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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.06.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-06-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188006128
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18800612
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18800612
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
- Monat1880-06
- Tag1880-06-12
- Monat1880-06
- Jahr1880
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.06.1880
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Erscheint täglich früh 6»/, Uhr. Urtatti»« uat LlPeKtio Johanuisgaffe LZ. Lp«ch-»»dr» »kr Netattt»«: Vormittags 10—12 Uhr. Nachmittags 4—6 Uhr. Kür dte Rückgabe eingesandler M»u»- srrt»U machl sich »>e Rebaclwri nicht verbindlich. Annahme der für dir nüchjt- fvlaende Nummer deftimmtru Juirrate an Wochentagen di« 3 Uhr Nachmittags, an Lonn- and Festtagen früh dis V,9 Uhr. Za de» Kltalk» für Zus.-^iiiiahmk: Otto Klemm. Uuiverfitälsstr. 22. N»NtS Lösche, «atbarincnstr. l 8, p. nur dis '/.3 Uhr. Auflage 16.150. Zchoananrteprri« viertrlj.4'/,Mt. mcl. Brrngerlohn S Mk., durch die Post bezogen 6 Mt Jede einzelne Nummer 26 Pr Belegexemplar lO Pf. Gebühren für Lxtradeilagvk ohne Postbesvrderung LU MI Mit Postdesördermig 48 Ml. Zastrate ögesp. Petitzeile 26 P- Grbßere Schriften laut unserem PreiSverzrlchniß —Tabellarische: Sah nach böherem Tarif. Lretameu anter >rm Uedactioachrtch di« Spaltzeile 40 Pf. Inserat« sind stets an d. Sepedttiou zu senden. — Nabatt wird uicdr gegeben. Aabluug praanuworavll^ »der durch Postvorschuß. 189. Sonnabend den 12. Juni 1880. 74. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag den 13. Juni nur Vormittags bis ^9 Uhr geSfinet. Bekanntmachung. DaS verlegen von 417 laufenden Meter 285 Millimeter im Lichten weiten eisernen Muffenröhren zur Anlage einer Wasserleitung soll an einen Unternehmer vergeben werden. Die Bedingungen für diese Arbeit liegen in unserm RathhauS, ll. Etage, Zimmer Nr. 18 auS und können dort entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift: .HeaungSarbeiten eiserner WafferleitungSrohre" versehen ebendaselbst bis zum 39. Juni cr. Nachmittags 5 Uhr einzureichen. Leipzig, am S Juni 1880. Des Naths Slrastendaudeputatta«. Vermiethung. Wir haben den Zuschlag der am 24. Mai d. I. zur anderweiten Vermiethung versteigerten, gegenwärtig an Herrn Meubleur Zimmermann vermietheten Lokalitäten in dem der Stadtgemeinde gehörigen Hause Taljgätzchen Nr. 1. bestehend auS einem «ewölbe rechts des HauSeingangeS nebst Schreibstube und Niederlage, sowie einer Stube nebst Kammer in dem reckten Seitengebäude im Hose 1 Treppe hock, für die darauf gethanen Gebote abzuiehnen beschlossen und entlasten daher in Gemäßheit der VersteigerungS bedingungen hiermit die Bieter »hrer Gebote. Gleichzeitig beraumen wir zu der vom 1. Oktober dsS. IS an gegen etnhalbjährliche Kündigung zu erfolgenden Vermiethung der gedachten Lokalitäten einen ander- werten Versteigerungstermin auf Freitag den 25. dsS. Monats vormittags 11 Uhr an, zu welchem Miethlustige an Nathsstelle sich einfinden und ihre Gebote thun wollen Die VersteigerungS- und Vermiethungsbedingungen liegen auf dem RathhauSsaale, l. Etage, schon vor dem Termine zur Einsichtnahme aus. Leipzig, den 8. Juni 1880. Der «ath »er Stadt Leipzig. 0, Geo.gft Stöß. Ne albauejische Frage. In der nächsten Zeit wird in Berlin bekanntlich eine Gesandten-Conferenz statthaben, welche die Frage betreffs der neuen griechischen Grenze regeln soll. Wie r.7an sagt, haben die Mächte eS aus drücklich zur Bedingung gemacht, daß nur dieser Gegenstand zur Sprache kommt. An den Be stimmungen des Berliner Friedens von 1878 soll in keiner Weise gert ttelt werden; cs soll sich um nichts Anderes Han. ein, als um eine möglichst loyale Ausführung d^r Bestimmung jenes Ver trages, nach welcher die Nordgrenze oes König reichs Griechenland so weit hinausgeschoben wer den soll, wie es dienlich scheint, um den ewigen Feindseligkeiten der Grieü.n und Nichtgriechcn in den Mischdistricten ein Ziel zu setzen. "Aber wie weit muß sie denn verschoben werden, wo ist die natürliche Grenze in diesem Falle? Die Diplomaten des Congresies dachten, wenig stens in der Mehrzahl, an die Flußläuse der alten Ströme PenmoS und Thvamis. Gladstone und seine Diplomaten sind heute geneigt, bis zu den Bergrücken vorzugehen, welche Thessalien und Epirus im Norden abgrenzen. König GeorgioS ist natürlich ganz der letzteren Ansicht und hat sich eigens deshalb auf die europäische Rundreise gemacht, um für sie bestmöglich Propaganda zu machen. Wie die Sachen liegen, hat er alle Aus sicht aus Erfolg, und man kann ihm denselben wohl wünschen, denn die Griechen sind unzweifel haft das begabteste und zukunftsreichste Volk unter den Mitbewerbern um die Erbschaft des „kranken ManneS", und dazu, was sehr schwer zu ihrem Bortheil ins Gewicht fällt, den Russen das un bequemste. ES liegt aus der Hand, wie wünschenSwerth eS für die Mächte sein muß, die Verhandlungen auf diese verhältnißmäßig einfache Frage zu beschränken. Wird weiteren Erörterungen Thür und Thor ge öffnet, so meldet sich sogleich eine endlose Reihe der ärgsten Schwierigkeiten, bei deren Besprechung die feindselige» Interessen der einzelnen Großmächte mit Notwendigkeit sich gellend zu machen suchen würden. Da sind besonder- zwei schwierige Fragen, die bulgarische und die wegen der Bertheilung des o-maniscken Reiche-, Daß die Zustände in dem noch Halo unfreien SUdbulgarien, der sogenannten „autonomen Provinz Ost-Rumelien", vollständig unerträglich sind, weiß Jedermann. Und noch viel schlimmer ist- mit dem Regiment am Goldenen Horn bestellt. Al» Soliman der Große in seinem Lager von Szigeth gestorben war, verheimlichten die Pascha- den Truppen seinen Tod, um Entmuthigung zu verhindern. Sie setzten die Leiche in prächtigem Schmuck in ei» halbdunkleS Zelt und ließe« die Truppen vor der geöffneten Thür vorüber ziehen. Beim schnellen Taktschritt konnten sie mit ihrem scheuen Seitenblicken in den finsteren Raum hinein nicht wahrnehmen, ob Da», waS da in Menschen gestalt sie anstarrte, ein finster brütender De-pot war, oder eine durch Draht und Seil gehaltene Berwesung-maffe. Gerade so sieht eS jetzt mit Brennholz-Auction. vr»vtag. den 21. Juni ». c. sollen von Nachmittag- 3 Uhr ab im Forstreviere Connewitz auf den Mittelwaldschlägen in Abtheilung 41s und 42, ca 550 Haufen klein gemachtes hartes Stockholz unter den öffentlich auSgehangenen Bedingungen und der üblichen Anzahlung an Ort und Stelle versteigert werden. Zusammenkunft: auf dem Hol,schlage in der Nonne, unweit der sogenannten Nassen Wiese am Non nenwege. Leipzig, am 9. Juni 1860. Des NathS Forstdeputatto». Auktions-Bekanntmachung. In der Pfandniederlage des Unterzeichneten RatheS, Gerderstratzc Nr. 10, Hof 1. Etage, sollen den 17. Juni 1880, von Vormittags 9—12 und Nachmittags 3—6 Uhr, verschiedene Pfandgegenstände, als: 2 Bohrmaschinen, 1 Brückenwaage, 1 Schraubstock, 1 goldene Savonett-Ancreuhr, mehrere Taschen- und Wanduhren, I Regulator, Oeldruckbilder, 1 Zither, 2 Harmonicas, 4 große Gartenlaternen, 3 Essenwindhauben, Holz- und Lederkoffer, Kleidungsstücke, Sophas, Tische, Stühle und sonstige WirthschaftSgeräthschaften, einige Canarienvögel, sowie 1 größerer Vogel bauer von Messing rc. rc., nach vorheriger Bekanntmachung der Bedingungen, an den Meistbietenden gegen sofortige Baarzahlung öffentlich versteigert werden. Leipzig, am 5. Juni 1880. Der «ath der Stadt Leipzig. Oe. Georgi. Nüster. Bekanntmachung. Die am 22. Mai d. I. zur anderweiten Vermiethung versteigerte «bthcilung Nr. 38 der Landfleischer- hallc am Plauenscheu Platz ist vermicthct und entlasten wir daher in Gemäßheit der Versteigerungs bedingungen die unberücksichtigt gelassenen Bieter hiermit ihrer Gebote. Leipzig, den 7. Juni 1860. Der «ath der Stadt Leipzig. Vr Georgi. Stöß. Bekanntmachung. Die Lieferung von 417 laufenden Meter 285 Millimeter im Lichten weiten eisernen Muffenröhren zur Anlage einer Wasserleitung soll an einen Unternehmer in Accord vergeben werden. Die Bedingungen für diese Lieferung liegen in unserm RathhauS, U. Etage, Zimmer -tr. 18 au- und können dort entnommen werden. Bezügliche Offerten sind ebendaselbst versiegelt und mit der Aufschrift: „Lieferung eiserner WafferleitungSrohre" versehen, biS zum 30. Juni er. Nachmittags b Uhr einzureichen. Leipzig, an. 9 Juni 18?o res «aths Stratzenbau-Deputatto«. der Monarchie de- späten Enkels jenes gewaltigen Eroberers auS. Eine kritische Erörterung Vieser Sachlage hieße den kranken Mann al» einen tobten erkennen lassen — und was dann ? Diese beiden kitzlichsten Fragen werden nun wohl allerdings bei dem allgemeinen Anten Willen auf der bevorstehenden Eonferenz vermieden werden können, vielleicht aber nicht eine dritte, die zwar nicht so unmittelbar zu schwerer Verwickelung hindrängt, aber mittelbar gewiß eine solche kräftigst mitbe fördert. DaS ist die albanesische Frage. ES ist klar, wenn man die griechische Grenze verschieben will, so muß man sich mit den Leuten auseinandersetzen, welche in den fraglichen Gebieten bisher die Herrschaft ausübten. Man bewegt sie entweder gütlich zum Verzicht aus fernere Aus übung dieser Herrschaft oder man schlägt oder schießt sie todt. Irgend Etwas derart muß ge- geschehen. WaS ist Das nun in diesem Falle? Zum Theil sind es die türkischen Behörden, und die werden allerdings keine großen Schwierig keiten bereiten. Man wird aus Stambul wohl Anweisungen für dieselben austreiben können, daß sie sich den Anordnungen der Vertreter der Großmächte rukia fügen. Eine fanatische TUrkenbevölkerung, welche sich widersetzen könnte, lebt in jenen Gegenden nicht. Aber damit ist eS nicht gethan. Auf der ganzen Westseite des PindoS- gebirgeS bis tief in das heutige Griechenland hinein besteht die Maste der Bevölkerung auS Arnauten und Albanesen, und es fragt sich sehr, ob diese kriegerischen Bergbewohner sich ohne Weitere- auf einen Wink and Berlin hin in daS Reich deS Königs GeorgioS treiben lasten. Man erinnert sich doch, daß jene Sulioten und Pargioten, welche zu Anfang dieses Jahrhunderts durch ihre zähe ausdauernde Kampftüchtigkeit Europa in Staunen versetzten, nicht etwa Griechen waren, sondern Arnauten, und gerade Arnauten der Gegenden, um die eS sich hier handelt. Sollte ein nermenswerther Theil dieses Volke- gegen seinen Willen zum Eintritt in daS kleine Helenenreich gezwungen werden, so braucht eS dazu mehr als eine Berliner Conferenz; es braucht eine euro päische Execution und wer soll die vollstrecken? Nun liegt die Sache allerdings insofern günstig, al- ein Theil de- ArnautenvolkeS, und zwar gerade der südliche, griechisch-katholischen Glauben- ist und sich vielleicht de-halb gern dem Königreich Griechenland anschließt. Der nördliche Theil de- Volke- dagegen ist überwiegend römisch-katholisch. Abgesehen ist davei in beiden Landeshälften von den sehr zahlreichen Muhamedanern arnautischen Stcnmne», die überall zerstreut, in den Gebirgen d«4 Binnenlandes aber in größeren Masten wohnen. Diese Spaltung au- religiösen Ursachen wird aber wenigsten- zum Theil wieder neutralisirt durch die «libanesische Liga, einen Bund von Patrioten, der eifrig arbeitet, das ganze Volk zusammen zu halten und ihm eine selbstständige Verfassung zu erringen. Der Hauptsitz diese» Bunde« ist in den, mittleren Tbeile de- Landes aus überwiegend römisch - katholiscvem Boden. Eine Fruction dieser Partei strebt nach Selbstständigkeit unter dem Schutze des HauseS Habsburg; eine andere möchte gern die Familie des alten National helden Skanderbcg an die Spitze bringen. Weiter nördlich, in Alessi», Scutari, Dulcigno, giebt cs auch Agitatoren für den Anschluß an Italien — meist herumziehende Bettelmönche, die übrigen- wohl nicht viel zu bedeuten haben. Weiter landeinwärts, am Schwarzen und Weißen Drin, herrscht islamitische Begeisterung, aber weniger gegen die Christen gerichtet, als gegen die Fremden. Von allen diesen Leuten dürften arnautische Empörer gegen die Griechenkrone auf thätige Hülse ru rechnen haben. Und selbst wenn ein solcher Aufstand nicht erfolgt, der einfache neue Beweis völliger Würde losigkeit, den da« osmanische Regiment durch ferneren Verzicht auf zwei seiner Provinzen leisten wird, muß den glühenden Wunsch der Arnauten, svon dieser Regierung abzukommen, sich eine eigene-zu schaffen, immer mehr entflammen. Aber wer soll das Protektorat dieses neuen Staates übernehmen? Die Macht, die in Serajcw» danach lauert, oder die, welche in Brindisi das Gleiche thut? Und waS wird der Schutzherr des Satrapen von Sofia zu dieser Wahl sagen? Das sind die brennenden Fragen, deren unter Umständen einen allgemeinen Brand herbeisührcnde Lösung immer unvermeid licher wird. Politische Nebersicht» Leipzig, 11. Juni. Das Ergebniß der Commissionsberathung über die kirchenpolitische Vorlage ist, wie schon telegraphisch gemeldet, die Ablehnung deS Ge setzentwurfs im Ganzen. Die Conservativen und Freiconservativen hatten versucht , durch Ver ständigung unter sich allein, bezw. mit der Regie rung, eine Fassung der Vorlage herzustellen, für die eine Mehrheit zu erreichen wäre. Aber dieser Versuch, entweder ohne daS Centrum oder ohne die Nationalliberalen vorzugehen, mußte noth- wendig scheitern. Das Ergebniß der Commissions berathung wird wohl daS Vorbild Dessen sein, wie es nn Plenum geht. Die freironservanven Anträge, die der konservativen Verständigung zu Grunde lagen, enthielten in manchen wichtigen Puncten unbestreitbare Verbesserungen. So in dem Art. 1 die Bestimmung, daß die verlangten Dispense nur bei gesetzmäßig benannten Geistlichen ertheilt werden dürfen; so m dem Art. 4 die Be stimmung, daß ein abgesetzter Bischof n«r dann wieder anerkannt werden kann, wenn er die Be- nennungSpflicht zuqesteht; so die Bestimmung, daß auch bei einem Äl-thumSverweser von dein Er fordernd deS deutschen HeimathSrechtS nicht diS- pensirt werden kann; so die Zeitbcschränkung. Allein die Verbesserungen sind lange nicht weit gehend genug, um den Natioualliberalen die Zu stimmung zu ermöglichen. Insbesondere verdient die bestimmte Erklärung deS Abg. » Bennigsen her vorgehoben zu werden, daß die Nationalliberalen in der Rückkehr gerichtlich abgesctztcr Bischöfe eine so schwere Schädigung des Staate- erblicken, daß sie keinem Gesetz zuzustimmen vermöchten, welches in irgend einer Form eine solche Rückkehr ermöglichen würde. Die Regierung wird sich jetzt vor der Plenarvcrhandlung, die voraussichtlich schon am nächsten Montag oder Dienstag beginnen wird, noch einmal zu überlegen haben, ob sie die nalionalliberalen Forderungen zuzugestehcn ver mag. Aus der Linie der conservativen Anträge ist eine Mehrheit nicht zu erzielen, eS müßte denn da« Centrum sich der Abstimmung enthalten. was aber auch nicht mehr sehr wahrscheinlich ist, nach dem die Vorlage nock erheblich, im Sinne dieser Partei gesprochen, verschlimmert worden. ES ist nach dem bisherigen EntwickelungSgang kaum mehr eine Aussicht, daß daS Gesetz zu Stande kommen könnte, und daS Beste wäre wohl, es würde, als zur Zeit noch nicht reis, zurückgezogen Die Presse deS CentrumS, voran die „Aurora", die neuerdings als das anerkanntes Sprachrohr deS Vatikans betrachtet zu werden pflegt, ist sehr entrüstet über den Grundgedanken der neuesten Depeschen und Reden des Reichskanzlers, daß er als Preis deS Entgegenkommens in der Kirchen frage eine größere Gefügigkeit des CentrumS in rein politischen Fragen erwartet und sich darin getäuscht habe. Die „Aurora" sagt u. A.: „Der Papst ist der Lehrer des Glaubens und der Hüter der Moral; aber waS geht eS ihn an, ob Preußen hundert Bataillone mehr oder weniger hat, ob die Hamburgische und Altonasche Frage in dem oder jenem Sinne gelöst wird, ob die Zölle erhöbt oder verringert werden?" Diese Anschauung, daß daS Centrum in den Fragen der rein weltlichen Politik vom heiligen Stuhl voll kommen unabhängig sei und dessen etwaige Ein mischung in solche Fragen zurückweisen werde, in von den Rednern und der Presse der ultramon tanen Partei stets mit einer gewissen Betonung vorgetragen worden. Es scheint aber doch, daß der Bismarcksche Grundgedanke durchaus nicht so unrichtig ist, wie die klerikalen Blätter glauben machen wollen. Es wird gewiß Niemand sich ein bilden, daß auS dem Vatican Weisungen ergehen, wie daS Centrum sich in den Zoll- und Steuer fragen zu verhalten habe, ob es der Verwaltungs- resorm oder dem Feld- und Forstpolneigesetz zu stimmen solle oder nicht. Unzweifelhaft richtig ist aber die Auffassung, daß da« Centrum alle diese Fragen nicht nach rein sachlichen, auS dem Gegen stand selbst geschöpften Gesichtspunkten behandelt, sondern nach Erwägungen der allgemeinen politischen Lage und der Taktik, Erwägungen, die eben lediglich nach dem einzigen Inhalt der Politik deS Centrums der kirchlichen Frage, sich richten. Das Eentruw hat gar kein anderes zusammensassende» Band als die Interessen der katholischen Kirche; e- würde i, . allen Fragen der inneren weltlichen Politik aus einander gehen, wenn diese nicht eben in Beziehung zu der kirchlichen Frage gebracht wllrden; eS müßte sich überhaupt auflösen und unter andere Parterei. vertheilen, sowie die kirchliche Frage nicht mehr de: beberrschenden Einfluß übt. Und darum hätte die
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