Bach in der deutschen Dichtung 37 Auf dem Gebiet der Lyrik ist viel gesündigt worden. Unser verehrter Se bastian müßte sich manchmal im Grabe umwenden, wenn er erführe, was so alles unter seinem Namen zusammengereimt wird. Kann man die Prosa werke und Bühnenstücke noch einigermaßen übersehen, ist dies bei den Fluten der Musiklyrik beinahe unmöglich. Gedichte, als Gelegenheits arbeiten vor Musikerbüsten niedergeschrieben und durch einzelne Auf führungen angeregt, werden häufig nur Tageszeitungen anvertraut, um dann für immer aus dem Blickfeld zu entschwinden. Den negativen Aus sagen vergessener oder nicht unbedingt erwähnenswerter Skribenten stehen Verse von einmaliger, unvergänglicher Schönheit gegenüber, die fortan zum bleibenden Schatz manches Musikfreundes zählen. Die Ermittlung von Bachgedichten ist über Ansätze gegenwärtig noch nicht hinausgediehen, so daß wir uns im großen und ganzen hier zunächst auf eine erste Verzeichnung des Titelmaterials beschränken müssen. Einige lyrische Beiträge des 18. Jahrhunderts wurden bereits erwähnt. Was das 19. Jahrhundert anbelangt, so dürften die bisher festgestellten Gedichte kaum den wirklichen Umfang dieser literarischen Gattung widerspiegeln, da nur Ernst Schulze (1789-1817) 176 , Johann Georg Fischer (1816 bis 1897) 177 und Alexander Flinsch (1834-1912) 178 genannt werden können. Verschiedene Autoren legen überlieferte Ereignisse aus Bachs Leben ihren Dichtungen zugrunde. Arthur Fitger 179 schildert den Wettstreit mit Mar- ( chand, Karl Leopold Mayer 180 beschäftigt sich mit dem Besuch des Thomaskantors in Potsdam und Wolfgang Madjera 181 widmete dem 7. Deutschen Bachfest 1914 eine Trilogie, die wenig ergiebig drei Episoden aus Bachs Leben aufgreift. Der Zyklus Bach (Idyllen und Mythen) von Erns t I Lissauer 182 versucht in Versform ein abgerundetes Lebensbild zu vermit- 1 teln; seine Gestaltung läßt manche Wünsche offen und entspricht nicht immer dem Wesen Bachs. Eine weitaus glücklichere Lösung hat Kurt Ger- I lach mit seinem Zyklus 183 gefunden, weil er sprachlich sehr maßvoll zu 7 Werke gegangen und nicht dem Überschwang erlegen ist. 3 Oskar Loerkes 184 Bindungen an Bachsche Musik ließen den Dichter l ‘ I 176 Apotheose „Heil ihm, schon liegt das Irdische bezwungen.“ In: Johann Sebastian Bach. Heben und Schaffen, a. a. O., S. 229. 177 Johann Sebastian Bach. In: A. Stern, Die Musik, in der deutschen Dichtung. I.eipzig 1888. 178 Ein Bach ? nein, s’ist ein mächtiger Strom. Abschrift im Bach-Archiv Leipzig vorhanden. Btt 179 Johann Sebastian Bach. In: A. Stern, a. a. O., S. 119—121. 08i iso j„ Potsdam. In: F. Avenarius, Balladenbuch. München 1927, S. 301 — 302. i8i 181 Meister Johann Sebastian. Im Bach-Archiv Leipzig vorhanden. S8i 182 Berlin 1916. 183 Sonette um Job. Seb. Bach. Lübeck 1950. F.inzeln erschien auch Hausmusik. In: Im Wartezimmer. Jg. 26. 1950, S. 591. toi 184 J.S. Bach spielt Orgel bei Nacht (S.110—m). — Nach einer Orgelmusik von J. V. Bach (S. 111 bis 112). — Widmung zu den kleinen Tanzstücken J. S. Bachs (S. 112). — Vier Widmungen 7« „Das unsichtbare Reich Sebastian Bachs“ (S. 495 —498). — Auf dem Bachjest 1938 Z“ Ht'PZ'g (S. 611). In: Gedichte und Prosa, a. a. O., Bd. 1.