6o William H. Scheide Der Text des zweiten Satzes aus JLB 17 ist 4 Strophen lang, aber nur die Hälfte seiner Zeilen sind Alexandriner. In dieser Beziehung ist das oben stehende Beispiel ungewöhnlich regelmäßig. Tatsächlich variieren die ein zelnen Zeilen in der Länge zwischen drei und sieben Versfüßen. Auch der Versbau ist in dieser Hinsicht keineswegs einheitlich. So hat z. B. der drei- strophige Text von JLB 4 6 (Reimschema: abab - vgl. Beisp. 16) zwölf Zeilen von 4, 6, 6, 5 3, 3, 6, 6 6, 6, 6, 6 jambischen Versfüßen. Soweit mir die deutsche Klassische Literatur bekannt ist, finden sich am ehesten vergleichbare Formen in Wielands Oberon und in Schillers Übertragung der Aeneis Virgils. Dort variieren die jambischen Zeilen in ihrer Länge zwischen 4 und 6 Füßen; und auch dort unterscheiden sich die Strophen in der Zei lenlänge voneinander. Aber zurück zum Textdichter JLBs. Seine Vorliebe für mehrstrophige jambische Dichtungen, umrahmt durch alttestamentliche Prosa (Satz 1) und Trochäen (Satz 3) zählt gewiß zu den grundsätzlichen Charakteristika seines Stils. Es überrascht uns deshalb auch nicht, wenn wir unter den Sätzen der zweiten Hälfte mindestens acht 3-6strophige Dichtungen finden, die sich über die Sätze 6 und 7 erstrecken und in vier Fällen schon bei Satz 5 be ginnen 33 . Und auch wenn Satz 5 seiner Form nach selbständig ist, so schließt sich doch Satz 6 inhaltlich daran an, z. B. in JLB 12: Satz 5: Du treuer Hirt und Bischof meiner Seelen, ich bin verirrt, willst du mich nicht zu deinen Schafen zählen? 34 Du gibst dich hin vor die, so dir gegeben, sollt ich nicht durch dich leben? Satz 6: Ja, du hast mich mit Müh und Fleiß gesucht, Du hast mich aufgefunden 35 , Jedoch als ganz verflucht, von Sünden, Greuel und Tod gebunden. Du hast die Schuld versühnt, den T od hinweggetan, daß ich auf deiner Weid’ nun sicher wandeln kann. Mir steht die klare Quell’ des Seelenlabsals offen, mich führt dein sanfter Stab zum süßen Freudenstrom. Schmeck ich hier solche Lust, was hab ich nicht 36 zu hoffen wenn ich dereinst auf jene Auen komm, 33 Nicht eingerechnet sind die offenbar unregelmäßigen, nicht ganz deutbaren Formen in JLB 3 und 14. 34 Die Arie steht im Dreivierteltakt, die Zeilen 3 und 4 sind rezitativische Einschübe im C-Takt. 35 So die Partitur von JSBs Hand. Die autographe Stimme liest: auch gefunden. 36 So die Partitur von JSBs Hand, in der apographen Stimme offenbar in „noch“ ver bessert.