e Uber Seb. Bachs Kantaten mit obligater Orgel. Von Bcrnh. Friedr. Richter (Leipzig). In den beiden Hauptkirchen Leipzigs, zu St. Nicolai und zu St. Thomä, besaßen zur Zeit Bachs die Orgeln Rückposi- tive, das sind vorn an der Brüstung des Orgelchores, also im Rücken des Spielers angebrachte, mit ihrem Prospekte in das Hauptschiff hineinragende Abteilungen der Orgel, die mit dieser durch eine unter dem Fußboden gelegene Traktur ver bunden waren und von der Hauptorgel aus regiert wurden. Das Rückpositiv, daS gewöhnlich, und so auch in Leipzig, nicht selbständig spielbar war, gehörte dem dritten Manuale zu. Seine besondere Aufgabe war, bei Musikaufführungen Sänger und Jnstrumcntalisten zu unterstützen, und enthielt deshalb eine Anzahl diesem Zwecke besonders dienende Stimmen wie Gedackte und Flöten zum Begleiten, aber auch zum Füllen geeignete Schreier wie Quinten, Mixturen usw*). Es leuchtet ein, daß diese Einrichtung für die Musizierenden große Vor teile hatte; bei Solosätzen hörten Sänger und Jnstrumcntalisten die begleitende zarte Stimme in nächster Nähe, und auch bei volleren Stücken wurde ein präzises Zusammenklingen ermög licht. Man bedenke, daß es zu Bachs Zeit Kirchenproben kaum gegeben hat, wenigstens im Winter ganz sicher nicht, also ein auf gutes Zusammenwirken gerichtetes Einüben der Kirchenmusik vor der Aufführung nicht stattfand. DaS Rück positiv ist wohl ein Nachkömmling des ursprünglich trans portablen Positivs, das in alter Zeit im hohen Chore stand und den Geistlichen zur Begleitung ihres Gesanges diente. *) Die Dispositionen der Leipziger Orgeln bei Spina II, 112 ff. 4