Hans-Martin Pleßke 2 6 Wroblewski formte ein kleines Werk, in dem nichts sentimental klingt, wenn sie mit echt fraulichem Mitgefühl die Seelenregungen einfängt, die dem tragischen Geschehen entgegenkommen. Mit Gottes Zeit ist die aller beste Zeit 96 hat sie bei behutsamer Abwägung des dichterischen Wortes ein Stück Lebensgeschichte geschrieben, für die die Historie im Grunde jeg liche Unterlagen entbehrt. Neuerdings widmet der in Köthen tätige Pfarrer Wolfgang Sachse dem Musiker Bach durchaus gekonnte, vorwiegend biographisch orientierte Erzählungen. Seine Dichtungen sind eine ausgesprochene Bereicherung der gegenwärtigen Bachbelletristik, weil sich der Verfasser streng an die Überlieferung hält und davor hütet, Sebastians Christsein zu übertreiben. Intermezzo 91 ist die eine Geschichte überschrieben, in der nach Sachses Interpretation Bach das Ableben seiner Frau bereits in Karlsbad erfährt. Einer Erinnerung an die Lübeck-Reise schließt sich der 1720 erfolgte Be such bei Erdmann Neumeister in Hamburg an, wo es jedoch zu keinem offiziellen Probespiel gekommen ist, obwohl der fast hundertjährige Rein- cken Bachs Orgelspiel mit den Worten gelobt haben soll: „Ich dachte, diese Kunst wäre gestorben, ich sehe aber, daß sie in Ihnen noch lebet.“ 98 Mit Johann Sebastians und Anna Magdalena Wilckens Eheschließung klingt das Werk aus, in dem am Ende wieder dankbare Freudigkeit und Fröhlich keit über die Wehmut des Herzens triumphieren. In einer weiteren Er zählung Brandenburgisches Konzert" schildert Sachse die Entstehung der nach dem Auftraggeber - dem Markgrafen Christian Ludwig von Branden burg-Ansbach - benannten Konzerte. Die Berufung Bachs nach Leipzig nehmen Stephan Georgi 100 und Paul Liebert 101 zum Vorwurf für ihre Kurzgeschichten. Als Randfigur tritt der Thomaskantor in zwei Arbeiten auf, nämlich in Gustav Renkers Roman Die wandelnde Flamme 102 , zum anderen in Der Orgelbauer Gottfried Silbermann 103 von Hans und Dora Habermann, wobei hier die Bach berührenden Stellen vorwiegend aus Fachgesprächen bestehen, die Fragen des Orgel- und Hammerklavierbaues betreffen. Episoden aus den Jahren 1727 bis 1739 werden in elf Prosawerken fest gehalten, die einen Einblick in Bachs nicht immer müheloses Wirken an der Thomaskirche zu Leipzig geben. In diesen Geschichten ist es vor allem der gewöhnliche Alltag mit all seinen Widrigkeiten und Anfechtungen, der den Verfassern ausgiebig Stoff für Betrachtungen bietet, die sich in einzel- 96 a. a. O., S. 35—78. 97 Menuett und Motette. Berlin 1957, S. 5—35. 98 Bach, Briefe, a. a. O., S. 24—25. 99 Glaube und Gewissen. Jg. 5. 1959, Nr. 1, S. 9—11. 100 Wie Johann Sebastian Bach Kantor zu St. Thomä wurde. In: Monatshefte der Buchgemeinde. Jg. 15. 1938/39. S. 118-124. 101 Der Kantor von Sankt Thomas, a. a. O., S. 34—37. 102 Graz 1937. Konnte nicht eingesehen werden. 193 Berlin 1953, S. 107—121.