4° Hans-Martin Pleßke Es ist damit zu rechnen, daß sich die Materialsammlung zum Thema Bach in der Lyrik bei entsprechend intensiven und umfangreichen Nachfor schungen rasch vergrößern wird. Ob dabei auch wertvolle Dichtungen zu tage treten, bleibt abzuwarten 200 . Zur Abrundung unseres Themas gehört, einen kurzen Einblick in die schöngeistige Literatur zu gewinnen, in deren Mittelpunkt die als Musiker so begabten Söhne Bachs stehen, deren Leben und Wirken - wie im Falle Wilhelm Friedemanns - den Autoren infolge spärlicher biographischer Da ten weiten Spielraum zur Legendenbildung lassen. Wir müssen es uns ver sagen, auf diese Werke hier näher einzugehen. Daß sich Brachvogels Roman als sprichwörtlicher Reißer seiner Zeit auch in unseren Tagen noch großer Beliebtheit erfreut, wurde bereits an anderer Stelle betont. Weist die vor liegende Bibliographie etwa 16 Prosa- und Bühnenwerke über Bachs Söhne aus, so befinden sich doch keine Arbeiten darunter, die bis auf Hans Rabls Friedemann Bach reist nach Halle 201 eine besondere Bereicherung darstellen. Wie Rabl sein Thema anpackt und Händel, Sebastian und Friedemann als Vertreter im Grunde genommen dreier Welten getreu der Überlieferung 1729 eben nicht zusammenführt, ist interessant gestaltet und erhebt sich über die Darstellung der gleichen Szene in verschiedenen Bach-Romanen. 2013 Novellistisch ist Robert Hohlbaum 202 mit Musikergeschichten hervor getreten, von denen Her friedlose Friedemann 203 dem ältesten Bachsohn ge widmet ist, der sich seinem Vater in den Wochen vor dem Tode besonders verbunden fühlt. Geschickt arbeitet der Dichter den gegensätzlichen Cha rakter der Musik dieser beiden Bache heraus und läßt sich das Geschehen gleichnishaft für Friedemanns Drängen und Suchen im Frühling vollziehen. George Bachmann hütet sich in ihrer Erzählung Musikantenschicksal 204 vor unglaubwürdigen Übertreibungen und zeichnet mit knappen Stiichen ein Bild vom zwiespältigen Wesen Friedemanns. Die Söhne Bachs 205 über schreibt Rudolf Thiel drei essayistische Skizzen, die Wilhelm Friedemann, Philipp Emanuel und Johann Christian gewidmet sind. H. J. Moser steuert zum Thema eine nur im Manuskript vorliegende Erzählung 206 bei, in der er 200 Das Bach-Archiv ist für alle Hinweise zum Thema Bach in der Dichtung dankbar. 201 Berlin 1948. aoin ygj_ auc h e j ne Erzählung von Wolfgang Sachse Thema con Variationdie erst nach Abschluß des Beitrages erschien. (Die Union. Jg. 15. i960, Nr. 89—99). 202 Vgl. W. Kosch, Robert Hohlbaum — ein Dichter des Deutschtums. In: Bausteine. Festschrift, Max Koch %um 70. Geburtstage dargebracht. Breslau 1926, S. 139—140. 203 Himmlisches Orchester. Leipzig 1943, S. 9—41. — Der Weg nach Emmaus (Leipzig 1925) nennt der Dichter seinen Roman, dessen Gestaltung — nach Kosch — eine Aufführung der Matthäus-Passion in Wien 1924 entscheidend beeinflußte. Das Buch konnte nicht eingesehen werden. 204 Musikantengeschichten, a. a. O., S. 47—55. 205 Der Himmel voller Geigen. Berlin und Darmstadt 1955, S. 11 — 32. 206 Der Melograph. In: Die Harfe mit dreizehn Saiten. Infolge des letzten Krieges kam es nicht zur Veröffentlichung der Musikeretzählungen. Der Verfasser stellte mir 1956 seinen einzigen Korrekturabzug freundlicherweise zur Einsichtnahme zu Verfügung.