Bach in der deutschen Dichtung Es muß Luise Bachmann, die die Biographien und das übrige wissenschaft liche Material angibt, auf dem sich die Novelle aufbaut, zugestanden wer den, daß sie es versteht, ein durchaus abgerundetes Bild zu malen. An ent scheidenden Stellen ist die gegebene Charakteristik der Personen und die Motivierung der Handlung falsch. Hinzu kommt auch eine nicht ganz den Ergebnissen der Bachforschung entsprechende Datierung einzelner Werke, deren mutmaßliche Entstehungsgeschichte der Leser in der Novelle mit erlebt. Leider krankt auch Albrecht von Heinemanns Novelle Präludium und Fuge 9i an historischen Unrichtigkeiten, die den Wert dieser Arbeit mindern. Im Mittelpunkt steht Johann Sebastians Bemühen um die Nachfolgeschaft des Kapellmeisters Drese. Bach tritt selbstbewußt auf, während Maria Barbara vielleicht ein wenig zu profiliert als streitsüchtige Gattin ihre Ar beit verrichtet. Sie bringt den Handlungen ihres Mannes nicht immer das rechte Verständnis entgegen. Heinemann verlegt Bachs Ernennung zum Konzertmeister auf einen Sommerabend (tatsächlich erfolgte sie am 2. März 1714). Aus der erst etwa 1716 komponierten Jagdkantate wird bereits 1714 musiziert. Wenn historisch der 6. November 1717 belegt ist, an dem Bach in Haft genommen wurde, dann ist es nicht recht verständlich, warum der Autor dieses Ereignis schon Ende Oktober ansetzt. In Verbindung mit seiner Inhaftierung erzählt Bach seiner Frau, daß er fortan in Cöthen als Musikdirektor und Kapellmeister wirken wird. Da Sebastians Anstellung bereits mit Schreiben vom 5. August 1717 erfolgte, erscheint es zweifelhaft, daß er diese so entscheidende Veränderung seiner Frau und den Freunden erst zu einem derartig späten Zeitpunkt mitgeteilt haben soll. Von Weimar aus fuhr Bach nach Dresden, um sich 1717 mit dem franzö sischen Klavierspieler und Organisten Marchand zu messen. Aus Mizlers Nekrolog ist bekannt, wie der Wettkampf zugunsten unseres Helden endete. In den Romanen und einer Vielzahl von Bachgeschichten klingt diese Anekdote an, wenn sie auch mitunter nur retrospektiv eingeblendet wird. Lediglich bei Hjalmar Kutzleb erscheint sie unter dem Titel Der Wettkampf in Dresden 95 als selbständige Arbeit, so daß eine besondere Erwähnung gerechtfertigt ist, obwohl die Wiedergabe auch hier nicht über den mitgeteilten Sachverhalt hinausgeht. Bach, dem wir von 1717 bis 1723 als Hofkapellmeister des Fürsten Leopold in Cöthen begegnen, reiste mit seinem Landesherren wiederholt nach Karls bad, um ihm dort musikalisch die Zeit zu vertreiben. Sein Aufenthalt 1720 endete damit, daß er bei seiner Rückkehr den plötzlichen Tod Maria Barbaras erfuhr, die während seiner Abwesenheit am 7. Juli beigesetzt worden war. Der Verlust seiner ersten Frau gehört mit zu den schmerzlich sten Ereignissen in Bachs ohnehin oft leidgeprüftem Leben, wenn man sich auch das Schicksal einiger seiner Kinder vergegenwärtigt. Mia Munier- 91 Der goldene Käfig. Rudolstadt 1957, S. 7—61. 90 Aus der Zeit eines Königs und einer Kaiserin. 2. Aufl. Stuttgart 1959, S. 1—2.