Die Vokalthematik Ioh. Seb. Bachs 25 wäblt werden, weil abgesehen von dem Sohlklange, die Stimmen sich auf diese Weise gegenseitig bestimmen und, wiewohl die Zweiheit noch gewahrt ist, zu einer Einheit werden, sind Dinge, die sich fast durch die ganze Literatur der Oper bis hin zu Verdi als charakteristisch für diesen Affekt aufzeigen lasten. Demgegenüber ist mir Mattbesons Analyse, die Liebe sei eine Zerstreuung der Lebensgeister, müsse daher mit „gleich förmigen Intervallen (intsrvalUs I1. ckittusis et luxuriantibus)" aus- gedrückt werden (V. K., S. 16), einigermaßen unverständlich. Bach und alle Großen der Tonkunst wählen jedenfalls immer das weiche Andante, in dem das Sehnend-unglückliche und Überschwenglich-glückliche, das Bittersüße, wie deutsche Dichter Sappbos wortgetreu über setzten, zum Ausdruck kommt. Doch zu dem Duett. Die Oboe begleitet den Sopran gelegentlich im Einklang, führt im übrigen aber meist lange Sechzehntelkoloraturen aus, die in den Singstimmen nachher in ähnlicher Form auf dem Worte „weiden" erscheinen. Sie jedoch deswegen als Svmbol für dieses Wort anzunehmen, scheint wenig überzeugend. Ich halte sie für eine Rück erinnerung an das andere Duett dieser Kantate: „Wann kommst du, mein Heil", in der die Pikkolovioline die Aufgabe hatte, den Rauch des brennenden Öles zu schildern. — Das Duett ist als Dacapo angelegt. Der Hauptteil beschreibt im Rahmen eines Vor- und Nachspiels einen harmonischen Bogen und ist somit für sich abgeschlossen. Der Mittelteil entwickelt mit thematischem Material in Engführungen auf einen Höhe punkt, der mit den Worten: „da Freude die Fülle, da Wonne wird sein" erreicht wird, und läßt die Stimmung dann ausschwingen. Er beschreibt also einen mehr dramatischen Bogen, der Hauptteil und Reprise mit einander verbindet. Schließlich sei noch ein Beispiel aus der Zeit um 1721 angeführt, ein Duett der Kantate „Erschallet ihr Lieder": „Komm, laß mich nicht länger warten" (B.G. XXXV, S. 62). Eine zarte Sopransiimme be ginnt mit einer Affcktmclodie, die entsprechend ihrer Ungeduld in eine Linie voller Unruhe aufgelöst ist; ein sanfter Alt antwortet ihr tröstend: „ich erquicke dich, mein Kind." Der Alt als Himmelswind bat zum Attribut eine Violine, die ibn mit langgehaltenen Noten, in die Ver zierungen und kürzere Melismen cingesireut sind, symbolisiert. Das Attribut des Soprans ist der Baß mit einem obligaten Cello, die ein Affektbild für die Ungeduld das ganze Stück hindurch festhalten. Die Mclodielinie des Soprans entwickelt sich aus den Worten heraus. Nach dem vom Affekt bestimmten Anfang wird die Vorstellung des Webens ausgemalt; bei „liebste Liebe, die so süße" ist der Affekt wieder maß gebend; die nun folgenden Worte „ich vergeh' wenn ich dich misse" führen die Harmonie zum Dominantseptakkord der Mollparallele ck, das andere Mal gar bis zum Septakkord der vierten Stufe auS c. Der trübe Gedanke macht einer weicheren Klage Platz: „Du hast mir mein Herz genommen", was die Stimme mit kleinen Seufzern begleitet, wie-