Instrumentalkompositionen von Heinrich Bach (1615-1692). Zwei bislang unbeachtete Sonaten in einem Gothaer Partiturbuch Von Ulrich Konrad (Freiburg) I Die Genealogie des seit dem 16. Jahrhundert auf thüringisch-sächsischem Gebiete tätigen Musikergeschlechts der Bache ist nicht zuletzt dank einem ausgeprägten Traditionsbewußtsein von deren Mitgliedern in beinahe allen Zweigen bekannt. Schon im Jahre 1735 hatte Johann Sebastian Bach jenen „Ursprung der musicalisch-Bachischen Familie“ 1 betitelten Familienstamm baum aufgezeichnet, von dessen Angaben bereits Johann Nikolaus Forkel, der erste Biograph des Thomaskantors, vermittelt durch Carl Philipp Emanuel Bach, zehrte, 2 und der auch heute noch zu Recht als „das zuverlässigste Dokument zur Familiengeschichte, vor allem im Blick auf die ersten Generatio nen“ 3 gilt. Auch wenn die Forschung aufgrund nur lückenhaft überlieferter archivalischer Quellen weit davon entfernt ist, namentlich die Frühgeschichte des Geschlechts genau dokumentieren zu können, so liegen doch die wichtigsten Grunddaten fest. 4 Diese Aussage ist im gleichen Maße für die Bezeugung der musikalischen Tätigkeit der Bache nicht zu machen. Im Gegenteil: Von den ersten beiden Generationen der Musikerdynastie existieren keine Musikalien; die aus der Generation der Enkel des Stammvaters Veit Bach herrührende Überlieferung ist kärglich. So kennen wir von Johann Bach (1604-1673), dem Begründer der Erfurter Linie, nur die Aria „Weint nicht um meinen Tod“, 5 von seinem Bruder Christoph (1613 — 1661) lediglich einen musikbezogenen Eintrag in das Stammbuch des Saalfelder Kantors Georg Friedrich Reimann, 6 und vom jüngsten Vertreter dieser Generation, Heinrich Bach, nach derzeitigem Wis sensstand ein Vokalkonzert „Ich danke dir, Gott“ und zwei Choralbearbeitun- 1 Dok I, Nr. 184. 2 Ebd., Kommentar S. 263; Forkel, passim; zur Genealogie vgl. dort das erste Kapitel. 3 C. Wolff, W. Emery, E. E. Helm, E. Warburton, E. S. Derr, Die Bach-Familie, Stuttgart/ Weimar 1993 (The New Grove — Die großen Komponisten), S. 28. 4 K. Geiringer, Die Musikerfamilie Bach. Musiktradition in sieben Generationen, München 1958, 2., verb. Ausg. ebd. 1977; P. M. Young, Die Bachs 1500—1850, Leipzig 1978; jüngste Zusammenfassung bei Wolff u. a. (Fußnote 3), passim. 5 Alt-Bachisches Archiv, hrsg. von M. Schneider, EdM 1, 1935, S. 3-8. Zu Johann Bach vgl. neben den in Fußnote 4 genannten Arbeiten S. Orth, Neues über den Stammvater der „Erfurter Bache“, Johann Bach, Mf 9, 1956, S. 447-450; ders., Johann Bach, der Stammvater der Erfurter Bache, BJ 1973, S. 79-87. 6 W. Wolffheim, Ein Stammbuchblatt von Christoph Bach, dem Großvater Johann Sebastians, BJ 1928, S. 175.