120 Peter Benary Zunächst geben wir eine Übersicht, wie sich die festgestellten Symmetrie- und Proportionsformen einordnen lassen : 6 Proportionsformen: i. a : b 2. a + c : b a + b : c a : b + c einfache Proportionen Symmetrieformen: i.a-b-a/a-a — b / a - b - b 2. a + c = b / a + b = c 3. a(..+ = b(.. + 4. a+b = c + d (= e + f...) 5. a + d = b -)- c (o. ä.) Bei dieser Übersicht hat man sich zu vergegenwärtigen, wie oft diese Typen in den betreffenden Werken einander durchdringen, so daß sogar Symmetrie und Proportionalität ineinander greifen. Wichtig auch, wie schon erwähnt, daß neben der Dreiteilung häufig die Zweiteilung begegnet. Vor allem die Zweiteilung im Sinne einer Satzhalbierung verdient Beachtung, weil sie in anderem Zusammenhang beobachtete gleiche oder ähnliche Sachverhalte von dem hier gegebenenBlickpunkt aus zu bestätigen und vertiefen vermag 7 . Von drei Seiten aus sei nun versucht, die Bedeutung der durch unsere Ana lysen erwiesenen Tatbestände aufzudecken: von der musikalischen Dauer, von der Funktion formaler Verzahnung und von der Periodik aus. Mit musikalischer Dauer ist folgendes gemeint: Nirgends wird die Zeit lichkeit der Musik so deutlich wie in der Barockmusik durch deren tönend erfülltes und einheitlich schwingendes Pulsieren. Das Metrum wird in ihr zur strukturierenden Kraft, weit mehr als je zuvor, aber noch ohne von der Starre periodischer Regelhaftigkeit gefährdet zu sein. Das musikalische Satzgefüge ist im Barock vom Metrum getragen, indem es in der mit ihm gegebenen musikalischen Zeitordnung mitschwingt. Folglich wird in der Barockmusik, in der der metrische Pulsschlag in allen Satzfaktoren zur un gebrochenen Auswirkung gelangt, das musikalische „Dauern“ am sinn fälligsten. Entsprechungen und Symmetrien, wie wir sie fanden, sind nun letztlich nichts anderes, als ein Pendant zu dieser metrischen Grundlage; denn so, wie in kleinerem Maßstab die metrischen Grundeinheiten in ver einheitlichender und damit formbildender Weise zueinander in Beziehung treten, geschieht es hier mit den Dauer-Werten, mit den „Ausmaßen“ größe rer formaler Abschnitte. Mit der Funktion formaler Verzahnung ist folgendes gemeint: Es gibt grundsätzlich zwei Arten musikalischer Tektonik, nämlich entweder die homogene Entfaltung eines meist motivisch gegebenen Keimes, oder die 6 Die Buchstaben stehen für Taktzahlen, ihre alphabetische Ordnung bezeichnet die Auf einanderfolge der gemeinten Formteile. 7 Hierzu ergänzend G. Haußwald, Zur Sonatenkunst der Bachzeit. In: Bericht über die niss. Bachtagung Leipzig I9f0 (1951), S. 34off. und M. Wehnert, Die Mitte im musikalischen Kunstwerk. Diss. Leipzig 1956.