BESPRECHUNGEN Johann Sebastian Bach, Missa h-Moll BWV 2 32'. Faksimile nach dem Original stimmensatz der Sächsischen Landesbibliothek Dresden. Mit einem Kommen tar von Hans-Joachim Schulze = Musik der Dresdener Hofkapelle. Autogra phen und singuläre Abschriften, herausgegeben von der Sächsischen Landes bibliothek Dresden unter Leitung von Ortrun Landmann in Zusammenarbeit mit dem Zentralantiquariat der DDR, Leipzig 1983. Mit dieser Veröffentlichung wird eines der dringlichsten Desiderata der Bach- Forschung Wirklichkeit. Schon der ideelle Wert des Inhalts rechtfertigt das Unternehmen, mehr noch vielleicht die gerade an diesem Manuskript evident gewordene Gefährdung einmaliger Dokumente durch drohende Vernichtung, nicht minder jedoch seine Bedeutung für die musikalische Praxis, die, wie uns Gerhard Herz gezeigt hat (BJ 1974, S. 90-97), offenbar noch keineswegs voll ausgeschöpft worden ist, zumal Friedrich Smend auf eine umfassende Aus wertung des Originalstimmenmaterials in der NBA bewußt verzichtet hat. 1 Endlich aber, last but not least, sind Faksimilia der Originalquellen ein unent behrliches Hilfsmittel für die moderne Bach-Forschung-eine Tatsache, die dem Benutzer der Publikation durch den meisterlichen beigefügten Kommentar von Hans-Joachim Schulze sogleich vor Augen geführt wird. Daß die Nachbildung der Originalquellen reproduktionstechnisch gut gelungen ist, darf auch ohne Nachprüfung an Ort und Stelle (die dem Rezensenten nicht möglich war) aufgrund unserer Kenntnis zahlreicher anderer Bach-Quellen als gesichert gelten. 2 Zu erwägen wäre gewesen, ob man nicht der Vollständigkeit halber auch Bachs Widmungsschreiben an den Kurfürsten in die Publikation hätte miteinbeziehen können, jenes Schreiben, dessen Wortlaut man im Kriti schen Bericht II/i der NBA vergeblich sucht. Zwar findet man den Text nun 1 Friedrich Smends Konzeption einer Partiturausgabe auf der Basis der Originalpartitur einerseits und einer außerdem zu erstellenden Praktischen Ausgabe mit vermehrter Her anziehung des Dresdener Stimmensatzes andererseits ist in ihrer zweiten Hälfte nicht realisiert worden, und die zugrunde liegende Vorstellung von Bachs Partitur als einem gleichsam zeitlosen Dokument, den Stimmen dagegen als einer ad hoc angefertigten temporären Zutat hat sich in der neueren Bach-Forschung nicht durchsetzen können. Es mindert die großartige Leistung Smends nicht, wenn man feststellt, daß heute, nach Vor liegen von Wasserzeichen- und Schreiberkatalogen sowie von Studien über die Ent wicklung der Bachschen Handschrift, auch zum Themenkomplex „h-Moll-Messe“ exaktere Erkenntnisse gewonnen werden können, als dies in den Jahren von 1951 bis 1956 möglich war. - Lediglich die bibliothekarischen Zusätze am unteren Rande der Stimmen (Signatur, Stem pel) sind vermutlich nicht hellbraun, sondern andersfarbig zu denken — eine Tatsache, die vernachlässigt werden darf. -