28 Hans-Martin Pleßke romanes zuwege bringt, lebt stellenweise zu sehr vom Überschwang des Ausdrucks, wodurch vor allem jeder Satz aus Bachs Munde einen etwas faden Beigeschmack erhält. Um eine ausgesprochen christliche Bacherzählung handelt es sich bei Heinrich Karl Ewalds Eine Bachkantate 109 , die dem Leser in Verbindung mit Bachs Wirken vor Augen führt: „Das ist der Sinn unseres Seins, das ist der Sinn unseres Leidens, daß wir in Gott verklärt werden sollen“ (S. 72). Zwei bisher wohl ungedruckt gebliebene Geschichten zum Ringen Bachs um seine Kunst steuerte Erich Bockemühl 110 bei. Dora Hasselblatt 111 widmete dem hilfsbereiten Familienvater Sebastian eine belletristische Arbeit, in der dessen Orgel- und Kantatenklänge einen verirrten Hand werksburschen auf den rechten Weg bringen. Hier erleben wir den alten Bach wieder einmal in seiner ganzen Biederkeit; dieses Stück zweckgebun dene Erbauungsliteratur genügt unseren Ansprüchen in keiner Beziehung mehr. Auf Karl Röttgers problematisches Bachbild wurde schon hinge wiesen. Diesmal läßt er den Thomaskantor 1738 Zwiesprache mit seiner Orgel halten und gleichsam der Erde entrücken 112 . Bachs Weg nach Innen, den er als einsamer Verkünder seiner Musik zu gehen gezwungen sein soll - auf die Sichtbarmachung dieses Wesenszuges orientiert sich der Dichter ausschließlich. Bescheiden als Szene aus dem Alltagsleben bietet sich Paul Wieglers Der Thomaskantor 113 an, in der der Verfasser mit viel Zurück haltung nur skizzenhaft die Atmosphäre in Bachs Haus andeutet. So manches lokale Leipziger Ereignis lebt in den hier genannten Dichtun gen wieder auf und zeugt davon, daß Johann Sebastians Wirken in der Pleiße-Stadt oft ziemlich unerquicklich war, weshalb er schon 1730 an Erdmann schrieb: „ . . . mithin fast in stetem Verdruß, Neid und Verfol gung leben muß, als werde genöthiget werden mit des Höchsten Beystand meine Fortun anderweitig zu suchen.“ 114 Daß sich die Autoren jedoch nicht nur mit den Schattenseiten seines Daseins beschäftigten, davon künden die Arbeiten von Steguweit, Sachse, Bockemühl und Wiegier oder Hans- Joachim Mosers Die Wölbung des Domes 115 , in der der Schriftsteller unter verschmitztem Lächeln solche Probleme berührt, die mit Bachs Aufnahme in Mizlers Musicalische Societät Zusammenhängen. Die meisten Darstellungen der Begegnung Bachs mit Friedrich II. am 7. Mai 1747 enthalten Abweichungen von der auf uns gekommenen Über lieferung des Ereignisses. In einem Fall muß der in seinem Wollen 109 Hamburg 1935. Auch in Velhagen & K/asings Monats-Hefte. Jg. 49. 1934/1935, H. 7, S. 65-74. 110 Johann Sebastian Bach. Die Beiträge wurden mir 1952 vom Verfasser freundlicherweise im Manuskript zur Verfügung gestellt. 111 Die Gebete des Kantors. In: Die Gottessänger. Bielefeld 1953, S. 106—152. 112 Johann Sebastian, a. a. O. 113 Tageslauf der Unsterblichen. München 1950, S. 41—44. 114 Bach, Briefe, a. a. O., S. 119. 115 Der klingende Grundstein, a. a. O., S. 214—230.