166 Emst König Bei dem Grundstück Nr. 91, heute Holzmarkt Nr. 12, erscheinen folgende Inhaber: Valentin, Oetzel, Dunkel, Ehrhardt, Walbe, Kieseier, Marx, Picht, Schilling. Unter dem Namen des Hauseigentümers Ehrhardt steht der Name Bach. Er fällt wenig auf, da er von einem lilablassen Tintenfleck umgeben ist. Der Farbton der Tinte und die Schriftzüge sind die gleichen wie bei den anderen Eintragungen. Das Papier der Liste wurde erstmalig im Jahre 1853 für die Ratsrechnungen benutzt. Demnach waren 130 Jahre seit dem Weg gange Bachs von Köthen verflossen. Es ist einmalig, daß der Stadtschreiber den Namen eines Mieters in einer Liste der Hauseigentümer festhält. Er muß für ihn bedeutungsvoll gewesen sein. Von seinen Vorfahren wird er vom Wirken Bachs und von dessen Wohnung vernommen haben. Eine Nachprüfung bestätigt, daß David Ehr hardt von 1706 bis 1736, also auch während Bachs Köthener Aufenthalt, Eigentümer des Hauses Nr. 91 war. In der Liste zur Erbhuldigung des Fürsten Leopold vom 14. 5. 1716 stehen im Schalaunischen Viertel: David Ehrhardt, Gottlieb Hohlfeldt, Johann Georg Schneider, Georg Illing, Anton Andreas hange verzeichnet. Die letzten vier Namen geben die Mieter an. Danach war das Haus geräumig. Im Feuer kataster der Resident Köthen vom Jahre 1812 befindet sich eine Beschrei bung des Grundstückes: ein Wohnhaus, rechts daneben im Hofe eine Speisekammer, daran anstoßend ein Begießhaus, auf der anderen Seite des Hofes, neben Wüstingers Gehöft, ein Seitengebäude, daran anschließend eine Reihe Ställe. Das Hinterhaus an der Sackgasse. Das Grundstück war mit 2000 Talern gegen Feuer versichert. David Ehrhardt, der Besitzer die ses Hauses, heiratete am 19. 7. 1706 die Witwe des Krämers Johann Dun kel, der vor ihm Hauseigentümer war. Am 2. 8. 1706 erwarb Ehrhardt das Bürgerrecht der Stadt. Er stammte aus Eisleben, wo sein Vater als Wein händler lebte. Er selbst handelte mit Baumaterialien. Kehren wir zur mündlichen Tradition zurück. Der letzte Satz daraus lau tet: „Wahrscheinlich ist das Haus, das der berühmte Tonkünstler in Köthen am längsten bewohnte, das in der Marktstraße Nr. 11 belegene.“ Hier wird nicht der Name des Hauswirtes, sondern das Grundstück genannt: Markt straße Nr. 11. Es gehört zu den sogenannten Inselhäusern, die alle wenig Raum haben, so daß jedes Grundstück nur aus einem Wohnhaus und kleinen Nebengebäuden besteht. Der Katasterwert beträgt meistens 500 Taler. Da Johann Sebastian Bach mit seiner Kapelle Übungen „in seinem Hause“ durchführte, brauchte er dafür einen großen Raum. In diesen Häu sern war keiner vorhanden. Schon aus diesem Grunde hätte die mündliche Tradition hier nicht Recht. Und doch führt sie auch hier weiter. Die Schoßregister der Ratsrechnungen geben die Hausbesitzer des Grund stückes Marktstraße Nr. 11 an: 1716 Henze, 1730 bis 1770 Lindner, bis 1814 Ehrhardt. Also auch hier ein Hauseigentümer Ehrhardt, nur 60 Jahre spä ter. Bei dem Hause Holzmarkt Nr. 12 verschwand der Name Ehrhardt schon im Jahre 1736. Die Köthener, die zur Zeit Johann Sebastian Bachs lebten, wußten, daß er bei David Ehrhardt auf dem Holzmarkt gewohnt