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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.09.1870
- Erscheinungsdatum
- 1870-09-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187009043
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18700904
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18700904
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1870
- Monat1870-09
- Tag1870-09-04
- Monat1870-09
- Jahr1870
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.09.1870
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7910 Internatio««1er HAfsverrtn. Die große Aufgabe der freiwilligen Krankenpflege wird von der Bevölkerung in steig steigendem Maße erfaßt. Wohin man blickt, überall regen sich die Hände zur Hülfe, überall eifrige werk« thätige Theiluahme. Freilich der Reiz unmittelbar zu geben, zu sehen, wie die Gabe wirkt, wie sie erlischt und tröstet, da- Alle- fällt fort, wo die Organisation sich zwischen Geber und Empfänger schiebt ; allein um so größer ist der Werth der Hülfe, die ihren Lohn nur in dem Bewußtsein der guten That findet und nicht begehrt, durch die Freude dlS Empfänger- sich bezahlt zu machen. Will man die Tüchtigkeit eine- Volke- beurtheilen, so handelt eS sich vor allen Dingen darum, wie groß die Opfer und Lasten sind, welche die Einzelnen sich freiwillig aufbürdeu in dem Be wußtsein, für da- allgemeine Beste zu wirken. Prüft man von dieser Seite her da- deutsche Volk, jetzt, wo ein großer Krieg zur Entfaltung aller HülfSunttel treibt, so dürfen wir ohne Selbst überhebung sagen, daß sich ein reicher Schatz von verstäudnißvoller Thatkraft m ihm offenbart. Die ausgezeichnete Armeeverwaltung hat uns > bislang !vou jeder der früher unvermeidlichen Folgen eine- Kriege- frei gehalten, e- ist nicht einmal ein» neanenSwerthe Teuerung der Leben-mittel eivgetreten, wie da- in jenen Theilen Deutschland-, welche in unmittelbarer Nähe de- Krieg-schauplatze- liegen, unumgänglich war. Um un- blickend könnten wir glauben, wir lebten in tiefem Frieden. Um so erfreulicher ist e-, daß zu keiner Zeit da- Bewußtsein in un- geschwächt wird, daß wir unS in einem Kriege der traurigsten Ausdehnung befinden, daß Tau send und Abertausend zu un- um Hülfe auSblicken, auch wenn ihr Elend nicht unmittelbar vor unfern Augen liegt; daß eS un sere Pflicht, ja unser Recht ist zu helfen, ein Jeder nach seiner Kraft! Nicht die Größe der Gabe ist eS, waS entscheidet. Ge rade die kleinen Opfer der Liebe, die in unermüdlicher Ausdauer wieder und wieder gebracht werden, die gleich zahllosen Wasser- tropfen schließlich den Strom bilden, sie sind eS, in denen der Ernst und die Hingebung sich am deutlichste» abspiegelt, weil sie von der Nöthigung drS Augenblicks am unabhängigsten sind. Jene kleinen Vereinigungen, die im engen Kreis, und wäre eS auch nur durch Pfenuigsammluvg, rastlo- Mittel ausbcingen, sie schaffen verhältnißmäßia da- Größte. Hat doch beispielsweise der Leipziger Sockenverein bereit- 5V0 Paar Strümpfe als erste Lie ferung an unS gelangen lassen. Liefern doch die Restaurationen der Herren Grün und Blöding unauSgrsetzt namhafte Wochen beiträge auS ihren unscheinbaren Sammelbüchsen. Unlängst sagten wir, daß von auSwärlS die Beiträge spärlich fließen; daS freuen wir unS heute zmücknehmen zu können. . Chemnitz und Plauen haben reiche Sendung namentlich von Verbandzeug und Kleidungsstücken an unS gelangen lassen. Wie willkommen Leinwand ist, kann man leicht daraus entnehmen, daß wir verpflichtet sind, stet- 4500 Hemden vorräthig za haben. — Borna hat schon über 700 Thlr. eingezahlt ; die Gemeindevor stände der Landgemeinden kommen mit verhältnißmäßig großen Beiträgen. Wohin wir blicken, überall die gleich» Bereitwilligkeit, die Schmerzen zu lindern, die der grause Krieg unS brachte. Hat doch neulich sogar der holländische Spediteur, der un- eine Kiste auS London zufertigt«, seine Gebühren gestrichen! Wir brauche» nicht zu rufen: „Ermüdet nicht!" Tagesgeschichtliche Ueberficht. Die Feder ist kaum im Stande, dem furchtbar raschen Gange der Ereignisse zu folgen; die große» Thaten de- deutschen HeereS überstürzen sich geradezu in so außerordentlicher Weise, daß e- schwer wird, den richtigen Ueberblick über diesäben zu gewinnen. Seit dem 29. de- vorigen Monat- hatten wir Siege üver Siege zu berichten ; da- letzte gewaltige Ringen der in eiserner Um armung de- Gegner- ächzenden Reste de- französischen Heere- zur Gewinnung der Freiheit endete stet- mit entschiedenen Niederlagen, und als da- letzte Ergebuiß dieser Kämpfe kommt unS heute die großartigste Siegesbotschaft, die wir nur erwarte» konnten) da- französische Heer hat capitulirt, der Kaiser Napoleon selbst hat sich dem Sieger mit ergeben. Unter dem Eindruck« dieser Ereignisse ist e- schlechthin un möglich, in ruhiger Forschung de» Einzelheiten der KriegSthateu der letzten Tage nachzufpüren; da- Herz möchte jedem Deutschen zerspringen angesichts der glänzendsten Erfolge deutscher Waffe«, welche die Geschichte unseres Volke- je zu verzeichne« hatte. Wir müssen de-halb unsere Leser bitten, für heute mit der bloßen Mritheiluug der bi- jetzt eingelaufeueu telegraphischen Nachrichten sich zu begnügen. Dieselben lauten: Malancourt, 1. September, 8 Uhr 40 Min. Nachmittag-. Seit gestern, 31. August, br-beute, 1. September Mittag-, sechö- unddreißigstündige siegreiche Schlacht unter dem Prinzen Friedrich Karl bei No fseville. Versuch de- Marschall Bazaine durchzu brechen und im freien Felde zu operirev. Durch da- 1. Armee- CorpS, mit Hülfe de- 9. und der Division Kummer, zurück- geschlagen. 1. September Mittag-: Rückzug de- Feinde- in di» Festung Metz. Makaneourl, L. September, 11 Uhr -0 Mi». Vorut. Vom Morgen de- 31. August bi- Mittag de- 1. September hat Marschall Bazaine fast unausgesetzt versucht, mit mehreren EorpS auS Metz nach Norden durchzubrecheu. Unter Oberbefehl de- Privzrn Friedrich Karl hat General von Manteuffel alle diese Versuche in ruhmvollen Kämpfen, die in dem Namen Schlacht bei Noifseville zusammenzufaffea, zurückgeschlageu. Der Feind wiederum in die Festung zurückgeworfen. Au den Gefechten waren betheiligt da- 1. Armee-Corp-, daS 9. Armee-CorpS, die Division Kummer (L.nie und Landwehr) und die 28. Infanterie-Brigade. Die Hauptgefechte fanden um Servigvh, Noifseville und Retonfay statt. Nächtliche Uebei fälle wurden mit ostpreußischen Kolben und Bajonetten zurückgewuseu. Unser» hierfür verhältnißmäßig nicht sehr großen Verluste noch nicht z« übersetz«, die de- Feinde- sehr bedeutend. General v. Stiehle. (Servigvtz — 386 Einw. — und NoiffeviGe — 270 Einw. — liege» etwa eine Meile östlich von Metz am Unken Moselufer, Noifseville eine Vrettelmeile südlich von Servignh. Eine Fünftel meile weiter östlich zwischen Servigvh und Noifseville liegt Re- tonfah. 416 Einw. Malancourt gehört zu MontoiS-la-Montagne nordwestlich von Metz bei Brietz) .AuS Sedan, 2. September V,2 Uhr Nachmittag-. Die Capitulation, wodurch die ganze Armee in Sedan krieg-gefang-n, ist soeben mit General Wimpffen geschlossen, der an Stelle de- verwundeten Marschall- Mac Mahon da- Commando führt. Der Kaffer hat sich selbst mir ergebe», da rr da- Commando nicht führt und Alle- der Regentschaft in Pari- überläßt. Seinen Aufenthaltsort werde ich bestimmen, nachdem ich ihn gesprochen habe in einem Rendezvous, da- sofort stattfindet. Welch' eine Wendung durch Gotte- Führung! Wilhelm. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" sagt in einem Leit artikel über die Bürgschaften und Entschädigungen, welche Frankreich »othwendiger Weise dem deutschen Volke geben müsse, u. A. Folgendes: „WaS gedächte man unS denn anzubieten als Sühne dieser Schuld, wenn von Rückerstattung allen Länderraube- nicht geredet werden soll? Auf diese Frage hätten wir gern die Antwort. Aber nicht komme man uns mit dem Angebot de- DyuastiewechselS ES ist unS gleichgültig, wer in Frankreich herrscht. Wollen die Franzosen diesen Napoleon behalten — dabeant sidi; wir beneiden sie nicht darum. Und nicht lege man den Schwerpunkt auf die Erstattung der KriegS- kosten. Die versteht sich bei diesem Kriege von selbst; im Uebrigen aber sind alle Schätze deS „reichen" Frankreich- zu werthloS, um un- einen Ersatz zu bieten für daS, waS wir opfern müssen, um unS de- französischen MuihwillenS zu erwchren. Denn wir sind kein Volk, da- de- Spaß.S, der Abwechslung wegen in den Krieg zieht, und noch weniger halten wir unS Gladiatoren, die in die Arena steigen, um die Nerven blasirter Zuschauer zu kitzeln und deren Applaus zu erringen. Wer eS noch nicht wissen sollte, der wisse eS von nun an: WaS da kämpft und stirbt und siegt für da- deutsche Recht und deutsche Ehre, da- ist keine Band« abenteuernder enkants xeräus, da- ist die hoffnungsvolle Blüthe und die gesegnete Frucht deS deutschen Volke-; da- ist Reich und Arm, Hoch und Niedrig, Körpnkraft und Intelligenz; da- find die Träger unserer Cultur, die Schöpfer unsere« Wohlstände-. Der schwang den Hammer der Werkstatt, Der war der Leiter einer Fabrik; Dieser ein Student, Jener ein Professor; Der ei» Handel-Herr, Dieser sein Gehülfe; ein Gutsbesitzer Dieser, Jener sein Tagelöhner; Der ein Bauer, Dieser ein Winzer. Die Einen Jünglinge — unsere Söhne, unsere Brüder; die Anderen Män ner — Gatten, VL'er, ihrer Familien Ernährer. Und diese- Heer, tapfer und treu wie k ine-, unser höchster Stolz, der Ge genstand unserer Liebe und — unserer Sorge. Und de-halb köaven wir nicht Krieg führen zum Spaß oder der Abwechselung wegen; de-halb könne» wir nicht Krieg führen um ein leere- Wort wie „1a gloire"; deshalb jubeln wir nicht in tollem Taumel, wenn der Ruf: „zu den Waffen" erschallt; de-halb find wir friedlich trotz unserer Stärke; de-halb müssen wir Vorbeugen, mit allen Mittel», die der Go t der Gerechtigkeit in unsere Hand gegeben, damit wir über- Jahr nicht wieder zum Krieg gezwungen sind; de-halb sind wir verpflichtet, als Ersatz unserer Opfer eine wahre materielle Bürgschaft de- Frieden- zu gewinnen. Sie hätten Frieden mit uv- haben können Jahrhunderte lang, die Franzosen. Sie haben den Krieg gewollt; leichtfertig, frivol, frevelhaft. Und weil unsere Armee so kostbar ist wie reine andere, de-halb können wir nicht in da- Belieben der Leicht fertigkeit, der Frivolität, de- Frevel- — nicht in da- Belieben der Franzosen können wir e- sttllen, ob ihnen »ach kurzer Frist ein »euer Krieg gefalle. Sie siad — Gott bessere'- — unsere Nachbarn und de-halb muß da- leichtfertige Volk de- Demi- mondethnm- fühlbar erkennen, welch schwere, ernste Sach« für urö der Krieg ist; dann wird ihnen hoffentlich die Lust vergehen, diesen Ernst der deutschen Waffen »och einmal zu erproben." Die „Krieg-zeituug" zieht au- den schon miraetheilte» Tele grammen vom Kriegsschauplatz folgende- Facit: Unsere von Süden «ach Norden -egen die endlich fixirt» Stellung Mae Mahon- an;
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