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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.08.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-08-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188008093
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18800809
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18800809
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
- Monat1880-08
- Tag1880-08-09
- Monat1880-08
- Jahr1880
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.08.1880
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Erscheint tL-Uch früh 6^/. Uhr. »»> LepesUi«» JohauuiSgaste »8. der »rtattts»: vormittags 10—12 Uhr. Nachmittags 4—S Uhr. pür »te «ückzalx «n,chuidtrr «an», »acht fich dte «edactto» utcht Annadme der für dte nächst folgende Nummer bestimmte« Inserate au «ochenta-en bis 8 Uhr Nachmittags, a» Sonu- «ud Festtage« früh bi» '/,S Uhr. La »r> FUtale« sie Jas.-Lunch«,: Otto Klemm, UnioerMtSstr. 22, LoutS Lösche, Katharinenstr. 18,p. «ur bis '/H Uhr. KiPMtr.TaMM Anzeiger. Organ für Politik. Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Auflage 16.15S. Ah„»rae«t»orrtr viertelt. iucl. vringerlohn L Mt, durch die Post bezogen 6 «k. Jede einzelne Nummer 28 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilage» ohne Postbefvrderuug 89 AL Mit Postbeförderung 48 Mt. Jaser^e ügesp. Petitzeile 20 Pf. Größere «Schrift«, laut aufero» PreiSverzeichniß. -LabeLarilch« Latz »ach höhere» Larif. »ectaae« aater ve» »rdattioaeßchh die Spaltzeile 4» Pf. Inserate sind stets »» d. «epevitt», z» smden. — Rabatt »ird nicht gegeben. Zahlung pr»«,n>»«aavS» oder durch Postvorfchuß. L47. Montag den 9. August 1880. 74. Jahrgang. Bekanntmachung. Wiederholt« Untersuchungen haben ergeben, daß bleierne Wafferleitunasrohre, wenn sie in feuchtem Boden mit Kalk oder Cement in direkte Verbindung kommen, hierdurch in kurzer Zeit beschädigt oder gar zerstört werden. Wir haben daher bereit- seit längerer Zeit die Einrichtung getroffen, daß bei der durch unS zu bewirken den Ausführung der Privatwafserableitungen auf den Straßen bi- Hur Grenze der damit zu versehenden Grundstücke je nach der Beschaffenheit de- Boden- eine besondere Sandbettung für die Bleirohre herge- stellt wird. Da aber die oben erwähnten Beschädigungen der Bleirohre erfahrungsmäßig auch im Innern der Grund stücke Vorkommen, so wird den zur Ausführung von Wafferrohrlettungen und Wafseranlagen in Privatgrund stücken berechtigten Gewerbtreibenden hierdurch Folgendes vorgeschrieben: 1) Auf dem Boden der Baugrube und insbesondere unmittelbar um die einzulegenden Bleirohre dürfen weder Bauschutt noch Kalk- oder Cementabfälle gebracht werden. L) Soweit die Bleirohre in den Boden zu liegen kommen, sind sie mit einer völlig reinen circa 10 Centimeter starken Schicht gewachsenen Bodens oder WaffersandeS zu umgeben. Zuwiderhandlungen gegen diese Borschrrften werden mit Geldstrafe bis zu 75 X bestraft, auch wird den Betreffenden eventuell die Erlaubniß zur Ausführung von Wafferrohrlettungen und Wafseranlagen entzogen werden. Leipzig, den L. August 1880. Der «ath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. vr. Wangemann. PotMschk lltbrrsicht. Leipzig, 6. August. Unleugbar verdient die Persönlichkeit deSStatt - Halter- von Elsaß-Lothringen in vielen Beziehungen warme Sympathien und hat dieselben im Reichslande wirklich gewonnen. Aber man darf nicht vergessen, daß der Feldmarschall v. Man teuffel wiederholt als der Candidat der extremen konservativen gegen den Fürsten Reichs kanzler gegolten hat, unv daß er sich mit seinen Anschauungen Uber da» Verhältniß von Kirche und Staat durchaus auf dem Boden der dem Centrum am nächsten stehenden Conservativen be findet. Daher entstand bei dem Ausscheiden dr um die Organisirung Elsaß-Lothringen- so ver dienten Staatssekretärs Herzog die lebhafte Be sorgnis eS werde dem Einfluß der dortigen außer- olduiUlch rührigen Ultramontanen, die mit ihrem ganzen Herzen Frankreich, wenn auch nicht den Freunden Gambetta'S, zugewandt sind, Thür und Thor geöffnet werden. Die Wiederherstellung des Knabenseminars zu Zillisheim und der dem Fran- rösischen im LanveSauSschuß gewährte allzubreite Raum bekundeten eine sehr große Nachgiebigkeit gegen die offenen und heimlichen Feinde deS deut schen Wesens in Elsaß, welche dadurch doch nicht zu gewinnen sind. Nun kann sich auch die „Post", obgleich sie die Gelegenheit bei den Haaren her beizieht, den früher von ihr gepriesenen Staats« minister Delbrück, besten Schule Herr Herzog angehöre, als einen engherzigen Bureaukraten zu bezeichnen, schwerer Bedenken Uber da- Regiment de- Herrn Statthalters nicht entschlagen. Gewiß ist das Streben desselben, Elsaß-Lothringen mög lichst im Einverständniß mit dem LandeöauSschuß zu verwalten, anerkennenSwerth, aber der Ausschuß „strebt offenbar die Beseitigung deS deutschen Schulsystems durch das bis 1870 herrschende fran zösische an". Nach demselben war die Geistlichkeit die eigentliche Herrin der Schule. ES wäre erfreu lich, wenn man in dem Artikel der „Post", wie die „Germania" annimmt, eine ofsiciöse Mahnung an den Statthalter erblicken dürfte. Ein Wiener Correspondent der „Bohemia" theilt mit, daß auch Baiern einen gewissen An- theil an der Berliner Conferenz nahm. Baiern hat nämlich noch aus König Otto'- Zeiten, wo eS Griechenland mit Vorschüssen aushalf, rechtsgültige Forderungen an da- König reich, Uber welche rechtsgültige, von hellenischen Gesandten und Ministern contrasignirte Urkunden existiren und für die ausdrücklich nicht eine Dynastie, sondern „Griechenland" überhaupt Schuldner ist. Während der Berliner Conferenz überraschte nun Fürst BiSmarck auf Ansuchen Baiern- die griechischen Gesandten Rhangabe und BrailaS mit der Aufforderung, endlich diese Angelegenheit zu ordnen, da säumige Schuldner kein Anrecht auf Europa- Sympathien hätten. Die griechischen Diplomaten gelobten, sofort ihre Regierung zur Austragung der Affaire zu vermögen, doch ist bl- her nichts Über eine Austragung bekannt, immer., hin hofft mau aber, wenigsten- einen Theil de alten Debet- hereinzubringen. Hand in Hand mit dem Kampf gegen die deutsche Sprache in Oesterreich geht jetzt die Hetze der Czechen gegen die deutschen Beamten. Die czechischen Organe drängen wieder einmal die Regierung, den Beamtenstand endlich zu „purificiren", die centralistisch gesinnten Beamten „auSzumerzen" und die betreffenden Stellen mit Czechen zu besetzen. Mit diesen Forderungen zeigen die Czechen so deutlich wie kaum auf einem anderen Gebiete da- Ungerechte und Unbegründete ihrer Strebungen, denn gar keine Nationalität in Oester reich, auch nicht die deutsche, stellt auch nur an nähernd ein so große- Contingent für sämmtliche Aemter deS Staate-, wie gerade die czechische. Wollte man die Aemter „purificiren" und eine gerechte Bertheilung der Stellen unter den Mit gliedern aller Nationalitäten vornehmen, zahllose „Angehörige der czechischen Nation" müßten ver jagt werden. Ist Gladstone's politischer Stern wirklich im Verblüffen oder wird er nur von vorübergehenden Wolken beschattet? Zu den Niederlagen des jetzigen CabinetS hat sich eine neue gesellt. An derselben Stelle, an welcher bei dem jüngsten großen Wahlkampf in England daS erste glänzende Siegeszeichen der Gladstoneaner aufgerichtet wurde, flattert heute triumphirend da- Banner der Con servativen: Liverpool ist bei der Nachwahl von den Conservativen zurückerobert worden. Lord Claud Hamilton, der Candidat der TorieS, erhielt 2l,019 Stimmen, Plimsoll, der liberale Vertreter, nur 19,118 Stimmen. Wenn man erwägt, mit welchem Aufwand von Kraft von beiden Seiten gerade in Liverpool gekämpft wurde, wenn man in Rechnung zieht, daß in der Hafen stadt Liverpool, wo die Dockarbeiter, SchrffS- leute rc. einen überaus starken und bei der Wahl gewichtigen Bruchtheil der Bevölkerung abgeben, selbst der berühmte von dem Seevolk vergötterte „Matrosenfreund" Plimsoll nicht vermochte, die Niederlage der Liberalen zu verhindern — dann muß dieser konservative Wahlsieg um so bedeutender erscheinen. Die Politik Gladstone's findet in Oester reich sehr abfällige Beurtheilung. So schreibt die „Neue Freie Presse": „Heute sind die Russen, welche die Politik Gladstone's mit wahrer Her zensfreude unterstützen, die besten Freunde und Anwälte derselben. Der neueste Artikel deS „Bereg", worin wir angegriffen werden, weil wir nicht mit dem England Gladstone's sympathisiren, ist ein drastische- Zeichen der Zeit. Ein englischer Premier, der von einem russischen Blatte verthei- thigt wird, ist eine so merkwürdige Erscheinung, daß man in England selbst darüber wohl stutzff werden und sich fragen muß, ob ein Staatsmann de» der unermüdliche Rivale des britischen Reiches im Orient preist und unterstützt, den Interessen de- eigenen Lande- gerecht wird. In Ruß land fürchtet man nichts so sehr, als den Sturz de» jetzigen englischen Ministerium-, da- man in Bezug auf die Türkei als einen sicheren Verbündeten betrachtet. Das ist ein ge nügender Grund für uns, den Fall Gladstone's zu wünschen. Mehr Unruhe und Besorgniß hat noch selten ein Minister der Welt verursacht als er, und wenn er morgen vom Schauplatze seiner Thätigkeit verschwinden sollte, so würde Europa erleichtert aufathmen. Oesterreich zumal hat allen Grund, ein balvigeS Ende der Gladstone'schcn Regierung hcrbeizusehncn, denn eS kann unS nicht gleichgültig sein, daß ein ausgesprochener Feind unserer Monarchie die höchste Stelle in einem Staate bekleidet, mit dem wir durch alte Erin nerungen und Interessen verknüpft sind. Auf dem Gebiete deS Handels wird England, wir wissen e- wohl, immer unser Nebenbuhler im Oriente bleiben, aber auf dem Felde der Politik soll Eng land mit un- gehen, und da- kann eS nur, wenn Gladstone nicht mehr Premier ist." Auch Frankreich- Verhältniß zu England scheint einen förmlichen ZersetzungSproceß durchzu machen, und der „TempS", da- Organ deS Herrn vonFreycinet, sendet förmliche Kriegserklärungen über den Canal. „Auf dem Congreß", sagt das genannte Blatt heute, „glaubte Frankreich für die cultivirteu Griechen sprechen und ihnen einen Anthei an'dem türkischen Erbe sichern zu müssen. Europa, der Führung Lord Beaco»Sfield'S folgend, verweigerte es aber, für Griechenland eine bestimmte Grenze sestzufetzen. Jetzt, nachdem die Pforte zwei Jahre Zeit hatte, ihren Widerstand vorzubereiten, wechseln in England das Cabinet und die Politik und schlägt erster-- die Anwendung von Gewalt vor Frankreich widerstrebt; eS will wohl jetzt, ebenso wie vorher, den Griechen den ihnen gehörigen Antheil de- türkischen Erbe- zuwenden, aber mch durch Waffengewalt. Frankruch weiß, waS e- will. ES verweigert ein Unternehmen von Aden teuern, deren Zweck e- nicht klar erkannt hat und )urch die e- über da- vorgesteckte Ziel hinausge- ührt werden könnte. Seine Soldaten sind da, um seine eigenen, nicht Montenegros oder Griechen land- Grenze zu vertheidigen." Offenbar will sich Frankreich nicht als „Soldat Englands" zebrauchen lasten. Der St. Petersburger Correspondent deS „Standard" erfährt, daß die russische Regie rung die Herstellung von zehn Klippern beschlossen hat, deren eine Hälfte in Amerika und die andere m England und Deutschland gebaut werden sollen. Dieselben sollen au- Holz und Eisen hergestellt werden, eine Geschwindigkeit von 16 Knoten be sitzen und je ein schwere- Geschütz nebst Gatling- kanonen und Torpedo- führen. Wenn die an fänglich im Auge gehabte Anzahl berzustellender Schiffe ansehnlich beschränkt worden sei, so müsse dies auf die Thatsache zurUckgeführt werden, daß die „Livadia" nicht weniger als vier Millionen Rubel von der Summe verschlungen habe, welche ursprünglich für KriegSkreuzer ausgeworfen gewesen. Nach einem Telegramm des Oberbefehlshabers der kaukasischen Armee auS BorchsoSk vom 30. Juli bringt der russische „Invalide" Fol gendes : „General Skobeleff berichtet auS Bami, daß er am 1. Juli mit emer leichten Colonne von 3 Compagnien, 100 Kosaken, 4 Kartätschen- und Raketenbatterren auS Bami auf dem Wege nach Geok-Tepe eine RecognoScirung unter nommen, um die Stärke und Stellung der Tekinzen kennen zu lernen. Nach einigen Zu sammenstößen der Avantgarde mit der feindlichen Cavallerie bei Artschmann, Durun und Ak-Kale bat die Colonne am 5. Ekjan und Batir-Kale besetzt. Hier einen vorläufigen WiderstandSpunct bildend, setzte der General seinen Marsch mit dem größeren Theile der Colonne fort, um die Gruppe der Avis Dengi'-- und Geok-Tepe zu recoanoS- ciren. Von einer beträchtlichen feindlichen Cavallerie- truppe empfangen, rückten unsere Truppen bis auf 1000 Schritt vor die äußeren Befestigungen der genannten Aul»; dieselben wurden recognoScirt und ein Plan ausgenommen, worauf um 1 Uhr Nachmittags der Rückzug erfolgte. Ungeachtet der wiederholten Angriffe der feindlichen Infanterie und Reiterei während der RecognoScirung, erreichte die Colonne am Abend Ekjan und Batir-Kale fast ohne Verlust, schlug am 7. einen neuen Angriff de- Feindes zurück und rückte am 10. wieder in Bami ein, nachdem cs derselben gelungen war, die Getreidevorräthe und die Saat auf den Feldern vieler AulS zu vernichten. Wir haben bei dieser neuntägigen Expedition nur 3 Todte und 8 Ver wundete gehabt. Der materielle Verlust der Feinde durch Vernichtung der Vorrälhe, wo gegenwärtig vor Geok-Tepe 10,000 Tekinzen und 700 Merwer stehen, ist von großer Wichtigkeit, der Mangel an Provision wird bereits fühlbar. In den Treffen vom 6. und 7. sollen einige Anführer tekinzischer und mer Wischer Geschlechter gefallen sein." Neues Theater. Leipzig, 8. August. DaS neue Mitglied unserer Bühne, Herr Adolf MyliuS, bisher beim Wiener Stadt-Theater, debutirte gestern in derselben Nolle, in welcher er sich kürzlich wäh rend seines Gastspiels hier äußerst Vvrtheilhaft präsentirt hatte: alS Uriel Acosta in Gutz kow's gleichnamiger Tragödie. War die damalige mit großem Beifall aufgenommene Leistung dieses Künstlers schon eine ungewöhnliche und für sein hiesiges Engagement bestimmende, so verdient die gestrige Charaktergestaltung als eine Darstellung ersten Ranges bezeichnet zu werden, als eine tief durch dachte,fein und sauber durchgearbeiteteKunstschöpsung, die für die Folge zu den höchsten Erwartungen be rechtigt. Bereits tm ersten Acte zeigte Herr My liuS sowohl in der Auffassung wie in der Behand lung seiner Aufgabe, daß er ein denkender und selbstständig schaffender Künstler ist, der mit seiner Person unv seinem hervorragenden Talent ganz in seiner Rolle aufgeht, sich mit derselben idcnlificirt, sie nicht bloS spielt, sondern durchlebt. In den nächsten Aufzügen schien eS zwar, als ob er im AuSvruck starken GemitthSaffectS in Gefahr sei, sich künstlerisch zu rasch „auszugeben"; indcß, die Sce- nen leidenschaftlichster Erregung im vierten und fünften Act zeigten, daß Herr MyliuS über Mittel verfügt, die ihn befähigen, in der Interpretation von vornherein grandios aufmtreten. Sein Uriel Acosta war durchaus im großen Stil gehalten als eine genial angelegte Natur, welche sowohl die zartesten Saiten deS Herzen- durch Innigkeit der Empfindung im Ton vibriren zu machen, wie den Geist deS Denker» zu entflammen und mit sich in höhere Regionen fortzureißen versteht. Groß im Denken und Empfinden, war und blieb dieser Acosta doch immer ein Mensch, auch mit großen menschlichen Schwächen. Und hier liegt die Klippe, an welcher so manche Darstellung scheitert, während die gestrige dieselbe sehr geschickt zu umgehen wußte. Nach dieser Leistung zu urtheilen, dürfte Herr MyliuS auch ein Faustdarsteller par eroeUellos sein und al- solcher eine fühlbare Lücke an unserer Bühne ganz ausfüllen. Neben ihm zeichnete sich Herr vr. August Förster m der vou ihm gestern hier zum ersten Mal gespielten Rolle des De Silva auS, den er meisterhaft charakterifirte. Mit weiser Mäßigung und doch großer Lebendig keit zeichnete er diesen Gelehrten Strich für Strich, ließ die Gedankenblitze des himmelstürmenden Acosta von Zeit zu Zeit in ihm aufleuchten, verlieh ihm Gemüth und Würde und gestaltete ihn so sein und so wahr, daß er als eine in fich abgeschlossene vollendete Kunstleistung den allge meinsten Beifall fand. Neu besetzt waren fer ner die Rollen der Judith durch Fräulein Satran, de» Rabbi den Akiba durch Herrn Johanne- und deS kleinen Spinoza durch Frl. Butze. Diese Darsteller sowohl wie Herr Ellmenreich als Ben Joachi, Herr Pohl al- Manaffe, Frau Schubert als Esther und Herr Ulbrich als Rabbiner lösten ihre Aufgaben in durchaus befriedigender Weise. Besondere Anerkennung aber verdienen unter ihnen Frl. Satran für ihre poesievolle anmuthige Judith- Repräsentation und Herr Johanne-, der den alten Weisen vorzüglich spielte. Die Gesammtvorstellung wurde mit dem lebhaftesten Applaus ausgenommen. Th. Stromer. vermischtes. — Die seit längerer Zeit schwebende Angelegen heit wegen Erbauung eines Museum- für ethno logische, prähistorische und anthropologische Sammlungen in Berlin ist dieser Tag« definitiv dahin entschieden, daß noch im Herbst diestr- Jahres die FundamentirungS - Arbeiten zu de« Bau beginnen sollen. Derselbe wird seinen Platz in der Königgrätzerstraße in der Nähe deS Ge werbemuseums erhalten. — Der mit deutschen Ausstellung»- gütern befrachtete Dampfer „Europa" ist am 1. diese- Monat- in Melbourne eingetroffen. — lieber einen Fluchtversuch auS dem Stadt- voigteigefängniß zu Berlin wird Nachstehende» berichtet: In der Nacht vom Mittwoch zum Don nerstag versuchten 6 schwere Verbrecher, die auf der 23. Station internirt waren, auS ihrer Zelle auszubrechen. Sie hatten bereits ein Loch durch die Mauer, welche nach dem Kröge! zuführt, ge brochen, daS bequem 2 Personen zu gleicher Zeit einen Ausweg bieten konnte, als der wachthabende Aufseher den Fluchtversuch entdeckte und Lärm schlug. Die Ausbrecher wurden sofort unter siche ren Verschluß gebracht. Sie müssen für ihren AuSbruch schon längere Zeit vorgearbeitet haben, und ist es räthselhast, wie dies so lange uneut- deckt bleiben konnte. — Am Freitag Nachmittag gegen 3 Uhr explo- dirte im Keller der „Stadt Hamburg" zu Halle unter lautem Knall ein Ballon Gasolin, durch welchen der in dem Keller beschäftigte Wcin- küfer und zwei Arbeiter, sowie ein tm Nebenraume beschäftigter Kellner arg verbrannt wurden, so daß deren sofortige Uebersührung nach der Klinik ei- folgcn mußte. Der Fußboden des Speisefaales ist durch die Explosion in die Höhe gehoben und sind arge Vernichtungen in demselben angerichtet. Den an der Tafel speisenden Fremden flogen die GlaS- splitter der Fensterscheibe« um die Köpfe, doch sind Verwundungen hier glücklicher Weise nicht zu be klagen. — Ein schrecklicher Unglücksfall ereignete sich in Groß ward ein beim Baue der Tenkecc Brücke. Um die äußersten Brückenpfeiler wurde eine tiefe Grube gegraben und hierbei die Erde so ungeschickt ausgeschüttet. daß die ganze aus- gegrabene Maste emstürzte, sechs Menschen begrub und zwei gefährlich verwundete. Da die Schuld an dem Unglücke den Bauunternehmer trifft, wurde gegen denselben die Strafuntersuchung emgeleitct. — Zerrüttete Vermögen-Verhältnisse waren Ursache, daß ein Wiener Gelehrter von Ruf u dem verzweifelten Eotschluste gebracht worden, einem Lebe» am 2. August ein freiwillige- Ende u machen. Karl Ritter von Hauer, k. k. isterreichischer Bergrath und Vorstand de- chemi- chen Laboratoriums an der chemischen ReichSan- ialt, Mitglied der naturwissenschaftlichen Gesell- chaft, der Bruder de» Direktors genannter Anstalt, de- HofratheS vr Franz Ritter v. Hauer, hat sich am genannten Tage durch Genuß von Cyanrali vergiftet. Zur gewohnten Stunde war der Berg? rath auS feiner Wohnung nach dem Labora torium der Geologischen Reichsanstalt gekommeu und kein Anzeichen verrieth seinem langjährigen Diener, mit welch verzweifeltem Entschlüsse sich sein Vorgesetzter trage; denn durch beinahe zwei Stunden beschäftigte sich der Bergrath mit verschiedenen chemischen Experimenten, welche
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