Bach in der deutschen Dichtung 41 Beziehungen zwischen dem wohl genialsten Bachsohn und E. T. A. Hoff- mann herstellt. Lobenswert ist, daß Karl Stabenow seinen Roman 207 auf dem dokumentarischen Material aufbaut, das Falck in seiner Dissertation zusammengetragen hat, wenn sich das Buch auch von der dichterischen Seite her nicht durch besondere Qualitäten auszeichnet. Theodor Vogel 208 und Günther Ziegler 209 geben einzelne Episoden wieder, ohne tiefer in den Stoff einzudringen. Alle kritischen Bemerkungen, die bereits in Verbindung mit den Johann Sebastian behandelnden Bühnenwerken zu machen waren, treffen in noch weitaus stärkerem Maße auf die hier zu verzeichnenden Trauerspiele und Tragödien sowie Paul Graeners Oper in 3 Akten Friedemann Bach 210 - Text von Rudolph Lothar - zu. Bedauerlicherweise geht das 1931 in Schwerin erstaufgeführte Werk des heute fast völlig vergessenen Kompo nisten von geschichtlich unwahren Begebenheiten aus, die im Brachvogel- Roman herumspuken. Den gleichen Vorwurf kann man Horst Wald heim 211 , F. N. Berger 212 , Heinrich Welcher 213 , Franz Hofer 214 und Eugen Dittmer 215 nicht ersparen. Auch diese Bühnenwerke leben von der „fruchtbaren“ Phantasie ihrer Autoren und entfernen sich allzuweit vom historischen Friedemann-Bach-Bild. Der älteste Sohn Sebastians, dessen 250. Geburtstag am 22. November i960 von der Musikwelt gefeiert wird, hat infolge des Dunkels, das über weiten Strecken seines Lebensweges liegt, in der Dichtung noch keine wirklich überzeugende Interpretation gefun den. Hier hätten unsere Dichter und Schriftsteller eine lohnende Aufgabe zu erfüllen, um mit einem neuen Friedemann-Bach-Roman vielleicht sogar Brachvogels Schmöker etwas vom Nimbus seiner Unsterblichkeit zu nehmen. Unsere Betrachtung über Bach in der Dichtung wäre lückenhaft, wollten wir nicht auch bei den Autoren verweilen, die zwar nicht den großen Mu siker selbst oder seine Zeit in den Mittelpunkt historischer Arbeiten rücken, sondern die seiner unvergänglichen Musik durchaus beachtliche Aussagen widmen. Was wir bei einigen genannten Schriftstellern des 19. Jahrhun derts noch weitestgehend vermißten, nämlich daß sie bestimmte Komposi tionen Bachs zu interpretieren versuchen, ist in den letzten Jahrzehnten Wirklichkeit geworden. Den Romantikern kam es ja zunächst erst einmal darauf an, Vorurteile in der Richtung zu beseitigen, Bachs Musik spreche 207 Johann Sebastians Sohn. Leipzig und Hamburg 1935. 208 Kocht des Schicksals. In: Heimjahrt. Berlin 1937, S. 296—304. 209 Not. In: Des Herrgotts Tagedieb. Berlin 1933, S. 131 —140. 210 Berlin 1931. 211 Friedemann Bach. F.in Trauerspiel in j Akten. Zerbst 1900. 212 Friedemann Bach. Trauerspiel in 7 Aufzügen. Hannover 1913. 213 Friedemann Bach. Die Tragödie eines Menschenlebens. Leipzig 1919. 214 Friedemann Bach. Bühnenstück.. Berlin um 1929. 215 Friedemann Bach. Schauspiel in J Akten. Uraufgeführt im Herbst 1932 im Wandsbecker Stadttheater. Eine Veröffentlichung konnte nicht ermittelt werden.