56 William H. Scheide 14 auf dem Stoß 2uoberst gelegen habe und so verständlicherweise den Brief enthalten hatte, der die Sammlung in ihrer Gesamtheit beschrieb. Wiederum jedoch wurde als achtzehntes Werk die Kantate „Es erhub sich ein Streit“ von Johann Christoph Bach (1642-1703) einbezogen 24 . Und hier gelangen wir an den entscheidenden Punkt, der über ein Jahrhun dert lang in dieser Sammlung Verwirrung gestiftet hat. Emanuels Brief teilt deutlich mit, daß sie 18 JLB-Kantaten enthielt, aber seit Mosewius’ Zeit waren es nur siebzehn. Die Einbeziehung von „Es erhub sich ein Streit“ war nur der erste unzulängliche Versuch, die Lücke zu schließen. Alfred Dörffel, der im Jahre 1894 das Vorwort zu BG 41 schrieb, glaubte das achtzehnte Stück in ]LBs Orchester-Suite G-Dur sehen zu dürfen (S. XXXVII). In jüngerer Zeit stellt Karl Geiringer in Die Musikerfamilie Bach (München 1958) fest, das fehlende Stück sei „offenbar“ die Trauermusik für Johann Ludwig Bachs Brotherrn, Prinz Ernst Ludwig von Meiningen (S. 122 u. 127). Blicken wir jedoch zurück auf den Wortlaut von Emanuels Brief und be sonders auf diejenigen Punkte, die mit den Fußnoten 10, 12 und 18 ge kennzeichnet sind, so zeigt sich, daß wir über dieses 18. Stück keineswegs völlig im Unklaren bleiben. Es muß sich um eine Osterkantate gehandelt haben (vgl. Anm. 18), deren Besetzung u. a. 3 Trompeten und Pauken ver langte (vgl. Anm. 12). Da innerhalb der 17 Kantaten niemals 2 für den gleichen Tag bestimmt sind, da ferner der zweite (JLB 10) und dritte (JLB 11) Ostertag bereits mit je einer Kantate versehen sind, ergibt sich unschwer die Folgerung, daß die fehlende Osterkantate dem ersten Oster tag zugewiesen war. Dann aber kann keines der drei oben erwähnten Werke das gesuchte sein. Wie bereits erwähnt, sind die zwölf Partituren heute in einem Band gebun den. Sie sind zunächst nach der Form der Namensnennung des Komponisten gruppiert und innerhalb dessen in der Folge des Kirchenjahres. Wann aber mag diese Anordnung so getroffen worden sein? Die von Mosewius mit geteilten Listen helfen nicht weiter, denn er fügte die JLB-Kantaten in eine frühere Arbeit ein, die in groben Zügen nach der Folge des Kirchenjahres von 183 9 25 angeordnet war. Das Verkaufsverzeichnis der Singakademie 24 Der Grund für diese irrtümliche Einordnung ist leicht gefunden: Wie die JLB-Samm- lung (die damals nur noch 17 Kantaten zählte) gehörte auch das Alt-Bachische Archiv (als dessen erstes Stück C. P. E. Bachs Nachlaßkatalog die genannte Michaeliskantate J. C. Bachs aufführt) zum Besitz der Singakademie. Beide Sammlungen bestanden aus Kompositionen von Verwandten J. S. Bachs, und nichts lag näher, als beide gemein sam aufzubewahren. So wurde denn das oberste Stück der zweiten Sammlung ver sehentlich für das unterste der ersten gehalten, um die Zahl von 18 Kantaten vollzu machen. 25 Die Reihenfolge, in der sie in seinem Buch von 1852 über die Matthäuspassion auf gezählt werden, ist: 1, 2, 3, 9, 4, 5, 10, 11, 6, 12, 8, 7, 13, 17, 15, 16, 14 und „Es erhub sich ein Streit“.