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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.06.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-06-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188006262
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18800626
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18800626
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
- Monat1880-06
- Tag1880-06-26
- Monat1880-06
- Jahr1880
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.06.1880
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«rschetut tLgltch früh 6»/, Uhr. NeSaeÜ«» »»d Leprsttt»» JvhauniSgafle SS. ZP«chß»«Sr» der Nesattt»«: vormittag- 10—12 Uhr. Nachmittag» 4—» Uhr. Mr sie »ückya»« rin,riaadt»r «««» scrchtt ouuhi sich di« Xedaclioa nicht »eriindlich. y«e der für die atchst- Nummer deftimmten an Gochentagea dis Nachmittags. an Soun- ,en früh btS'/.» Uhr. La »r, FUlatr» für Jas. Lmuchau: Ott» Klemm, UniverfitätSstr. 22, L«ÜS Lösche, Kathariaeustr. 18,p. «r dis '/^ Uhr. Kipttgtr JagtblaN Anzeiger. Or-an sur Politik, Localzcschichtk, Handels- und GeschistSverkehr. 2V3. Sonnabend den 26. Juni 1880. «uflage 16.15S. viertelj. 4'/,ML, mcl. VrMerlohll ü ML, durch di« Mt bezogen « ML Jede einzelne Nummer 2S Pf. Belegexemplar lo Pf. Scbüh«n für Lxirabeilagen »hne Postdefdrderung 89 DiL «it Postbrsvrdrrung 48 ML Inserate Sgesp. Petitzeil« 2V Pf. idrüßere Schriften laut unserem Preisverzeichniß. — Tabellarischer E>ay nach HSHerrm Tarif. Recta»,, »nter »em lledacti»»gleich die Spaltzeile 4» Pf. Inserate sind stet» au d. SrprdNoa zu sendeo. — Rabatt »ird nicht gegeben Zahlung pr»»»u««r»»<1a oder durch Postvorfchuß. 74. Jahrgang. Iw gtWgen Vtachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag den 27. Inn» nur Vormittags bis 1,9 Uhr geöffnet. Bekanntmachung. Die von uns zur Submission ausgeschriebene Lieferung deS Bedarfes an Stein- und Braunkohlen für da- hiesige Johannishospital auf daS Jahr 1880/81 ist vergeben und werden daher die unberücksichtigt ge bliebenen Herren Submittenten hiermit ihrer Offerten entlassen. Leipzig den 23. Juni 1880. Der Rath -er Stadt Leipzig. vr. Georgi. Harrwitz. Vermiethung in der Fleischhalle am Hospitalplatze. Bei der laut unserer Bekanntmachung vom 12. dsS. Mon. Sonnabend, den S. Juli I., vormittags 11 Uhr, an RathSstelle stattfindenden Versteigerung der anderwett zu dermtelhenden 4 Abtheilungen Nr. L, 4, 22 und 29 der Fleischhalle am HoSpitalplatze wird auch die neuerdings für den 1s. Juli -. I. aufgekündigte Adthetlung Rr. 8 derselben unter den gleichen Bedingungen zur anderweiten vermiethung von diese« Zeitpunkte an mit versteigert werden. Leipzig, den 18. Juni 1880. Der >ath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Eerutti. Bekanntmachung. Unter Bezugnahme auf unsere Bekanntmachung vom 19. d. M. bitten wir ebenso dringend wie herzlich um wettere Gaben für die von der Ueberschwemmung in der Oberlausitz Betroffenen, und bemerken, daß wir tue bei unserer Stiftungsbuchhalterei eingegangenen und noch eingehenden Gaben dem hiesigen Unter- stützungS-Comitt- zur weiteren Beförderung übergeben werden. Letpzig, den 25. Juni 1880. Der «ath der Stadt Leipzig. vr. Seorgi. Messerschmidt. polMjche Ilebersicht. Leipzig. 25. Juni. Es ist natürlich genug, daß bei den Aufregungen der inneren Politik die Conserenz der Groß mächte, obwohl sie in DrulschlandS Hauptstadt unter dem Vorsitze des deutschen Bevollmächtigten tagt, daS Interesse nur wenig zu fesseln vermag. Nur ein kleiner Theil der Leser wird die Karte zur Hand genommen haben, wenn die Rede davon war, die Conserenz schicke sich an, zu beschließen, daß die Flußgebiete des Kalamas und Salambria von der Türkei abgetrennt und zu Griechenland geschlagen werden sollten; vollends gleichgültig wird es ihnen sein, ob die nördlichen Abhänge der diesen Flüssen benachbarten Höhen Diesem oder Jenem gegeben werden. Nichtsdestoweniger sollte man nicht übersehen, daß sich in den Sitzungen der Conserenz ein wichtiger und in noch höherem Maße ein bezeichnender Vorgang voll zieht. Daß der unruhige, in knabenhafter Laune bald Dies bald Da- unternehmende Mittelstaat der Griechen um die ansehnlichen, von einer ebenfalls höchst unruhigen, launenhaften, aber thatendurstigen und an persönlicher Tapferkeit nicht armen Bevölkerung bewohnten Landschaften Thessa lien und Epirus verstärkt, also um ein Drittel oder ein Viertel seines Gebiets vergrößert wird, ist eine Thalsache, mit deren Folgen auch deutsche Politiker noch manchmal zu rechnen haben werden. Die Macht des kleinen Staate-, Unfug zu machen, wird dadurch nicht unbedeutend vergrößert; an Lust und Gelegenheit dazu wird eS ihm in dem ewig brodelnden Hexenkessel de- Orients nicht mangeln. Die neue Grenze wird nur noch durch einen schmalen Küstenstreif und die Stadt Salonichi von einer Landschaft rein griechischer Nationalität, der dreigrspaltenen Halbinsel Chalkidike getrennt; von jeher haben hier Hellenen, gebildete Colonisten aus Attika und dem Peloponnes, neben bäuerischen älteren Ver wandten gesessen. Diese griechische Halbinsel läßt fick ganz leicht politisch von dem bulgarischen Fest lande trennen; bald genug werden wtr die üblichen Jntriguen, sie mit dem Reiche des Königs Georg zu vereinigen, erleben, die um so verwickelter sein werden, als die Landschaft bekanntlich den Berg LthoS, ein besonderes Heiligthum der Russen, trägt. Auch mit der Chalkidike schließt die Aus sicht der Griechen nach Nordosten noch lange nicht, denn auf der Insel ThasoS und in der thracischen Küstenlandschaft, endlich in der fruchtbaren Ma- ritza-Ebene.und.den großen Städten Adrianopel und Konstantinopel wohnen Griechen, und je mehr sie hier mit Bulgaren und Türken gemischt wohnen, desto mehr verwickelt sich die Frage, was mit ihnen werden soll. DaS preußische Abgeordnetenhaus fetzte a« Donnerstag die Berathung de- Krrchenge- setzeS bei Art. 10 fort, welcher von den Nieder lassungen geistlicher Orden handelt. Abgeordneter Reichensperger-Köln leitete die Debatte ein, indem er wiederum die ganze Entstehung de» CulturkampfeS, den Charakter der Maigesetzgebung «uv die Haltung der Parteien in der kirchlichen Krage einer ermüdenden Untersuchung unterwarf und den Artikel nur in der Form deS Anträge» v. Schorlemer, wonach die Aufnahme neuer Mit glieder bedingungslos gestattet und die Verwen dung und Versetzung der Orden-mitglieder der Staatsaufsicht entzogen wird, für annehmbar er- klärte. Abg. Stöcker erkannte zwar an, daß die geistlichen Orden in Kivdererziehung und Kranken pflege viel Gute- gethan, glaubte aber doch dem Antrag von Schorlemer entgegentreten zu müssen und wie- warnend auf den Erlaß der tiroler vischvfe hin. Aba. v. Heeremann hielt ebenfalls eine Lobrede aus die ersprießliche Thätigkeit der geistlichen Orden in Unterricht und Kranken pflege. Der CultuSminister erklärte sich gegen den Antrag deS Centn»«- und legte dar, daß die Nachmessungen über den Personal bestand der Orden mit leine« Kircheagebot in Widerspruch ständen. Abg. v. Eynern sprach im Namen der Nationalliberalen dle Geneigtheit auS, für den Artikel zu stimmen, um einem prak- tischen Bedürfniß des katholischen Volks abzuhelfen. Zum Schluß erging sich Abg. v. Schorlemer in deftigen Ausfällen über die Grausamkeit der Kloster- Gesetzgebung und die Ausweisung der OrdenS- mitglieder. Danach wurde der Artikel unter Ab lehnung aller Abänderungsanträge angenommen. Artikel l 1 (vom Vorsitz im Kirchenvorstande) wurde, wie auch schon in der Commission, nach kurzer Debatte abgelehnt. Es folgt der von den konser vativen Abgeordneten beantragte Art. l2, welcher daS Gesetz mit Ausnahme von Art. 3, 9 und 10 am t. Januar 1882 außer Kraft setzen will. ES entspinnt sich darüber noch einmal eine lange, von den Abgg. v. Zedlitz, Zehrt, v. Wedell-Malchow, Windthorst geführte Debatte über den Werth, den daS Gesetz als Mittel zum Frieden hat, und über die eigenthümliche Taktik de- CentrumS, dem BischosSartikel trotz der so heftig zurückgewiesenen Bestimmung Uber die Anzergepsticht zuzustunmkn. Der CultuSminister erklärte, dem Antrag auf Zeit- beschränkung nicht eutgegentreten zu wollen. Dar aus wurde Artikel 12 mit großer Majorität an genommen. Die „National-Liberale Correspondenz" schreibt: Nach sechstägiger Berathung ist also am Don nerstag die zweite Lesung des Kirchen- gesetzeS zu Ende gegangen. Der Gesetzentwurf, wie er in die dritte Lesung kommt, hat nunmehr folgende Gestalt: Artikel 1 ist gegen die Stimmen der Conservativen, Freiconservativen und einiger Nationalliberalen abgelehnt, ebenso Art. 2 gegen die Stimmen der Conservativen. Art. 3 »st durch die Stimmen der Conservativen, Freiconservativen, eines Theils des CentrumS und einiger National liberalen in der Fassung der Regierungsvorlage angenommen. Art. 4 ist durch die Stimmen der metsten Conservativen und Freiconservativen, des CentrumS und der Polen gegen die Nationalliberalen und die Fortschrittspartei mit dem Unterantrag Stengel angenommen, wonach die staatliche Wieder einsetzung der Bischöfe nur bei Anerkennung der An- zeigepflicht erfolgen darf. Art. 5 ist mit einem Antrag, welcher von einem BiSthumSverweser die deutsche Staatsangehörigkeit verlangt, angenommen, ebenso Art. 6. Die Artikel 7 und 8 sind abgelehnt. Art. 9 ist durch die beiden conservativen Fraktionen und den größten Theil der Nationalliberalen in der Fassung deS Antrags von Bandemer angenommen, wonach dm Strafbestimmungen geistliche Amtshandlungen nicht unterliegen, welche von gesetzmäßig angestellten Geistlichen in erledigten Pfarreien ohne die Ab, sicht, dort ein aeistlichcS Amt zu übernehmen, voll, zogen werden. Art. 10 ist durch Conservative, einen Theil deS CentrumS und der Nationalliberalen ange nommen. Art. 11 fast einstimmig abgelehnt, endlich Art. 12, von der Beschränkung der Gültigkeitsdauer de- Gesetze-, gegen das Eentrum angenommm. — Der Gesetzentwurf kommt sonach in sehr zerpflückter Gestalt a«S der zweitm Lesung hervor, und eS wird jetzt Sache der Verständigung-Versuche von Fr»ction zu Fraktion und mit der Regierung sein, eine feste Grundlage für die dritte Lesung zu fin den. Wie eS heißt, sind die AuSgleichS-Berhand- lungert bereit- lebhaft im Gang und stellen in Aussicht, zu einer Verständigung zu führm. ES heißt, die Regierung und die conservativen Par teien seien nicht abgeneigt, dm Art. 4 von dm Bsschöfe» zu opfern und damit für die National liberalm dm schwersten Stein de- Anstoßes au» dem Wege zu räumen; auch würden die Confer- vativen sich bereit erklären, die Nr. 3 deS Art. 1 (Ausschluß von Geistlichen, welch« auswärtige Bil. dungSanstaltm besucht haben) wiederherzustellen Art. 2 ist ohnehin bereit- ziemlich allseitig ans. gegeben, ebmso Art. 7 »nd 11; Art. 5, « und 10 vielen weniger Schwierigkeiten, da- Schicksal von Art. 8 ist noch ganz unsicher; Über Art. S ist die Verständigung schon ziemlich gesichert worden; Art. t2 hat die Negierung bereit- zugestandm. — So stellt man sich wenigsten- die Grundzügc der Verständigung in denjenigen Kreisen vor, welche da- Zustandekommen deS Gesetze- wünschen. Doch ind die Verhandlungen jedenfalls noch nicht zum Abschluß gekommen, und eS muß sich erst noch ! eigen, ob sie sich wirklich in der angedeuteten Veise entwickeln. Ein Theil der Nationallibera- en würde für daS Gesetz auf den angegebenen Grundlagen zu gewinnen und damit eme Ma jorität für dasselbe zu sichern sein. Entscheidende Beschlüsse sind indrß noch nirgend- gefaßt und die Dinge noch durchaus in der Schwebe. Wie auS zuverlässiger Quelle verlautet, hat der CultuSminister v. Puttkamer zu dem Verfahren des Oberkirchenralhs in Sachen deS abgesetzten Superintendenten Meinhold in Cammin, daS in kirchlich freisinnigen Kreisen so großes Aussehen macht, ausdrücklich seine Zustimmung ertheilt und zwar namentlich auf Fürsprache und Empfehlung deS Herrn v. Klcift-Retzow. An eine vollstänvigc Wiedereinsetzung Meinhold'S, die in einer Begna digung und in einer neuen Ernennung und Be tätigung zum Superintendenten bestehen müßte, staubte man an maßgebender Stelle nicht denken zu önnen, da schon eine einmalige Begnadigung Mein- hold's vor seiner letzten Verurthettunq stattgehabt hatte. Den Weg der nothwendigen Begnadigung schien man nun am besten umgehen zu können, wenn man einfach, ohne davon Etwas verlauten zu lassen, Meinhold zum einstweiligen Superinten- dentur-Derweser machte und dann dieses Ber- hältniß zu Meinhold'S Lebzeiten bestehen ließ. Auf sehen erregt auch, daß der Oberkircbenrath in seinem Erlaß, Meinhold betreffend. Diesen als Superintendent a. D. bezeichnet, was sonst bei durch Straferkenntniß abgesetzten Beamten nicht üblich ist. ES zeigt sich eben überall daS Ent gegenkommen des jetzigen Minister- gegen die orlhodox-conservative Richtung. Hat der Papst seine Herzensfreude Uber die gelungenen Wühlereien seiner getreuen Geistlichen bei den Gemeindewahlen in R om kundgegeben, so mag er wohl weniger angenehm berührt worden sein durch eine große antipäpstliche Volks- Demonstration, welche am 23. Juni in der Ewigen Stadt in Scene gesetzt worden ist. Viele Tausend Arbeiter gingen mit Fackeln und Fahnen, unter Führung von Republikanern, bei den Klängen deS Garibaldi-Marsches durch die Corsostraße nach dem Capitol. Bor den Palästen Chigi und Sal- viati ertönten die Rufe: „Nieder mit demConclave- Marschall Chigi, nieder mit Salviati, nieder mit dem Garantiegesetz!" Auf dem Capitol sprach von der RathhauSramve herab der Republikaner Par- boni. Cr protestirte gegen den Wahlsieg der päpstlichen Vaterlandsfeinde und verlangte die sofortige Gewährung de- allgemeinen Stimmrecht». Er schloß mit einem Hoch auf Garibaldi, in wel che» daS Volk einstimmte. Die Menge ging dann, ohne daß irgend welche Ruhestörung vorgekommen wäre, auseinander. Die Jesuiten inFrankreich erhalten bei ihrem Widerstande gegen die Märzdecrete eine» Beistand, der nicht unterschätzt werden darf. Wie auS Versailles gemeldet wird, hat daS gesammte Parqurt de< dortigen Gerichtshöfe- seine Entlas sung gegeben, um nicht an der Ausführung der Decrete vom 29. März betheiligt zu werden. Zum Parquet gehören der OberstaatSauwalt (Oberpro- curator), die Staatsanwälte (StaatSprocuratoren und die sämmtlichen staat-anwaltlichen Beamten. Secretaire rc., also diejenigen Behörden, welche inner halb der Gerichtsverfassung di« Regierung zu vertreten haben. Neuesten Nachrichten zufolge hat nun auch der ganze Gerichtshof seine Entlassung ge geben! DaS wäre ja ein hübscher Anfang zur Reinigung de» französischen Richterstandes von klerikalen Elementen. Für Herrn Gladstone muß der Fall Brav taugh besonder- unangenehm sein. Er, der kirchliche Eiferer, der puritanische Zelot, sieht sich durch seine radikalen Freunde und Bundesgenossen aenöthigt, für einen Atheisten, wenn auch nur be dingt, Partei zu ergreifen, und erleidet dabei eine sehr empfindliche Niederlage, indem selbst ein er heblicher Bruchtheil seiner strenggläubigen Partei- enossen im Bunde mit der Opposition gegen ihn timmt. Die Stellung Gladstone's als Premier minister gilt übrigens bereits seit einiger Zeit als angefochten Der Rückschlag der außerordentlichen lnstrengungen deS Wahlkampfes soll sich sehr sübl- bar machen, und der unglückliche AuSgang dieser neueste« Geschichte wird seine Stellung sicher nicht sinken. Die grundsätzliche Lösung der Frage de- wlilischen EideS ist übrigens bei der gegenwärtig herrschenden Stimmung wenig wahrscheinlich. Der Nothstand in Irland nimmt die Auf merksamkeit der Regierung und deS Parlament- ortwährend in Anspruch. Gern ist man allseitig bereit, daS unter dem ackerbauenden Stande meh rerer Grafschaften herrschende Elend zu lindern. Im März wurde noch unter dem conservativen Ministerium aus dem vurch die Entstaatlichung der protestantischen Kirche in Irland gewonnenen leberschuß die Summe von 750,000 Psd. Sterl. Ur Abhülfe der Noth festgesetzt, und dieser Posten ward sogar noch überschritten. Der jetzige Mi nister für Irland, Herr Förster, schlägt nun die Hinzusügung einer weiteren Summe von 450,000 Pf». Sterl. vor, so daß im Ganzen bereit- über 25 000,000 Mark zur Anwendung kämen. ES ist Dies gewiß nicht zu Viel; befinden sich doch aus der Insel nicht weniger als 156,000 Lehmhütten mit einem einzigen Gemach, in denen 227,000 Familien wohnen — also in einer Anzahl die- er Höhlen de» Elends mehr als zwei Familien! Von dem guten Willen deS jetzigen Ministers für Irland, das Mögliche für den schwer bedrängte» Stand der Ackerbauer zu thun, der unter de« Folgen von fünf Mißjahren und der amerikanischen Milbewerbung leidet, ist jeder Billigdenkende über zeugt. Herr Förster ist so weit gegangen, aus den Vorschlägen der irischen Land-Liga einen Punkt anzunehmen, der auf den ersten Blick sehr stark erscheint. Danach könnte ein Pächter, dem wegen Nichtzahlung deS Grundzinses vom Eigenthümer gekündigt wurde, aus Entschädigung klagen — also für ZahlungSsäumigkeit sogar noch belohnt werden! Um Dies jedoch zu verstehen, muß man wissen, daß sehr oft Pächter durch eine ganz ungerecht fertigte ZinSerhöhung, die sie zu leisten nicht rm Stande sind, von Haus und Hof getrieben werde», wenn der Eigenthümer auS irgendwelchem Anlaß einen Haß auf die betreffende Person bekommen hat. Diesem Unfug soll der Forster'sche Vorschlag steuern. Vom Richter wird eS abhänaen, nach Lage der Dinge dem klagenden Farmer Entschädi gung zuzusprechen oder nicht. Da« Heilmittel hat remch auch seine Gefahr; aber außerordentliche Verhältnisse rechtfertigen eS. Auf dem Indischen Amte in L » ndon fängt man an, über die Absichten Abdurrahmau Kban'S unruhig zu werden. Seit Jahre» ist Dieser bekanntlich ein von der russischen Regierung mit einem JahreSgehalt unterstützter, für gewisse Fälle bereit gehaltener Prätendent auf den Thron von Afghantstan gewesen. DaS Gladstone'sche Cabinet hat nicht» Bessere- zu thun gewußt, als ihm die Krone auzubieten, um sich au» der Verlegenheit zu ziehen. Nun gab zwar Abdurrahman seinen Wunsch zu erkennen, mit den englischen Behörden in Unterhandlung über die Bedingungen eines Abkommens einzutreten, allein auffallenderweise nähert er sich mit ein,« HeereSzug, der sechzehn Bergkanonen mit sich führt. Gleichzeitig bemerkt man unter den Stämmen um GhaSni und Kabul herum starke Anzeichen der Unruhe. Ja Erwar tung eine» mögliche» Uebcrfall» haben die Eng länder ihre Truppen dichter um die Hauptstadt von Afghanistan zu sammeln begonnen. Bei ber verhältnißmäßigen Kleinheit ibrer Gesammtstreit- kräste entsteht dadnrch freilich eine Schwächung ihrer Stellungen anderwärts. Der „Köln. Ztg." telegraphier man au- Kon stantinopel vom 23. Inn,: „AuS Bulgariei, und Ostrumelien kommen ziemlich beunruhtge .de Nachrichten. Es wird authentisch bestätigt, daß
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