche den korpora tiven Bestand der katholischen Kirche aarantiren. Die Haltung de- LentrumS in politischen Fragen sei völlig unabhängig von Rom. ES habe im Reichstag« den wichtigsten Act der inneren Politik d«S Reichskanz ler- zum Siege geführt, indem e» dem Reich« 130 Millionen neuer Einnahmen votirt«, obwohl «» da durch iu Gefahr kam, in den Wahlkreisen seine Po pularität zu verlieren. Die Mitglieder de- Centrums seien treue Söhne der Kirche in kirchlichen Dingen, aber auch treue Söhne de- Staat» in Angelegenhei ten des letzteren. ES sei deshalb unbillig und ver fassungswidrig. daS Schicksal der katholischen Kirche von den politischen Abstimmungen dieser Fraktion konservative Partei habe dieselben nur deshalb mit in Kauf genommen, weil e» sich um den wichtigen Voriheil handelte, die Recht« de» Staate» der Kirche > gegenüber feftzuftellen. Sein« Partei müsse nament lich an 4 Punkten der Maiqesetze festhalten: daß die I katholischen Geistlichen dieselbe Ausbildung er halten wie di« übrigen gebildeten Elemente der Nation, daß da» Einspruchsrecht be- Staate- gegen die Einsetzung von Kirchendienern und sein Zurückweisung-recht gegen llebergriffe der Kirche aus I daS staatliche Gcbiet anerkannt werde, und daß die! katholischen Orden mit einzelnen Ausnahmen von dem Boden deS preußischen Staate- ausgeschlossen blechen. Da» Eentrum bemüh« sich stet» den Schein konser vativer Gesinnung anzunehmen und äußere t-eorelrsch conservativ« Grundiätze, thatsächlich aber unterstütze und stärk« «S die destruktiven Elemente. Die Vor-! läge halte di« unveräußerlichen Rechte de» Staate» I aufrecht und trage doch dem hervorgetretenen Frieden» bedürfniß Rechnung. Der Abg. Falk Hab« gestern versucht, da» Gefühl de» Mißtrauen» im Volke zu I verbreiten: dies« Red«, die keine Spur von ftaatS männischer Ader zeige, Hab« bewiesen, daß Falk gar! nicht der eigentlich« mtellectuelle Urheber der Mai gesetze , sondern nur ein geschräter Bertbeidiger der selben gewesen sei. All« seine Deduktionen hätten! allein da» Mißtrauen zur Grundlage gehabt, daß die ! /age an eine Commission von 21 Mitgliedern Iderwiesen. Nächste Ertzung: Montag 11 Uhr. Verwaltung-gerichtSgesetz und BerwaltungSorgani- 'ationSgksetz). MM. Monstre-Coacert in der Ausstellungshalle. * Leipzig, 30. Mai. E» war em glücklicher Ge rank«, den da» LomitS der Fachausstellung de- drechSler- und Bildschnitzer-GewerbeS faßte, alS eS ich dafür entschied, tn der Au-ftellungöhalle auf dem ltönigSplatze, bevor sie wieder den Zwecken de» deut- chen GewerbfleißeS dienstbar gemacht wurde, ein ßoncert im großen Style zu veranstalten. Die Ver wirklichung dieser Idee am gestrigen Abend hat nach allen Richtungen hin einen günstigen Erfolg zu verzeichnen gehabt, zu dem wir nicht am ge- inaften den Umstand rechnen, daß die verwend- >arkeit de» großen AuSstellunaSgebäude» zu einer Mufikhalle für große volkSthumlicb« koncerte in wohlgelungenem Maße, wenigsten- auf vorübergehende Zeit, nachgewiesen ist. Wir glauben kaum, daß der Erbauer der Halle seiner Zeit auf die Hervorbringung guter Akustik mit sein Augenmerk gerichtet hat, aber gleichwohl hat sich da» Publicum von deren Vor- Abg. Gneist erklärte c» für durchaus di-cutabel einzelne Erleichterungen der durch den Lulurkamp herbeigeführten kirchlichen Nothftänd« zu gewähren, unmöglich aber sei e», die Regierung von der Aus führung fester Gesetze allgemein zu diSpensiren, wi- die Vorlage wolle. Auch widerspreche «S der Würde de« Staate», die Bischöfe zurückzurufen, ohne daß dieselben vorher formell ihre Unterwerfung unter di« Staatsgesetze erklärt hätten Diejenigen der Mai gesetze, welche rein« Kampfgesetze seien, könne man vielleicht der diScretionären Ausübung der Verwal tung überlaffen, Wetter dürfe man aber nicht gehen. Er erkenne gern an, daß die Maigesetze nicht unfehl bar seien, und er selbst sei gern bereit, zu einer Amendirung die Hand zu bieten, sofern der Kern derselben unberührt bleibe. Dieser letztere sei nicht ein Product de» Liberalismus, sondern beruh« auf historisch gewordenen Grundsätzen, die im Interesse der mühsam errungenen Einheit der deutschen Nation für da» Verhältnis zwischen Staat und Kirche maß gebend bleiben müßten. Wenn man de- Kultur kampf» müde sei. so möge man sich auSruhen, ein« Aushebung der Maigcsetze sei deshalb nicht erforder lich. Werde die Vorlage so amendirt, daß die Recht« de» Staate» in keiner Weise in Frage gestellt würden, so sei er bereit, für dieselbe zu stimmen. Die Debatte wurde hierauf geschloffen und di« Vor handensein am gestrigen Abend überzeugen können. Zum Andern erfreut sich die Halle de« großen Vor >ugeS einer ausgezeichneten Ventilation, so daß daS Leiden vieler koncerträume, übermäßige Erhöhung der Temperatur, ausgeschlossen ist, und »um Dntten endlich ermöglicht der weite, langgestreckte Saal mit Leichtigkeit eine solche Sitzordnung, daß die Concert- besucher bequem zu ihren Plätzen gelangen und die selben wieder verlassen können. Wenn im gestrigen Concert in letzterer Beziehung vielleicht noch nicht Alle- geklappt hat, al» eS sein sollte, so ist das wohl mit der Neuheit der Verhältniffe zu entschuldigen und ferner durch den mächtigen Andrang, der in der letzten Viertelstunde vor Beginn des Concert«» herrschte und einen unablässig fluchenden Riesenstrom von Menschen in das Innere der Halle entsendete. Ueber K000 Personen sind in dem gestrigen Monstre- Concert alS Zuhörer zugegen gewesen und einer -r, großen Menge anderer Personen konnte, da die Halle vollständig gefüllt war, kein Entritt gestattet werden. Der von einer Kopf an Kopf sich drängenden Masse gefüllte Riesenraum gewöhne, wenn man ihn von einem erhöhten Standpunkt au» übersah, einen über aus imposanten und interessanten Anblick. Die elek trischen Lampen versahen ihren Dienst auf das Vor trefflichste und sie stellten eine vollkommen ge nügende Beleuchtung her; damit wollen wir nicht sagen, daß wir daS elektrische Licht über haupt in seinem dermaligen Zustande alS etwa» Schönes und Angenehmes bereits anzuerkennen ver mögen. Im Gegentheil, der Umstand, daß gestern zwe» elektrische Sonnen da- Publicum, indem sie ihre grellen Lichtstrahlen ihm direct in die Augen sendeten, förmlich blendeten, wirkte für Biele sehr störend und außerdem machte sich daS eigenthümliche, mit d m Berbrennungsproceß in den Lampen verbundene Ge räusch auf den vorderen Sitzreihen und noch mehr in den Reiben der auf der Galerie versammelten Sänger und Musiker unangenehm bemerkbar. Hoffent lich wird eS der Wissenschaft gelingen, die Unvoll kommenheiten der jetzigen elektrischen Beleuchtung noch zu beseitigen. Da« Concert begann mit zwei Orchefterstücken, dem Priester-Marsch auS der Oper „Athalia" von Mendelssohn, auSgeführt von den Capellen des 10«. und 1v7. Regiments, die wir bei dieser Gelegen heit einmal brüderlich vereint »usammenspielen sahen, und der Capelle deS Herrn Direktor Büchner, und der FriedenS-Ouverture von C. Reinecke, auSgeführt von den beiden Militaircapellen. Die erstgenannte Compofition wurde von Herrn Capell- Meister Mühldorfer, die zweite vom Komponisten selbst dirigirt. Die Wirkung beider, mit großer Leb haftigkeit und Exaktheit vorgetragenen Stücke war eine ausgezeichnete und mächtig ergreifend ertönten namentlich die Klänge der Reinecke'schen FriedenS- Ouverture biS an da- entfernteste Ende des EoncertraumeS, das Publicum zum kraftvollen Applaus veranlassend. Mit vieler Spannung wurde der nächsten Programmnummer entgegen gesehen, welche die Masse der mitwilkrnden Sänger, bestehend au- den Mitgliedern der Gesangvereine Hella-, Liedertafel, Männergesang-Verein, SängerkreiS und Zöllnerbund, in Aktion brachte. Sie trugen den „Festgesang an die Künstler" vor, eine Eomvosition, die wegen ihrer ganzen Anlage sich vornehmlich für den Maffengesang eignet und auch gestern wieder ihre bedeutende Wirkung nicht verfehlte Den Tactirstock bei diesem Stücke schwang mit altbekannter Meisterschaft Herr vr. Langer und die beiden Militaircapellen leisteten mit anzuerkennender Präcision die Orchesterbegleitung Da» stürmische und langanhaltende Beifallsklatschen auf der ganzen weitauSgedehnten Linie der Zuhörer schaft wirb den wackern Sängern gezeigt haben, welche freudige Empfindungen sie durch ihre von Anfang hi» Ende ohne Schwankung lnnllant durchgeführte Leistung in den Herzen der Hörer entzündet hatten. Die nächste Nummer de» Programm», Arie auS „Die Entführung auS dem Serail" von Mozart, mußt« «»»fallen, da Fräulein Antonie Schreiber in letzter Stunde wegen einer plötzlich überkommenen Verhinderung ihre Mitwirkung hatte absagen laffen, von welchem widrigen Schicksal dann auch eine später« Programmnummer, deren Ausführung ebenfalls dre genannte Sängerin übernommen, betroffen wurde. Mit um so wärmerer Eynwarhie wurde da« Auf treten der Frau Cornelie Meysenheim entqegen- genommen, welche mit dem Bortrag der Arie auS der Oper „Der Barbier von Sevilla" einen durchschlagenden Erfolg errang. Die auSge- zeichnete Leistungsfähigkeit dieser Sängerin, die Schönheit und der Wohllaut ihrer Stimm«, die auch gestern wieder daS andächtig lauschende Publicum m Entzücken versetzte, find von zuständiger Sette bereit- so ausreichend besprochen worden, daß eine weitere Kritik an dieser Stelle überflüssig er scheint Nächftdem fiel von den Solisten die Palme de» Erfolge- Herrn Schelper zu. welcher sein glän zende» und wohlgeschulte» Stimmmaterial mit dem Vortrag der Arie au» der Oper „Han» Heiling" zum wirkungsvollsten Ausdruck brachte und den Dank der Hörerschaft durch dreimaligen Hervorruf empfing. Auch di« Sololeistung de» Herrn Georg Lederer, Bortrag de» Recrtatlv und der Arie au» der Oper „Susanns" von Händel, fand wegen ihrer Tüchtig keit warmen Beifall. Wunderbar ergreifend wirkt« da» von sämmtlichen Männergesang-Verrinen unter der Leitung de» Herrn Leopold Greifs au-geführte .Dankgebet^von Kremser, und wir dürfen wohl sagen, herrlicher kann sich der Einfluß de» Männergesanges auf Herz und Gemüth wohl kaum »eigen, al» da- bei dieser Kom position der Fall ist. Von außerordentlicher, wenn auch ganz ander» gestalteter Wirkung war der Vor trag der Tannhüuser-Ouverture durch di« drei Capellen, weiche bei dieser Nummer Herr Kapell meister Walther mit gewohnter Sicherheit und Energie leitet«. Bei den Kraststellen der Ouvertüre war eS, al« ob eine wahre Sintfluth von mächtig rauschenden Musiklönen von der Galerie herabströmte, und manchem etwas zartbesaiteten Gehör mag da» Spiel vielleicht alS etwa» zu markig erklungen haben. Gar lieblich und reuend ertönten dagegen wieder die von sämmtlichen Männeraesangvereinen auSgeführtru und von Herrn Rich Müller geleiteten Lhorgesänge „Frühling ohne Ende", gekrönte Preis- comvofitton von C. Reinecke, und die zwei Volkslieder im steyerischen Dialekt ,,Tröft unq" und „Wieder sehen", von Herrn Richard Müller componirt. Auch diese Vorträge bekundeten, daß unsere Leipziger Gesangvereine sich mit vollem Ernste und treuer Hin gebung der Erfüllung ihrer schönen Aufgabe widme» und eine hohe Stufe der Leistung-fahiakeit erreicht haben. Den Beschluß de- ToncerteS bildete gegen 'i,11 Uhr die von den beiden Militaircapellen und der Cavelle de» Herrn Direktor Büchner auSgeführt« Rhapsodie I von Liszt, wobei Herr Musikdirektor Bern dt sein bewährte» Talent al» Dirigent in bester Weise an den Tag legte. Ern sehr großer Theil der Concertbesucher und mit- wirkenden musikalischen Kräfte blieb nach Ende de» Concert» noch einige Stunden zu allgemeinem fröhlichen Commer», der durch die im kräftigen Spielen unablässig mit einander abwechselnden und wetteifernden Mili- tair-Capellen und durch die Vorträge der Gesang vereine ungemein belebt wurde, vereinigt. Es herrsch ten auf allen Punkten in der weiten Halle Frohsinn und heitere Feststimmung, die bereits von Anbeginn des Kommerse- in so hohen Wogen ging, daß Ver suche zu Ansprachen keinen günstigen Erfolg zu er zielen vermochten. Wir können unfern Bericht nicht schließen, ohne auch der vortrefflichen Art zu geden ken, mit welcher Herr Restaurateur Stamminger seine Vorkehrung zur leiblichen Erfrischung der Festtheil- nehmer getroffen hatte. Dieser Vertreter de» Er- quickungsgewerbeS hat gestern seine Befähigung, große Massen rasch und zur Zufriedenheit zu bedienen, durch die That bewiesen. Königliches Landgericht. I In der zweiten Morgenstunde deS 13. Februar d. I. machte die verehel. K. in Neuschönefeld die Wahrnehmung, daß an der Thür ihrer Wohnung ge schloffen wurde' alS sie der Sache auf den Grund ging, gewahrte sie, daß die Emilie Wilhelmine Zie ger daselbst sich schleunigst entfernte. Die K. lief ihr nach und zwar mit einem brennenden Lichte, da» von der Zieger. alS die K sich ihr näherte, auSgeblasen wurde. Die Anklage lautete nun darauf, daß die Zieger e» auf einen Diebstahl in der K.'schen Woh nung abgesehen gehabt habe, während die Angeklagte DieS entschieden leugnete, überhaupt bestritt, an der ' betreffenden Thür gewesen !»u sein, und von der K. ohne allen Grund verfolgt sein wollte; sie habe nur nach ihrer Wäsche sehen wollen. Bei der Uruulänglich- keit der Beweismittel erfolgte Freisprechung der Zieger von der erhobenen Anklage. II. Die bereits bestrafte Aufwärterin Wilhelmine Ernestine Therese Heidlich auS Plagwitz hatte einem Dienstmädchen besten Portemonnaie nebst etwas über K Mark Baarschaft entwendet und erhielt unter Be- rücksichtiaung ihrer 1« AlterSjahre auf der einen, ihrer Rückfälligkeit aber auf der anderen Seite drei Mo nate Gefängniß »»erkannt. »I. Die bei einem Telegraphenbeamten in Reudnitz dienende, gleichfalls erst I« Jahre zählend« Marie Taschenberger auS Reudnitz hatte vor einiger Zeit ihrem Dienstberrn vorgeschwindelt, sie sei während der Abwesenheit desselben von einem fremden Menschen, der in die Wohnung gekommen, mißhandelt und unfähig gemacht worden, zu verhindern, daß der Unbekannt« sich an dem Eigenthum ihres Herrn vergriffen und unter Anderm em Sparkassenbuch über 3K sich zuae- riguet habe. Alsbald stellte sich aber da- völlig Er logene der ganzen Geschichte heraus; da- leichtfertige Mädchen gestand zu, daS Sparkassenbuch vernichtet und überdies ihrer Herrschaft ein ZwanziMarkstück entwendet zu haben. Einen anderen Grund alS den, fortzukommen, wußte die Angeklagte, welche ,u drei Wochen drei Tagen Gefängniß veiurtheiltwurde, nicht anzugeben. IV. Der Schneider Karl Gottlob Lehmann au- Cavertitz war bereits zwei Mal und zwar in Freu»- diSwalde und in Kieinrügeln durch Feuerschaden u« sein« Habe gekommen; der Verlust wurde jedoch durch die Versicherungssumme, die er erhielt, ausgeglichen. Bei Angabe der erlittenen Schäden nach dem »weiten Brande hatte sich jedoch Lehmann unrichtiger Angaben »um Nachtheile derLandeS-Jumobilienbrandcaffe schul dig gemacht und deshalb zur Verantworlung gezogen würden. Al- nun da- vesitzthum Lehmann'- in Ea- ver1itz in den Abendstunden de- 18 Oct. vor. I. in Flammen aufgina, entstand der Verdacht, daß er selbst da- Feuer veranlaßt habe; indeffen fehlte hierfür ge nügender Anhalt und die Anklage in dieser Beziehung ist nicht Gegenstand der Verhandlung geworden. Da- ^lgezzen schienen die Angaben Lehmann - über de» _kobuiar-Brandschaden, für den die Schlesische Feuer- Bersicherungs Seselllchaft einzutreten batte, unverbält- nißmüßig hoch, und die Angaben über di« Verluste an Getreide rc. waren nicht entsprechend den Ernte- erträgniffen; aber auch hierfür wurde durch die Ver handlung mctt der erforderliche Anhalt geboten, so baß eine theilweise Freisprechung zu erfolgen hatte, wenn schon die Thattache bestand, daß Lehmann, der seine ursprüngliche Schädenrechnung auf entsprechen den Vorhalt bedeutend reducirt und schließlich an- fiait der geforderten etlichen tausend, sich mit so viel hundert Mark »«frieden erklärt hatte. Nur rückfichtlich mehrerer Möbel, welch« Lehmann,
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder