86 Peter Wollny Belastung scheint auf Dauer jedoch nicht tragbar gewesen zu sein, zumal Heinrich Bach offenbar immer häufiger der Unterstützung bedurfte. So erklärt sich, warum um 1689/90 Johann Sebastian Bachs ältester Bruder Johann Christoph (1671-1721), seinerseits Patensohn Herthums, vielleicht auf dessen persönliche Bitte hin für einige Zeit die Vertretung Heinrich Bachs übernahm. Nach der Berufung J. C. Bachs nach Ohrdruf im Juni 1690 fiel die Aufgabe indes wieder an Herthum zurück. 12 Ein halbes Jahr vor seinem Tod schließlich ersuchte Heinrich Bach in Briefen an Graf Anton Günther (14. Januar 1692) und an das Konsistorium (16. Januar 1692) um die förmliche Einsetzung seines Schwiegersohnes als Substitut und bat außerdem darum, diesem „zugleich die succession zu versprechen“. Herthum selbst begleitete diesen Vorstoß mit einem eigenen Schreiben. 13 Das Vorhandensein von nicht weniger als drei Eingaben deutet auf eine weitaus schwierigere und hinsichtlich ihres Erfolgs ungewissere Lage als der 1682 von Heinrich Bach für seinen Sohn Johann Günther unternommene Versuch. Die - aus den Akten nicht hervorgehenden - Hintergründe für die 1692 aufgetretenen Schwierigkeiten nennt der jüngere Herthum in seinem Schreiben von 1710; er teilt mit, daß „als vormahls mein Vater von dem Groß Vater Heinrich Bachen zu seinen substituto fürgeschlagen worden, darein nicht so gleich consentiret, sondern zuvor auf seine Söhne, die doch albereits in diensten geseßen, reßectirei und gnädigste Vorsorge getragen, von welchen mein Vater zu erst, daß sie solchen dienst nicht verlangeten, schrifftl. zeügniß. beybringen müßen“ (fol. 46 v). Mit den Söhnen Heinrich Bachs sind der Eisenacher Organist Johann Christoph Bach und der Gehrener Organist und Stadtschreiber Johann Michael Bach gemeint. Die Vorgehensweise von Graf und Konsistorium entspricht einem speziell in Thüringen verbreiteten alten Brauch nach dem Vorbild der zunftmäßig organisierten Handwerker, demzufolge die Weitergabe von Ämtern und Privilegien in direkter Sukzession von den Vätern auf die Söhne erfolgte. Schwiegersöhne waren in diesen Brauch nicht automatisch einbezogen. Christoph Herthums Ersuchen war schließlich Erfolg beschieden; allerdings wurde ihm die Stadtorganistenstelle mit der Einschränkung übertragen, daß der Graf sich Vorbehalte, hinsichtlich der bisherigen Funktionen Herthums bei Hofe andere Verfügungen zu treffen. 14 Ob diese Absicht sogleich oder erst nach einiger Zeit in die Tat umgesetzt wurde, geht aus den Akten nicht hervor; möglicherweise ist eine sonst etwas kryptische Äußerung L. M. Herthums 12 BJ 1985, S. 67-68 (H.-J. Schulze). 13 Alle drei Briefe finden sich in TSR, Konsistorium Arnstadt Nr. 1349, fol. 7-9. 14 Vermerk auf der Eingabe von Heinrich Bach an das Konsistorium vom 16. Januar 1692; TSR, Konsistorium Arnstadt Nr. 1349, fol. 9r.