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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.07.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-07-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188007040
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18800704
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18800704
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
- Monat1880-07
- Tag1880-07-04
- Monat1880-07
- Jahr1880
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.07.1880
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Erste Beilage zum Leipziger Tageblatt mb Anzeiger. a- r». Sonntag den 4. Juli 1880. 74. Jahrgang. ri'Ver- WNN»I«8. i 60 ^ an. rl»«« von »It«i» von Segelleinen 8v«1rii> rn. «rt«, 1000 »»ptvr«» rrton 1 Stück 75 ^ t, Meter neuesten 6 »k. — 40 ^ an. »'htffons, kransen, las und n, Perl- nsätze. — Iwayl. — in großer iL an. — okei linenarbrit^ KN 1 an. »gen Rüster. Politische Aebersicht. Letpji«, 3. Juli. Wir knüpfen an den heutigen Leitartikel erne Berliner Correspondenz, welche die Haltung oder richtiger die Spaltung der nationallibe ralen Fraktion bei der Berathung des Kirchen- gesetzeS wie folgt charakterisirt: „Wenn eS für die Hälft« der nationalliberalen Fraktion, welche mit Benningsen für den Art. 1. stimmte, nicht wohl möglich war, nach Ablehnung desselben «ine Schwenkung zur Ablehnung des ganzen Ge setze- zu machen, so hätten doch Diejenigen, welche die Verantwortlichkeit für jene Ablehnung Über nahmen, auch die Verantwortlichkeit für die Ver werfung des ganzen Gesetzes nicht scheuen dürfen, um so weniger, als, wie jetzt geschehen ist, durch ihr widersprechendes Verhalten gerade das Gegentheil von Dem erreicht ist, waS sie anstrebten, nämlich statt einer Sicherheit dafür, daß Art. 4 in nächster Session nicht wieder emgebracht werde, vielmehr für die Regierung der triftigste Vorwand dafür Ob es freilich dazu kommt, hängt nicht von Herrn v. Puttkamer, sondern vom Fürsten Bis marck ab, deren Stellung zu der Vorlage, wie wir wiederholt hervorgehoben haben, nichts weniger alS identisch war. Gerade diejenigen Bestimmungen d.s Entwurfs, welche Herr v. Puttkamer und die konservativen nach und nach geopfert haben, ent sprangen der eigensten Initiative deS Reichskanz lers, und nachdem sie beseitigt waren, hatte für ihn die Vorlage mit oder ohne Art. 1 gleich wenig Werth. Da feine Absicht, je den Umständen nach die schärfste Anwendung der Maigesetze und die weitestgehenden Milderungen derselben in der Hand zu haben, um das Centrum zwischen Furcht und Hoffnung einzuklemmen, durch das „Cowpromiß" gänzlich verfehlt wurde, so erklärt sich hinreichend die Gleichgültigkeit, mit welcher er dem weiteren Geschick des Entwurfs auS dem Wege gegangen ist. Eben darum ist ihm aber auch an einer partiellen Ergänzung deS jetzi gen Bruchstücks nicht gelegen und in unterrichteten Kreisen herrscht die Annahme, daß er sich zu er neutem Vorgehen in dieser Richtung, dann aber auch iu der umfassendsten Weise, nur entschließen wird, wenn ihm da- Verhalten sei eS der Curie fei eS des CentrumS dazu besondere Veranlassung giebt. Darum erfahren auch einstweilen die Libe ralen von ofsiciöser Seite eine so rücksichtsvolle Behandlung, während gegenüber dem Centrum alle Schleußen der Polemik geöffnet sind. Kundige Beobachter sind sicher, daß Fürst BiSmarck der riatioualliberalen Partei ihr Verhalten bei dieser Gelegenheit nicht leicht vergessen wird, und rwar Herrn v. Bennigsen und dessen näheren Freunden so wenig, als der anderen Hälfte, welche Dr. Falk gefolgt ist, weil eben die ersteren seine Absicht nicht weniger gekreuzt haben, als die Letzteren/' Auch in der braven Hansestadt Lübeck scheint der Pessimismus die Gemüther in heftigster Weise ergriffen zu haben, denn die Fortschrittspartei hat den Nationalliberalen daselbst einen seit der Errichtung dcS norddeutschen Bundes besessenen Reichstagswahlkreis entrissen. Sie hat es an wüster Agitation nicht fehlen lassen und noch in den letzten Tagen Herrn Eugen Richter ent sandt, um in einer maßlos gehässigen Weise gegen den Nationalliberalismus zu Hetzen. Von natio nalliberaler Seite hat man offenbar wieder ein mal die Gefahr unterschätzt und keineswegs die völhige Energie bewiesen, ,m Vertrauen, daß ein so alter Besitz nicht verloren gehen könne. Die »fortschrittliche Eroberung Lübeck- scheint unS nebenbei eine Ueberrumpelung einer allzu vertrauensseligen und sorglosen Wählerschaft zu sein, die bei etwas mehr Abwehr und Wachsam keit wohl zu vermeiden gcwesen wäre. Die Scharte wtrd da- nächste Mal hoffentlich auSgewetzt wer den. Ob besondere persönliche und locale Gründe zu dem fortschrittlichen Wahlsieg beigetragen haben «vgen^ist unS nicht bekannt. Ein sehr wesent Kopf gestellt, daß bereit- zwei Jahre lang ohne feste Basis fruchtlos hin und her verhandelt ist, I da nach dem Verhalten der Pforte vom ersten Augenblicke an keine Möglichkeit blieb, wie e- der Art. 24 vorausgesetzt hatte, die beiden streitenden meinden von der Landesregierung die AuSmerzung der deutschen Unterrichtssprache in allen Schulen iKrainS fordern. Bei der Ausführung der Maßregeln gegen die Jesuiten in Paris ist es, wie dem Leser be- Theile zuerst unter sich den Versuch einer Verstän-1 kannt, zu unbedeutenden Putschen gekommen. Die digung ablehn« machen zu lassen, vielmehr nach den ersten lehnenden resp. ausweichenden Erklärungen der Pforte Griechenland schon im September 1878 die Vermittelung der Mächte anrusen mußte, und die Verhandlungen zwischen den Betheiligten, welche später in Prevesa und Konstantinopel wirklich statt gefunden haben, nur unter unablässigem Drängen der Mächte in Gang gesetzt und erhalten werden konnten. So erscheint DaS, was die erste Voraussetzung der Vermittelung sein sollte, jetzt alS deren letzte- Wort, über welches die Mächte von den Bethei ligten nur eine kurze Entscheidung mit Ja und Nein, mit Ausschluß jeder weiteren DiScussion erwarten. Daß es aber kein Schiedsspruch im völkerrechtlicken Sinne ist, spricht gleich da« nächste Wort auS, daß die Pforte und Griechenland ein geladen (invitö) werden, demselben beizutreten. Die Thätigkeit de- Schiedsrichters ist mit dem Schiedssprüche selbst beendigt, und es betrifft lediglich daü zwischen den Parteien bestehende BertraaSverhält, niß des CompromisseS, ob sie demselben sich fügen oder nicht, eS würde der Stellung des Schied« richterS durchaus nicht angemessen sein, sich mit dem einen Theile zu verbinden, um von dem an deren die Ausführung de- Spruche- zu erzwingen, während eS rm Gegentheil bei dem Vermittler selbstverständlich ist, wenn er sein letzte- Wort ge sprochen hat, sich gegen den zu wenden, der ihm nicht Gehör schenken will, mag dies nun blos durch moralische Haltung oder auch durch thät- lichcS Eingreifen geschehen." Die „Nordd. Al lg Ztg." vom Freilag giebt den folgenden Bericht: „Gestern Nachmittag um fünf Uhr fand die Schluß sitzung der Conferenz statt. ES erübrigte nur noch die Unterzeichnung der die Conferenzbeschlüsse enthaltenden Finalacte. Nach Vollzug dieser For malität schritt man zur Feststellung der identischen Collectivnote (noie icientique colleetive), durch welche der Türkei und Griechenland da- Conferenz- ergebniß mitgetheilt und zur Annahme empfohlen wird. Die Üeberreichung dieser von den Mächten Unterzeichneten Note wird dem Vernehmen nach in Konstantinopel und in Athen durch den jeweiligen ältesten Vertreter der sechs bei der Conferem bethei ligt gewesenen Großmächte besorgt werden. Als un richtig ist die Angabe zu bezeichnen, wonach ver schiedene Noten zur Üeberreichung gelangten. Was die sogenannten Sec undairf ragen betrifft, alS Uebernahme eines entsprechenden AntheilS der türkischen Staatsschuld durch Griechenland, die Cub :uSfreiheit u. s. w„ welche in den Conferenzverhand- lungen zur Diskussion gelangt sind, so haben dieselben angemessene protokollarische Erwähnung gefunden. Der Vorsitzende, Fürst Hohenlohe, sprach den Mit gliedern seinen Dank für die ihm geleistete Unter stützung auS. Der Einmüthigkeit der Mächte, der energischen, einsichtsvollen Thätigkeit ihrer Vertreter auf der Conferenz sei die rasche und erfolgreiche Abwickelung der Geschäfte zu verdanken, er hoffe und wünsche den segensreichsten Erfolg von dieser Thätigkeit. Hierauf ergriff der österreichische Botschafter Graf Szechenvi da- Wort zunächst zu nnern Dank für die ausgezeichnete Leitung der Ge schäfte durch den Fürsten Hohenlohe. Auch dieser Redner gab der Hoffnung auf segensreiche Früchte Ausdruck; er betonte, wie sich Deutschland um die Initiative bei Berufung der Conferenz ein beson deres Verdienst erworben, und wie dieser Vorgang aufs Neue die Weisheit und Friedensliebe deS er habenen deutschen Kaiser- Wilhelm und die staatS- männischen Vorzüge Bismarck bekunde. klerikale Presse bemüht sich nun, die Ereignisse al- impofante Manifestation zu Gunsten der Jünger deS heiligen Ignaz darzustellen. Alle derartigen Berichte sind als unrichtige Uebertreibungen zu bezeichnen. DaS Ganze trug den Charakter eine- von den Jesuiten organisirten, indessen mißglückten Theater-Coup-, der hinsichtlich der Bedeutung der neulichen gescheiterten kommunistischen Demon stration am Bastilleplatz gleichkommt. Die in der Rue de SevreS Versammelten waren Comman dirte der katholischen Gesellenvereine, und einige hysterische Frauen, von den legitimistischen Sena toren und Deputirten waren wenige am Platze erschienen. Trotzdem herrscht natürlich lebhafte Aufre gung zu Paris über diese Vorgänge im Publi cum und in der Presse, wie eine unbestreitbare Bewegung der Gemüther betreffs der weiteren Maßnahmen der Regierung gegen die übrigen Congregationen. Anscheinend wird hierbei die Regierung mit äußerster Mäßigung verfahren und mit neuen Versuchen zu einer versöhnenden seines Reichskanzlers Fürsten Der Einfluß Oesterreichs im Oriente ist lm Wachsen; dafür sprechen verschiedene Anzeichen, wie der Besuch deS Fürsten Milan von Serbien in Wien. Mitte September begiebt sich Kaiser Franz Josef zu den großen Manövern nach Galizien oder Bukowina und ist bei diesem An lässe eine Zusammenkunft mit den Fürsten von Rumänien und Bulgarien geplant, die wahr- licheS Moment für den Erfolg de- fortschrittlichen I scheinlich in Suczawa oder Czeruowitz von dem ^ ----- n—-- - —— 'Monarchen empfangen werden. — Die sonstigen Wiener Nachrichten lauten nicht eben erfreulich für die Stellung des DeutschthumS den laden gegenüber Die Landtage arbeiten emsig, um den Rest ihrer Agenden der Erledigung zu- zusühren. Ende der nächsten Woche dürften voraus sichtlich die meisten Landtage ihre Thätigkeit beenden und die Session beschließen. Im böhmischen Landtage hat die Berathung über daS Budget pro 1880 begonnen, und zwischen diesen VerhanblungS- egenstand und den Voranschlag für 1881 soll die ebatte über die Sprachenzwangs-Verord- nung eingeschoben werden. Der Minorität-- Antrag mit seinen Erwägungen zeigt, daß die echen in der Sprachenfrage überaus herauS- ordernd aufzutreten gewillt sind. Die Anf orderung der VerfassunaSpartei nach Abhülfe gegen die SprachenzwangS-Verordnung beantworten die Czechen in ihrem MinoritätS-Antrage mit dem Candidatcn liegt jedenfalls "in der stark oppo sitionellen Stimmung, welche in den großen See- andelSstädten gegen die neuere wirthschaftliche Zolttik herrscht. Die Fortschrittspartei hat die kißstimmung der Hansestädte über die neue Wen- iduug unserer Handels- und Zollpolitik in über- ! «u- rühriger, zudringlicher und leider auch erfolg- l reicher Wesse au-gcbeutet, so wenig auch die na- tionalliberale Partei als Stütze de« herrschenden wirthschaftlichen System- betrachtet werden krnv. Zu d« Beschlüssen de- in Berlin versammelt gewesenen europäischen „AreopageS", welcher über ! die Interessen Griechenlands sino irr», aber wie eS scheint cum etuäio verathen hat, wird uns von sachkundiger Seite mitgetheilt: „Zeitungsnachrich ten zufolge soll in der Schlußakte der Berliner Conferenz deren Beschluß über die türkisch griechische Grenzlinie alsSchiedSspruchsru bitruge) bezeichnet sein. Da aber von einem eigentlichen mmen. fl. » nicht «et Schiedsgericht nach dem Wortlaut des Artikel- 24 I Begehren nach Einführung der czechischen Sprache als deS Berliner Vertrages nicht die Rede sein kann, I interner Amtssprache für die Behörden in den czechi- so ist jene- Wort nur ein " ' ^ ^ zn welchem die ei der Mächte als „ n VerlegenbeitöauSdruck,! lich verschobene Stellung! Zern ittler" greisen ließ. Streng > genommen konnte die Conferenz nur die Bedeutung > eine- Mittels für die Mächte haben, zunächst unter "ich über die Basis der gemäß jener VertragSbe- simmung von ihnen übernommenen Vermittelung einig zu werden. Nachdem diese Basis nunmehr gefunden ist, hätte erst die eigentliche Vermittelung zu beginnen. Die Sache ist aber dadurch aus den schen Bezirken. Auch in Kra in ist daS Deutsö bedroht. Die nationalen Blätter erheben von 5 kühner ihr Haupt. Sie fordern kliö thum Tag kühner ihr Haupt. Sie fordern von der Re gierung bereit- alle- Erdenkliche. Ihre neueste Forderung geht dahin, Beamte und Lehrer, welche nicht ausschließlich in slovenischer Sprache amtiren wollen, zu entfernen, und zwar, wie sie sagen, nach dem Spruche der Schrift: „Die Hand, welche dich ärgert, haue ab und werfe sie in- Fcuer". Außerdem sorgt mau dafür, daß die Ge- Verfländigung Vorgehen. ^Zn parlamentarischen Kreisen werden Interpellationen wegen der ge meldeten Vorgänge angekündigt. — Der Präsident des Tribunal- in Lille hat sich zur Entgegen nahme der von den Jesuiten wider den Präfekten wegen Verletzung de- H au-recht- ausgebrachten gerichtlichen Vorladung (de- Widerspruch« des Präfecten ungeachtet) für kompetent er klärt und die Verhandlung über die Sache selbst auf Sonnabend festgesetzt. — AuS Lyon wird gemeldet, daß, als die neuen Mitglieder de- ParquetS vor dem Appellhofe vereidigt und die neuen richterlichen Beamten in ihr Amt ein. geführt werden sollten, eine größere Anzahl der anwesenden Advocaten in demonstrativer Weise den Sitzungssaal verließ. — Der Senats auSschuß ernannte VoisinS-Laverniöre zum Bericht erstatter über die Amnestie mit dem Aufträge der Mehrheit, sowohl den Regierungsantrag wie alle Gegengesetzentwürfe zurückzuweisen. ES ist also nicht unwahrscheinlich, daß die Amnestie ver worfen wird. In diesem Falle wird die Regie, rung eine allgemeine Begnadigung sofort ein- treten lassen und nur die Wahlvergehe« von der selben ausschließen. Die Nachrichten auS Albanien lauten sehr stürmisch und sensationell. Wir registriren, ohne Gewähr für die Richtigkeit der telegraphischen Meldungen, daß Montenegro seine Rüstungen verstärkt und alle waffenfähigen Mannschaften unter die Fahnen ruft, um die Liga mit Gewalt au- ihren Positionen an der montenegrinischen Grenze zu vertreiben; daß ferner die Liga den Krieg nicht nur gegen Montenegro, sondern auch gegen Griechenland beschlossen und der Türke» vie Integrität deS albanesischen Territorium- ge wissermaßen verbürgt hat und dafür von den türkischen Behörden nur die Versorgung mit Waffen und Munition begehrt. Bei diesen Mel dungen handelt es sich möglicherweise um türkische Enten. Der „Polit. Corresp." wird dagegen von der serbisch-bosnischen Grenze bestätigend gemeldet, daß Ejub Bei, ein Mitglied der alba nesischen Liga, mit mehreren Arnauten am 27. v. M. den Gouverneur von Novibazar, Hassan Pascha, überfiel und tödtcte. Hassan Pascha hatte wegen der zunehmenden Gährung unter den Ar- nauten de- dortigen Distriktes und wegen der für die Christen drohenden Gefahr die allgemeine Ent waffnung angeordnet. Man darf näheren Be richten mit Spannung entgegensetzen. lieber die Stellung des belgischen Ministe riums dem Vatikan gegenüber werden interessante Einzeluheiten gemeldet. Ja dem Erlasse de- Mi nister- der au-wärtigen Anaelegcnheiten an den belgischen Gesandten beim Vatikan betreffend den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zum päpst lichen Stuhle heißt es: „Die Aufrcchterhaltung der Gesandtschaft war möalich, ja sogar nützlich, so lange der Papst den Kämpfen fern blieb, die in Belgien von den Bischöfen gegen die Gesetze und nationalen Institutionen erregt wurden, und seine» Einfluß dazu verwandte, die Feindseligkeiten zu mildern. Die Aus rechter Haltung der Gesandtschaft wurde aber unmöglich von dem Augenblicke an, wo der Papst zum Widerstand« gegen vie StaatS- gesetze ermuthigte. Obwohl er mit angesehen batte, wie excefsiv und inopportun die von den Bischöfe« bezüglich des Schulgesetzes getroffenen Maßnahmen waren, giebt der Papst jetzt in Folge einer unbegreiflichen Aenderung seiner bisherigen Haltung den von den Bischöfen erlassenen Instruc tionen seine Zustimmung. Unter diesen Umständen hält e- die Regierung für ihre Pflicht, die Ge sandtschaft abzuberufcn " Im englischen Unterhause ist die Ange legenheit Bradlaugh zu einem vorläufigen Ab schluss« gekommen. D»e von dem Premierminister Gladstone Namen- der Regierung beantragte Resolution, nach welcher jedes Parlamentsmitglied, welche- Die- beansprucht, an Stelle de- Eide- eine den bestehenden Gesetzen für Quäker und andere Secten entsprechende Erklärung an EideSstatt ab- legen darf, ist vom Hause angenommen worden. Bradlaugh nahzn am Freitag, nachdem er eine Erklärung an EideSstatt abgegeben hatte, seinen Sitz im Hause ein. In Beantwortung der vom Deputirten O'Donoghue angekllndigten An frage erklärte Unterstaatssecretair Dilke, e- gebe keinen Präcedenzfall, wo einer fremden Ne gierung wegen Ausweisung von Jesuiten Vor stellungen gemacht worden seie». Auch habe kein britischer Unterthan, der von der durch die fran zösische Regierung verfügten AuSweisung-maßregel betroffen worden, bisher den Schutz seiner heimi schen Regierung nachgesucht. Auf eine Anfrage Richard - erwiderte Gladstone, über die jüngst erwähnten Versuche Lord Clarendon'- im Jahre 1870, den Beginn einer Abrüstung herbeizu führen, befinde sich im Auswärtigen Amte nur ein Schristenwcchfel mit Frankreich. Ueber den bezüg lichen Meinungsaustausch mit Deutschland sei kein Schriftenwechsel vorhanden, weil die Ange legenheit vermuthlich nicht amtlich verhandelt worden sei. Eine Vorlegung der Schriftstücke, die nur eine einseitige sei, empfehle sich daher um so weniger, als sie zu irrigen Schlußfolgerungen und polemischen Controversen führen könne. Neues Theater. Leipzig, 3. Juli. Seitdem L. Anzengruber mit dem Berliner Schillerpreis ausgezeichnet wor den ist, wendet man auch in Norddeutschland sei nen Dramen eine größere Aufmerksamkeit zu. Gleichwohl ist da- Lokalkolorit, welches selbst der Sprache eine durchgängige Dialektfärbung giebt, in ihnen so vorherrschend, daß diese Dramen bei un- immer fremdartig gemahnen oder nur jenen aparten Genuß gewähren werden, den die Liebhaber der Dialektpoesie an den verschiedenartig gefärbten Erzeugnissen derselben finden. Da- gestern zur Ausführung gebrachte Schauspiel de- österreichischen Bolk-dichters: „Der ledige Hof" steht hinter dem besten Drama des selben, dem „Pfarrer von Kirchfeld", wesentlich zurück. Der Hauptconflict könnte ebensogut in jedem Salonschauspiel zum Austrag kommen, der ländliche Hintergrund ist dafür zufällig. Wohl aber enthält da- Stück Scenen, die von einem markigen dramatischen Talent zeugen. Der Autor liebt überdies verwüstete Existenzen zu zeigen wie den Wurzelsepp, einen bäuerischen Narciß, und im „Ledigen Hof" die Therese Kamleitnerin, und diese Charaktere geben seinen Dichtungen einen genia len Zug. Das Stück ist schon früher, meisten- in derselben Besetzung, hier gegeben worden. Frau Geist» nger (Agnes Bernhofer) er freute unS durch die Darstellung der statt lichen stolzen Bäuerin, ihrer GefÜhlSkämpfe, ihrer Gewissensbisse: vorzüglich brachte sie die Herzensangst im Verlauf de- ganzen dritten ActeS und die wechselnden Gefühle bet de- todtgeglauk trefflich war Therese im zweiten Act. Diese wurde von Frau Western gespielt; wo eS scharfgezeichnete Frauen charaktere gilt, da ist diese Darstellerin immer an ihrem Platze. IhreTherese hatte einen gewissen ÜLut- oüt innerer Verwüstung, der durchaus pikant war. ieu war Herr Sommerstorf in der Rolle de- Leonhardt welcher er vor Allem ein tüchtige- Localcolorit verlieh, und Herr Conrad, der al- Schullehrer Waldner eine solide Charakterzeich« nu«g gab. Auch dies Stück kann an unserer Bühne immer nur als ein österreichischer Importartikel betrachtet werden, eine dauernde Stätte wird eS hier nicht finden. Rud. v. Gottschall. Musik. Carola-Theater. Einer so vortrefflichen Besetzung gegenüber wie der, mit welcher Lortzing'S komische Oper: „Der Wildschütz" am Freitag im Carola-Theater iu Scene ging, hat die Kritik nur äußerst wenig zn thun; sie kann sich darauf beschränken, allen Denen, die sich einmal von Herzen satt lachen wollen, den Besuch der, etwa noch stattfindenden Wieder- holunaen der Aufführung dringend zu empfehlen. Der Schulmeister BaculuS de- Herrn Kreny ist eine so packend komisch wirkende'Figur, daß es der etwa- grobkörnigen äußerlichen Reizmittel wie de- Experiment- mit der Schnupftabakdose wahr haftig nicht bedarf, um die Lacher zu gewinnen. Auch ohne diese Lazzi erhält Herr Freny unsere Lachmuskeln ziemlich ununterbrochen im Gange. Dabei wird er von Frau Lißmanu-Gutzschbach (Grelchen, seine Braut) in wirksamster Weise unterstützt, so daß auch diese Partie kaum besser zu besetzen sein dürfte. Auch der unverwüstliche Humor und die frische, fröhliche Gesang-weise de« Fräulein Wiedermann dürften kaum ein bessere- Theaterseld finden als da- der Baronin Frei mann, ebenso wie auch Frau Egli wohl kaum Gesicht eine Partie hat, die ihr besser zu steht als die ! Par... v-., Gräfin von Everbach. Einen" bildsaubern Stubeu- burschen giebt Frl. Kalmann, und Herr Liß- mann'S Gras von Eberbach ist in Spiel und Ge sang eine ebenso ausgezeichnete als wirksame Leistung. Herr Sedlmeyer, der den Baron Kronthal gab, hat gute Mittel — sein Tenor ist namentlich in der Höhe sehr auSaiebig — und entschieden auch Begabung; doch ist sein Gesang und besonders sein Dialog noch mit gewissen be rechtigten Stamme-eigenthümlichkeiten behaftet, die, auf der Bühne besonder-, die gute Wirkung etwa- beeinträchtigen. Da ferner auch Herr Ockert der den Haushofmeister PanckratiuS mit viel Humor spielte und Chor und Orchester an der ganzen Ausführung mit Feuer und Präcision sich vethei-
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