Die Hofkapelle des Fürsten Leopold zu Anhalt — Köthen 165 seinem Nachfolger die Hofkapelle aufgelöst. Fürst Leopold von Anhalt- Köthen besuchte von 1707 bis 1713 die Berliner Ritterakademie. Während dieser Zeit hatte er Gelegenheit, die Hofkapelle des öfteren zu hören. Sein sehnlichster Wunsch wurde es, auch eine Hofkapelle daheim in Köthen zu besitzen. Drei ehemalige Stadtmusikanten hatte seine Mutter im Jahre 1707 zu Hofmusikanten ernannt. Von Jahr zu Jahr wuchs die Kapelle an. Als 1713 die Berliner Hofkapelle auseinanderging, berief Gisela Agnes, auf Wunsch des Prinzen Leopold, August Reinhard Stricker nach Köthen. Am 7. 7. 1714 nahm er seine neue Tätigkeit auf. Seine Frau Katharina Elisabeth wurde als Lautenspielerin und Sopranistin engagiert. Stricker befaßte sich auch mit der Komposition. In der Musikbibliothek des Markgrafen Christian Ludwig von Brandenburg befanden sich Oratorien, Opern und Instrumentalstücke von Stricker 8 9 . Er bewohnte in Köthen das ehemalige Oberpredigerhaus der lutherischen Gemeinde (heute Magde burger Straße 37). Die Übungen mit der Hofkapelle fanden bei dem Krämer Johann Andreas Lautsch statt, der dafür in den Jahren 1715 bis 1717 je 12 Taler Entschädigung bekam. Das Übungslokal lag in dem Schalauni- schen Viertel (heute Schalaunische Straße 44)*. Im Jahre 1714 wurde die Hofkapelle auf 14 Mitglieder erweitert. Aus der Berliner Kapelle kamen hinzu: Spieß, Torlee und Rose. Im Dezember des gleichen Jahres gehörten der Köthener Hofkapelle folgende Hofmusikanten an: Stricker, Johann Freitag, Adam Weber, Kreyser, Unger, Harbordt, Schreiber, Spieß, Würdig, Rose, Froböse, Krahl, Abel, Torlee. Bis zum Jahre 1716 kamen noch hin zu: Linike, Marcus, Johann Heinrich Freitag und Emanuel Heinrich Gott lieb Freitag. Die Kapelle zählte mit ihrem Kapellmeister 18 Mitglieder. August Reinhard Stricker blieb bis zum 31. 7. 1717 im Amt. Am 5. 8. 1717 wurde Johann Sebastian Bach sein Nachfolger. Johann Sebastian Bach in Köthen Über Bachs Wohnungen in Köthen hat sich eine mündliche Tradition er halten, die Oskar Hartung in seiner Geschichte unserer Stadt 10 festhielt. Sie lautet: „Mehrere Jahre wohnte Bach in Köthen im Hause einer Frau Ober amtmann Schulze, 1721 scheint er aber dann seine Wohnung gewechselt zu haben. Wahrscheinlich ist das Haus, das der berühmte Tonkünstler in Köthen am längsten bewohnte, das in der Marktstraße Nr. 11 belegene.“ Im Stadtarchiv zu Köthen befindet sich unter der Nummer 1644 eine Akte, die das Häuserverzeichnis der Stadt in Straßen mit den alten und neuen Hausnummern aus dem Jahre 1857 enthält. Ihm ist ein Verzeichnis der Haus besitzer in den drei Viertheilen der alten Stadt Cöthen nach der Cämmerei Rechnung von Trinit: 1616bis Trinit: 1617 vorgeheftet. Der Stadtschreiber hat diese Auf stellung derart fortgesetzt, daß er bis um das Jahr 1815 auf Grund der Schoß register in den Ratsrechnungen von jedem Hause die Besitzer aufführte. 8 H. Besseler, Markgraf Christian Ludwig v. Brandenburg, BJ 1956, S. 32—34. 9 Vgl.BJ 1957, S. iö 4 f. 10 Geschichte der Stadt Köthen bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts, Köthen 1900, S. 66.