Joh. Seb. Bachs Sammlung von Kantaten seines Vetters Johann Ludwig Bach 6 5 16. Irgendeine Bevorzugung solistisch behandelter Instrumente oder von Holzbläsern bei der Begleitung der Vokalsoli der gesuchten Kantate ist nicht zu erwarten. 17. Es wäre ungewöhnlich, wenn nicht mindestens einer der Bibeltextsätze dem Solobaß zugewiesen wäre. 18. Der Melodik, besonders derjenigen der Arien, müßte voraussichtlich ein volkstümlicher Charakter zu eigen sein. 19. Die Instrumentalbegleitung der vorhandenen 17 Choralsätze (Satz 8), ist nach gewissen feststehenden Grundsätzen angelegt; es ist daher wahrscheinlich, daß auch die Choralbegleitung in der verlorenen Kan tate nicht aus diesem Rahmen fiel. Der Nachweis, daß eine Osterkantate aus der JLB-Kantatensammlung ver lorengegangen ist, zieht die Frage nach sich, ob uns diese Kantate an an anderer Stelle erhalten geblieben ist oder nicht. Wenn man bedenkt, daß die Sammlung im 19. Jahrhundert mehrfach zu Verwechslungen mit Werken von Sebastian Bach Anlaß gegeben hat (s. oben), wenn man ferner berück sichtigt, daß es sich um eine Ostersonntagskantate handeln muß, deren Par titur höchstwahrscheinlich von JSB geschrieben ist und auf ihrem Titel blatt die mehrdeutige Zuweisung di Bach zeigte (Ziff. 4, 5 und 8 der oben stehenden Liste), so erscheint es durchaus denkbar, daß die gesuchte Kan tate gerade dadurch erhalten geblieben ist, daß man sie für ein echtes Werk JSBs hielt. Von den 6 Ostersonntagskantaten, die zuzeiten JSB zugeschrieben wurden, fallen die Werke BWV 4, 145 (nach Textdruck: Osterdienstag) und 160 so fort aus, da sie nicht die geforderte Besetzung mit 3 Trompeten und Pauken aufweisen (Ziff. 3 der oben mitgeteilten Liste). Desgleichen fallen die Werke BWV 31 und 249 aus, da sie nicht nur durch ihren Stil einwandfrei als echte Werke JSBs ausgewiesen werden, sondern überdies auf ihren Original quellen - Stimmen bzw. Partitur - den Vermerk Joh. Seb. Bach tragen. Übrig bleibt demnach BWV 15 „Denn du wirst meine Seele nicht in der Hölle lassen“, erhalten in Partitur von JSBs Hand und zugehörigen Stimmen; die Titelseite nennt als Komponisten: di Bach. Schon ein oberflächlicher Ver gleich mit den obengenannten Ziffern 3 bis 19 zeigt, daß diese Kantate die Voraussetzungen für unsere Problemstellung von allen in Frage kommen den bei weitem am besten erfüllt 41 , zumal da sie auch ihrem papier- und schriftkundlichen Befund nach durch Dürr in unmittelbarer Nachbarschaft von JLB 10 und 11 eingeordnet wurde. 41 Vgl. dazu die Ausführungen Arthur Mendels in MusicalQuarterly 1955, S. 341 f. in denen die Echtheit von BWV 15 zum ersten Mal in Frage gestellt worden ist. Die im An schluß daran von Alfred Dürr meines Wissens erstmals aufgeworfene Frage, ob BWV 15 ein Werk Johann Ludwig Bachs sein könne (Brief an Arthur Mendel), gab den Anlaß zur vorliegenden Untersuchung.