Joh. Seb. Bachs Sammlung von Kantaten seines Vetters Johann Ludwig Bach 5 5 Emanuels Angebot ist offensichtlich akzeptiert worden; denn keine dieser Kantaten erscheint in seinem Nachlaßkatalog von 1790. Soweit ich weiß, Hegen über die Sammlung keine weiteren Nachrichten vor bis zum Sommer 1844. Zu dieser Zeit befand sich Johann Theodor Mosewius (1788-1858) während eines vierwöchigen Sommeraufenthalts in Berlin, wo er einige Zeit darauf verwendete, die Bachschätze der Singakademie zu durchstöbern. Diese unvergleichliche Sammlung war hauptsächlich durch die Bemühungen des vormaligen Direktors der Singakademie, Carl Friedrich Zelter (1758 bis 1832), und seines Bibhothekars Georg Pölchau (1773-1836) zusammen getragen worden. Mosewius plante eine Veröffentlichung über Bachs Kan taten. Sie erschien 1845 in Buchform als erweiterte Fassung einer 1844 in der Allgemeinen Musikalischen Zeitung veröffenthchten Artikel-Serie und trug den Titel Johann Sebastian Bach in seinen Kirchen-Kantaten und Choralgesängen. Auf Seite 19 dieser Schrift erwähnt Mosewius den oben mitgeteilten Brief C. P. E. Bachs und teilt ihn im Auszug mit. Dabei unterlaufen ihm zwei folgen schwere Lesefehler; denn statt „3 Oster Stuke“ liest Mosewius „3 Orgel stücke“ und statt „von meinem seel(. Vetter liest er: „von meinem seeligen Vater“. Dementsprechend werden von ihm die 18 JLB-Kantaten als echte Werke Sebastians, wenn auch aus der „frühsten Künstlerperiode Bach’s“ bezeichnet. Erst in seinem nächsten Buch Johann Sebastian Bachs Matthäus-Vassion musi kalisch-ästhetisch dargestellt (1852) berichtigt Mosewius diesen Fehler, der, wie er erklärt, durch eine Verwechslung der Komponistenangabe J. L. Bach mit J.S.Bach entstanden sei, begünstigt durch die zweideutige Nen nung des Komponisten im Umschlagtitel zur obenauf Hegenden Kantate JLB 14 (di Bach). Er fügt eine Liste von den bekannten 17 JLB-Kantaten bei und erklärt: „Die siebenzehnte Kantate des erwähnten Convoluts ist die oben bezeichnete Kantate Seb. Bachs in Stimmen (JLB 14) 21 , die acht zehnte eine achtstimmige Kantate mit Instrumenten von Christoph Bach: ,Es erhub sich ein Streit'.“ Zwei Jahre später, 1854, verkaufte die Singakademie ihre wichtigsten Bach handschriften an die Königliche Bibliothek zu Berlin. Darunter befand sich auch die Sammlung der JLB-Kantaten 22 . JLB 14 wurde keineswegs als Komposition von J SB betrachtet. Dagegen wurde von dieser Kantate ver merkt: „enthält den Brief“ 23 . Das paßt zu Mosewius’ Mitteilung, daß JLB 21 Vielleicht hat diese falsche Annahme, daß nur vier der fünf Kantaten, die nur in Stimmen existierten, von JLB seien, Spitta beeinflußt, als er schrieb: „Sebastian Bach selbst allein schrieb von achtzehn . . . die Partitur ab . . . Zwölf davon sind in einem Band zusammengeheftet auf der königl. Bibi, zu Berlin. Ein von Phil. Em. Bach be schriebenes Blatt ist vorgebunden. Außerdem sah ich dort zu vier (!) andern die von Sebastian Bach geschriebenen Stimmen.“ (I, 568). 22 Die zwölf Partituren wurden in einem Band zusammengebunden, vielleicht auf Ver anlassung des Bibliothekars S. W. Dehn (1799—1856) und erhielten die Signatur P39/. Die siebzehn Stimmsätze wurden St 301 bis St 317 signiert. 3 Deutsche Staatsbibliothek Berlin Mus. ms. theor. K 427, Nr. 124 L.