I. S. Vachs Bearbeitung der NissL sine nomine von Palestrina. Don Nr. Karl Gustav Fellerer (Münster i. W.). Eine eigenartige Erscheinung in der Kirchenmusik des 18. Jahr hunderts ist das Weiterwirkcn der altklassischen Polyphonie*). Die stilistische Einstellung der Musik des 18. Jahrhunderts ist der des 16. so völlig entgegen gesetzt, daß die Nachahmung des alten poly- lyphoncn Satzes bestimmende Stilmerkmale umbilden mußte. Schon im 17. Jahrhundert zweigen zwei Stilrichtungen von der altklassischen Polyphonie ab: der stile antico, der sich möglichst eng an die strengen Prinzipien deS alten Satzes zu halten sucht, und der Stile misto, der diese alten Stilprinzipicn mit denen des Stile moäerno zu einer neuen Einheit verschmilzt. Der wesentliche Unter schied beider Richtungen, auch des stile anttco, von der Musik des 16. Jahrhunderts liegt weniger in äußeren Stilmerkmale als in der ganzen inneren Einstellung. Der „Affekt" des 18. Jahrhunderts ist etwas ganz neues, was mit der musieu poetica und musica reservata des 16. Jahrhunderts wenig zu tun hat und sich erst bei der Stilwendc um 1600 herausbildete. Wenn also das 18. Jahr hundert in einer Richtung seiner Kirchenmusik aus die Kunst des 16. zurück griff, so stand cS vor der schwierigen Aufgabe „mo dernes" Stilcmpsindcn mit alter Satztcckmik in Einklang zu bringen. Alle Mittel, die den alten Satz im 18. Jahrhundert umbilden und