Bach in der deutschen Dichtung 2} in Kauf zu nehmen“ (S. io). Anna Margareta legt die Urlaubsüberschrei tung Sebastians zu ihren Gunsten aus und ist bestürzt, als es in den Januar tagen 1706 dann doch zur Trennung kommt. Bach spürt, daß sich in Lübeck eine entscheidende Wendung seines Lebens vollzogen hat, indem er auf die „fette Organistenstelle“ (S. 10) verzichtete, um nicht an einem Menschen zu sündigen, für den er keine Liebe empfindet. Francks mit unaufdring lichem Humor geschriebene Novelle endet damit, daß das Konsistorium in Arnstadt seinen Organisten nach viermonatiger Abwesenheit zur Rechen schaft zieht, auch weil er wagt, das Instrument auf neue Art zu spielen. Sebastian bewirbt sich um eine neue Anstellung in Mühlhausen, deren Ver wirklichung seine Hochzeit mit der „tugendsamen Jungfrau Maria Barbara Bachin“ (S. 95) vorausgeht. Es bedarf keiner besonderen Betonung, daß sich Franck vorwiegend an fest stehende Tatsachen hält, die lediglich dann ausgeschmückt werden, wenn es gilt, die Atmosphäre im Hause Buxtehudes zu treffen und die abstoßend wirkende Anna Margareta als eine dem Verzicht lebende, vorübergehend wieder Hoffnung schöpfende Dreißigerin zu zeichnen. Sie ist ein wider spruchsvolles Wesen, diese Buxtehude-Tochter, die sich oft kratzbürstig gebärdet, um erst in der Stunde der Trennung von Johann Sebastian zu er kennen, was dieser Jüngling ihr eigentlich gegeben. Franck gestaltet als gläubiger Christ einen Bach, dem Gott um der Vollendung seiner Kunst willen gebietet, „gerade Wege zu gehen“ (S. 67). Die in der Novelle auf tretenden Menschen - allen voran Sebastian selbst - sind nicht frei von kleinen Schwächen, deren Nichtverschweigen den Wert der Aussage erhöht. Hier rollt ein Stück glaubwürdiges Leben ab, das in der Gestaltung durch Hans Franck erfüllt ist von Frömmigkeit und einer behutsamen Versenkung in die der Musik innewohnenden Kräfte. Als ein Kabinettstück deutscher historischer Prosa schlechthin gehört die Pilgerfahrt zum Bleibenden der Bach-Belletristik. Während bei Franck der junge Bach mit vielseitigen Plänen nach Lübeck reist, ist er nach der dichterischen Version von MiaMunier-Wroblewski 85 nur am Orgelunterricht und nicht an der hier Sabine - statt Anna Marga reta - heißenden Tochter interessiert. Die aus Lettland gebürtige Erzählerin schreibt Sabine die Rolle einer mütterlichen Freundin zu. Mit Treffsicher heit in der Charakteristik der einzelnen Personen ist ebenfalls Luise George Bachmanns Geschichte Die Orgelbraut 86 abgefaßt. Bach erkennt in ihr beinahe zu spät, womit man sein langes Bleiben in Verbindung bringt. Episoden nur sind Ludwig Bätes Lübecker Abendmusik 9 ’ 1 , in der ein Kaufmann am Silvesterabend 1705 dem Orgelspiel des Jünglings lauscht und das kaum über das Biographische hinausgehende kurze Stück In der Marienkirche 88 von Paul Liebert. 80 Frühe Suite. In: Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit. Heilbronn 1935, S. 7—32. 86 Musikantengeschicbten. Paderborn 1939, S. 23—31. 87 Novellen um Osnabrück. Langensalza 1930, S. 131—133. 88 Den die Götter lieben. Nürnberg 1948, S. 31—33.