24 Hans-Martin Pleßke Mit der dem Leser ein Schmunzeln abgewinnenden Legende Die goldenen Heringsköpfe 89 frischt Hans Franck die Erinnerung an eine von ihm leicht verändert wiedergegebene, in ihrer Urform bereits von Marpurg über lieferte Anekdote auf. B a e r und WalterPersich gehen von den Konflikten aus, denen Bach nach seiner Rückkehr aus Lübeck 1706 in Arnstadt aus gesetzt war. Unter Einbeziehung des nächtlichen Streits mit dem „Zippel fagottisten“ Geyersbach und des Ärgernisses, das Maria Barbaras Singen auf der Orgelempore der Kirche erregt, wird in beiden Fällen die „anstö ßige“ Reise rückblendend erwähnt. Die Erzählung 90 Persichs mutet ausge sprochen spießerhaft an. Buxtehudes Tochter soll schon in des „Lebens Herbst“ stehen; der Aufenthalt wird angeblich nur um vier Wochen über zogen. Ebensowenig positiv ist die Novelle Der Organist von Arnstadt 91 von Baer, weil die Naturschilderungen, verbunden mit der Zuneigung der Liebenden, allzu trivial wirken. Und noch einmal ist es Luise George Bachmann, die mit Allabreve 92 zwar kein historisches Thema aufgreift, aber eine durchaus dem Wesen Bachs entsprechende Erzählung schreibt. Sebastian schenkt seiner Braut Maria Barbara in Arnstadt ein neues Orgelstück, mit dem er sein Probespiel in Lübeck absolvierte. Wiederholt gewinnt nach Bachmann diese Komposition im Leben des Thomaskantors besondere Bedeutung. Angeregt durch die Zeichnung von Hans Wildermann (Breslau) „Die Thüringer Bache auf einem Familientag, ein Quodlibet singend“, schildert Anna Charlotte Wutzky mit kräftigen Strichen den 1707 in Erfurts „Zum goldenen Hir schen“ stattfindenden Familientag n . Das Treffen der zahlreichen Bache ist dem Sprachstil der Zeit in seiner unverblümten Derbheit angepaßt. Über Bachs Wirken in Weimar in den Jahren 1714 bis 1717 berichten zwei Novellen, denen man nicht uneingeschränkt zustimmen kann. Auf ein zelne Schwächen der Arbeit von Luise Bachmann wurde bereits hinge wiesen. Neben einer zu breiten Schilderung der Situation am Weimarer Hof erlebt der Leser die Konzertreise nach Kassel 1714 und das beschämende Intrigenspiel zwischen dem regierenden Herzog Wilhelm Ernst und seinem Neffen, dem Mitregenten Ernst August. Die Verfasserin läßt uns am Fami lienleben Sebastians teilnehmen und konstruiert wiederum ein unglaubhaft erscheinendes Verhältnis zwischen ihm und der Herzogin. Nicht nur der musikalische Wettstreit mit Marchand wird in die Handlung einbezogen, sondern auch die Entstehung einiger Kompositionen. Die Novelle endet mit Bachs Abschied von Weimar, nachdem er seine Inhaftierung über standen hat. 89 Die vier großen B, a. a. O., S. 20—41. 90 Die Verlobung hinter der Orgel. In: Der Sehnsucht ewiges Lied. Lengerich in Westfalen 1939, S. 21—27. 91 Musik im Zeitbewußtsein. Jg. 3. 1935, Nr. n, S. 19-20; Nr. 12, S. 14—16. 92 Musikantengeschichten, a. a. O., S. 32—38. 93 Zeitschrift für Musik. Jg. 102. 1935, S. 299—301.