Neues zu Johann Sebastian Bachs Reisen nach Karlsbad Von Maria Hübner (Leipzig) Die Köthener Lebensjahre Johann Sebastian Bachs sind in der Literatur zwar vielfach behandelt worden: über seine beiden in diese Zeit fallenden Reisen nach Karlsbad (1718 und 1720) waren bisher jedoch nur spärliche Informa tionen greifbar. Zu den wenigen aussagekräftigen Quellen gehören die knappen Quittungen zu den Gehaltszahlungen vom 6. Mai 1718, die von den nach Karlsbad reisenden Musikern eigenhändig unterzeichnet wurden. 1 Über die 1720 unternommene Badereise Leopolds ist noch weniger bekannt. Daß Bach seinen Köthener Dienstherrn auf dieser Reise begleitete, wissen wir indes aus dem von Carl Philipp Emanuel Bach verfaßten Nekrolog. 2 in dem über das tragische Ereignis des Todes von Maria Barbara Bach berichtet wird: Nachdem er mit dieser seiner ersten Ehegattin 13. Jahre eine vergnügte Ehe geführt hatte, wiederfuhr ihm in Cöthen, im Jahre 1720. der empfindliche Schmerz, dieselbe, bey seiner Rückkunft von einer Reise, mit seinem Fürsten nach dem Carlsbade. todt und begraben zu finden: ohngeachtet er sie bey der Abreise gesund und frisch verlassen hatte. Die erste Nachricht, daß sie krank gewesen und gestorben wäre, erhielt er beym Eintritte in sein Hauß. Im Blick auf diese dürftige Quellenlage kommt Zeugnissen zum Umfeld der von Fürst Leopold unternommenen Karlsbad-Reisen größere Bedeutung zu. Eine erneute Durchsicht der Köthener Kammerrechnungen und der zeit genössischen Literatur schien daher angebracht: die im folgenden vorgestell ten Ergebnisse dieser Recherchen erlauben es, manche Daten zu präzisieren und Hintergründe zu erhellen. 1 Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Dessau, Abt. Köthen, A 12, Nr. 66 (Protocoll der Fürstlichen Capelle und Trompeter-Gagen von Johannis 1717 biß dahin 1718), Bl. 8 (olim 6a) und 7v (olim 5v). ferner Bl. 9 (olim 6) bis 13 (olim 10): vgl. auch Dok I. Nr. 110. Weitere Jahrgänge dieser Protokolle sind nicht erhalten. Auch in den Köthener Kammerrechnungen 1717/1718. Bl. 43v bis 45 (unter „Außgabe Geld. Se. Hochfürstl. Durchl. Meinen Gnädigsten Herren“) wird die Karlsbad-Reise bei den Gehaltsvermerken der Musiker genannt, ln den anderen Jahrgängen der Kam- merrechnungen (nachfolgend KR) sind die Karlsbad-Reisen im Zusammenhang mit den Musikergehältem nicht erwähnt. 2 Dok III, Nr. 666 (S. 87); siehe auch Dok II, Nr. 100.