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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.09.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-09-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188009120
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18800912
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18800912
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1880
- Monat1880-09
- Tag1880-09-12
- Monat1880-09
- Jahr1880
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.09.1880
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5304 und die Lage der bedrängten Christen der Türkei io hohem Grade verbesserte, konnte ihm bei unbe fangener Betrachtung nicht entgehen, wenn die Bestimmungen deS Congresse- auch den stürmischen Panslavisten nicht genügten. Die schweren Forde rungen an unser Volk erscheinen durch eine der artige Enthüllung, sollte sie sich auch nicht im vollen Maaße bestätigen, glänzend gerechtfertigt. Unter der Unzahl von Römlingen giebt e- iu Preußen auch ein Häuslein loyaler katho lischer Priester. Die ehrenvolle Auszeichnung, welche sich der bekannte Domprobst Holzer m Trier bei seiner in diesen Tagen stallgehabten achtzigsten Geburtstagsfeier seiten- de« Kaiser- zu erfreuen hatte (eS ist dem Jubilar durch den Oberpräsidenten der Rheinprovinz die zweite Classe de- königlichen Hau-ordens von Hohenzollern über reicht worden), wird in ultramontanen Kreisen mit sehr gemischten Empfindungen ausgenommen. E- ist in Preußen bekannt, wie der greise Prälat stet- im Sinne der Versöhnung zwischen Staat und Kirche gewirkt und wie er noch oei der Berathung des Puttkamer'schen Friedensgesetzes im Herrenhause in diesem Geiste gesprochen. Damals ergingen kleri kale Blätter sich zum Theil in wenig würdigen Bosheiten gegen de« wackernMann, während von anderer Seite der Versuch gemacht wurde, auS ganz äußerlichen Gründen zu beweisen, Holzer habe nicht, wie doch thatsächlich geschehen, für die Vor lage gestimmt. Auf die rheinische Bevölkerung kann eS nicht ander- al- einen guten Eindruck machen, wenn ihr an einem redenden Beispiel, wie da- Verhältniß zwischen Holzer und dem Staate ist, die Möglichkeit der Versöhnung und de- nus- richtig guten Einvernehmen« gezeigt wird. Gerade jetzt, wo da- Dombaufest vor der Thüre steht, wird dies Beispiel nicht verloren sein. Die „Nationalzeitung", welche als das lei tende Organ der Secessionisten gelten kann, erhält die Zuschnft eine- namhaften Politikers, welcher die Gefährlichkeit einer Spaltung der liberalen Partei dem ParticulariSmus gegenüber wie folgt darlegt: „Die geschichtliche Voraussetzung der national liberalen Partei war also zerfallen. Sic mußte der Zersetzung anheimfallen. Dieser Proceß ist jetzt emgetreten, und die Dinye werden sich dem gemäß weiter entwickeln. Damtt scheint die Signa tur der Au-trittS-Erklärung gekennzeichnet Sie kann in meinen Augen wesentlich nur einen nega tiven Zweck haben, nämlich den Zweck eine- Mahnrufs a« die liberalen Männer, festen Fuß gegen die im Zuge befindliche Reaction zu fassen, und in dieser Pflicht sich selbst nicht durch die unermeßlichen Verdienste de- Reichskanzler- beirren zu lassen. Zu positiver Wirksamkeit im libe ralen Sinne wird eS zunächst an Gelegenbeit fehlen. Daß die Hannoveraner und die Süd deutschen so lebhaft der Auflösung der Partei entgegentreten, ist begreiflich. Sie verdanken dem Kanzler noch mehr al- wir, nämlich die LoSlösung von einem verderblichen und ohnmächtigen ParticulariSmus und mögen des halb um so schwerer von ihm lassen." — Aus Hannover bringt der dort erscheinende „Courier" die folgende Kunde vom 10. d. M.: „Auf Einladung deS Herrn v. Bennigsen ver sammelte sich gestern Abend 8 Uhr in „Kasten'S Hotel" eine Anzahl angesehener Bürger unserer Stadt, unter ihnen Beamte, Kaufleute, Industrielle, sämmtliche hier wohnende Abgeordneten, die Herren Senator vr Schläger, Hornemann, Laporte, zu einer vertrau lichen Besprechung über die liberale Parieibewegung. Die Versammlung sprach sich einstimmig gegen djie Secession aus, in welcher sie einen, die libe ralen Interessen tief schädigenden Vorgang erblicken mußte. Sie beschloß, über die Angelegenheit auch die Stimme deS Lande- zu hören und die national gesinnten Elemente der Provinz auf nächsten Sonntag über acht Tage zu einer allgemeinen Versamm lung einzuladen." DaS fortschrittliche „Berliner Tageblatt", welche- mit besonderem Eifer die Bestrebungen der Partei LaSker-Forckenbeck fördert, tritt der von dieser Seite auf dem „Parteitage" be liebten Geheimnißkrämerei entgegen. E- schreibt: „Unser unnatürliche- FractionSwesen hat e« mit sich gebracht, daß eine Geheimthuerei, welche z. B. den englischen Parteien völlig unbe kannt ist, mit einer gewissen Nothwendigkeit sich herausbildete: in sich beständig uneinige Fraktionen, welche vor der öffentlichen «Stellungnahme zu den politischen Fragen erst mühsam eine DurchschnittS- weinung herausbilden müssen, oder Fractionen, für deren Haltung taktische Erwägungen maßgebender sind, äl- sachliche, müssen frei lich bestrebt sein, die wahren Triebfedern ihre- Verhalten- in Dunkel zu hüllen. Aber die Bevölkerung, ob au- polnischem Interesse oder »uS Neugier, ob aus Wahrheitsliebe oder aus Sensationslust, einerlei, sie will die wirklichen Triebfedern de- Handeln- ihrer parlamentarischen Vertretung gerade so kennen lernen, wie die deS Thun- von Ministern und Diplomaten — welchen letzteren ja auch diejenigen Zeitungen nachspüren, die für die kleinen Geheimnisse ihrer resp. Frac tionen die äußerste Ehrfurcht in Anspruch neh men. Auf die neue liberale Gruppe setzm wir unsererseits gerade darum Hoffnungen, Werl wir, nicht für sicher, aber für möglich halten, daß sie ein gesunde- Parteiwesen auf der liberalen Seite anbahnev werde. Ein solche- aber bedarf keiner Geheimthuerei, eS kann die wahren Trieb federn de- Handeln- ruhig bloßlegen lassen, und wären eS selbst Meinungsverschiedenheiten, wie sie in einer großen Partei über einzelne Fragen immer unvermeidlich sein werden. Will die neue liberale Gruppe ein solche- Parieiwesen herbeifübren, dann beginne sie aber nicht damit, sich gehcimnißvoll zu geberden, wo gar keine Ge heimnisse vorhanden sind." Da« persönlich« Auftreten der deutschen Di plomatie dürste wohl kaum Etwa- zu wünschen übrig lassen. Indessen mit dem vielgenannten Toaste ,,l» dolle ülle cle la belle b>ance" dürfte die diplomatische Thätigkeit de- Gesandten de- Deutschen Reiche- in Kopenhagen einen würdi gen Abschluß gefunden haben. Daß der „Reichs anzeiger"', indem er die Beurlaubung de- Baron vonMagnu- meldete, ganz gegen den Usus von einem längeren Urlaub fpr«ch, läßt schon durch- blicken, daß nach der Annahme de- Reichskanzler- der Lobredner de-Fräulein Sarah Bernhardt nicht nach sechs Wochen nach Kopenhagen zurückkehreu wird. Baron von MagnuS dürfte schon in dieser Wendung einen Wink sehen, sich durch ein Gesuch um Pensionirung einer kritischen Beurtheilung seiner Verhalten- in dieser Angelegenheit zu ent ziehen. Durch die Zeitungen ging die Notiz, daß im Münster zu Straßburg an einem Altäre da- Kreuz der Ehrenlegion und die St. Helena-Medaille neben einer anstößigen Inschrift angebracht gewesen sei. Daraus antwortet da- Organ Manteuffel'S, die „Elsaß Lothringische Zeitung" „.... Wir geben gern zu, daß bei einiger Aufmerksamkeit deS Kirchendienstpersonals diese Unzulässigkeit zu ver meiden gewesen wäre, darauf aber den Vorwurf der Schwäche für die Regierung zu begründen, welche von dem Thatbestand wohl erst jetzt durch die Zeitungen erfahren, dazu gehört ein — guter Wille und Eifer, welchen wir einer bessern Sache wünschen. Die Helena-Medaille und da» Ehren- legionSkreuz gehörten wahrscheinlich einem Ver storbenen an und waren an dessen TodeSlage dort zum Gebet ausgesetzt gewesen." » « * Die Reise de-Baron H aymer l e nachFricdrichS- ruh, giebt, man darf jagen, den leitenden TageS- organen der europäischen Presse unerschöpf lichen Stofs für eine Menge ganz uncontrolrr- barer Conjecturen. Wie wenig zuverlässig indessen die Presse über dieFriedrichSruher Zusammen kunft unterrichtet gewesen ist, zeigt der Umstand, daß sie nicht einmal über die Rückreiseroute de- österreichi kann. zeigen, österreichi chen Staatsmannes in- Klare kommen Wir wollen dies an einigen Beispielen Nach der AugSb. „Allg. Ztg." wäre der ch-ungarische Minister des Auswärtigen von Friedrichsruh nach Berlin gereist, um nach Wien zurückzukehren. Die Berliner „Post" nahm von einer Meldung Notiz, der zufolge Baron Haymerle überHamburg'und Köln nach — London gereist sei, überließ übrigens — wie dem Wiener „Frdbl." scheinen will, mit vollem Recht — ihrer Quelle die Verantwortlichkeit für die Richtigkeit dieser seiner Mittheilung. So viel letzteres Blatt weiß, ist von einer jedenfalls überraschenden Reise nach London in Wien nichts bekannt. Baron Haymerle beabsichtigte vielmehr, sich von Friedrichsruy nach der in der Nähe von Heidelberg gelegenen Be sitzung seines Schwiegervaters, Freiherrn v. Burnus, zu begeben. Damit stimmt auch eine Meldung de- „Hamb. Corr.", welche den österreichischen Staats mann nach dem Rhein abgereist sein läßt. Wie der Berliner Correspondent der „Daily News" erfährt, hat die Begegnung günstige Resultate für Oesterreich im Gefolgegehabt, in so sern al-Fürst Bismarck sich mit dem österreichischen Minister über die politischen und Handelsbeziehungen Rumänien- und Serbien- verständigt hat. UeberdieS weistAlleS darauf hin, daß die freundlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Oesterreich durch diese Begegnung beträchtlich gestärkt worden sind. Der Berliner Correspondent de-„Daily Telegraph" meldet: „In diplomatischen Kreisen ist man zur Annahme geneigt, daß eme der Hauptfragen, welche von BiSmarck und Haymerle besprochen wurden, sich darum handelte, ob die Landung russischer und englischer Flotten in der augenblicklichen oder einer späteren Phase der orientalischen Frage nicht durch eine Occupation des ganzen Sandschaks von Novi Bazar durch österreichische Truppen, in Uebereinstlmmung mit dem Artikel 25 veS Ber liner Vertrags, erwidert werden soll." AuS dem Süden Rußlands wird der „Köln, eilung" geschrieben: „ES hält schwer, sich eine orstellung von der Begeisterung zu machen, mit welcher der Rücktritt deS CultuSminister« Grafen Tolstoi in ganz Slldrußland, von Cherson bi« über Kiew hinaus, ausgenommen worden ist. Die allgemeine Freude war nicht geringer al- der Jubel bei der Reform vom 10. Februar 1801. Abgesehen von den kaum denkbaren Hindernissen, welche der Minister in den letzten zehn Jahren seiner Verwaltung der Entwickelung der Volks schule und der Betheiligung der Gesellschaft an derselben geschaffen, ist überhaupt in keinem anderen Theile des Reiche- der VolkSaufklärung so syste matisch eine Schranke gestellt worden, als im Süden von Rußland und besonder« in Klein- rußland. Die Begeisterung der Kleinrussen ist deshalb begreiflich; denn der Rücktritt de- Minister- war für dieselben die Aufhebung einer geistigen Leibeigenschaft." — „Daily NewS" meldet au- Meched über Teheran: Eine starke Adtheilung turkomanischer Reiterei griff die Russen bet Hudja Kalessi und Bonchassan an und erbeutete eme große Menge Waffen und Vorräthe. Die Minenarbeit gegen da« Cabinet Freycinet ist jetzt von Gambettistischer Seite systematisch aus genommen worden, denn wie un- ein gestern bereit- mitgetheilte- Telegramm au- Paris meldet, ist der Führer der republikanischen Linken Dev öS dahin zurückgekehrt und hat mit Constan- (llnion röpalilicLinL) und mit den Führern der übrigen die Majorität der Deputirten- kammer bildenden Gruppen wiederholte Be sprechungen gehabt. Seine Rückkehr ist durch einen Brief de- Viccpräsidenten der republikanischen Linken, Guichard, veranlaßt, welcher die so fortige Einberufung einer Versammlung der republi kanischen Lmken verlangte, damit sich dieselbe gegen da- von dem Ministerium in Bezug auf die Eon« gregationen beobachtete System de- Hin- und Herschwankens autspreche. In dem Briese ist zu gleich gesagt, daß die Linke, wenn sie diese- System nicht mißbillige, verantwortlich sein werde für die Hinzögerungen und Frissgestattungen de- Mini sterium-. Wie da- Papstlhum sich der Ausführung der Märzdecrete gegenüberstellt, darüber ver lautet jetzt Bestimmtere«. Die in nahen Be ziehungen zum Batican stehende „Aurora" widmet der Erklärung der französischen Congregationen eine eingehende Betrachtung, au« welcher hervor geht, daß diese Erklärung in der That die Billigung der Curie gesunden hat. Da- Blatt schreibt: „Wir wollen nicht den wahren Ursprung dieses Do kumente- zu ergründen suchen. Indem wir unS mit dem Bewußtsein begnügen, daß die religiösen Orden in Frankreich sich keinen Schritt erlaubt haben wür den, ohne daß die höchste geistliche Autorität ihnen zu verstehen gegeben hätte, daß ihr dieser Schritt Nicht mißfiele, beschäftigen wir uns lediglich mit der Würdigung der Journale verschiedener Parteifärbung." — Die „Erklärung" selbst wird dann aber al- ein „würdiger Act" bezeichnet, welcher bekunde, daß die Mitglieder der geistlichen Genossenschaften sich allen Gesetzen unterwerfen, welche nicht im Widerspruch mit den göttlichen Gesetzen stehen. Der Artikel schließt wie folgt: „D»e Congregationen haben Mil ihrer Erklärung die unwürdigen Anschuldigungen von sich abaeschültelt und die Regierung in offenbares Unrecht versetzt. Sie hätten also mitgewirkt, Frankreich zu zwingen, daß der gegen die katholischen Institutionen geführte Krieg Nicht durch den berechtigten Wunsch der eigenen Er bauung veranlaßt ist, sondern von der verbrecherischen Absicht, die Religion verschwinden zu lassen, welche das Elgenthum der ungeheueren Mehrzahl der Fran zosen ist. Wer ein wenig die edlen Anlagen Frank reich- kennt, wird ohne Mühe bekennen, daß die Thatsache der Erklärung auS diesem Grunde allein des Beifalls würdig wäre und werlhvolle Resultate zeitigen mußte." Nach einer mehrjährigen Pause nehmen am 5. Oktober Frankreich und Mexico zufolge einem erzielten Uebereinkommen ihre diplo matischen Beziehungen osficiell wieder auf. Die Regierung von Mexico hat zu ihrem Gesandten in Paris Herrn VelaSco ernannt, welcher schon die Unterhandlungen für diese Versöhnung geführt halte. Der französische Gesandte in Mexico ist noch nicht bestimmt; man nennt in Paris als den Canvidaten, der die meisten Aussichten auf diesen Posten hätte, Herrn Dauzon, einen frü heren Präfeclen von Corsica, der ein bewährter Republikaner ist und fertig spanisch spricht. lieber die rumänische Thronfolge kommt nun mehr eine osficielle Nachricht aus Bukarest. Der „Romanul" spricht in einem Leitartikel sein Be dauern darüber au-, daß die Oppositionspresse aus der Thronfolgerfrage eine Parteiwaffe gemacht habe. Fürst Karl habe mit der Regelung dieser Frage seinen hohen Patriotismus und seine Hin gebung bewiesen, wofür ihm das Land dankbar sein müsse, dessen zukünftiger Herrscher im Lande heranwachsen und bei seiner Thronbesteigung d.ssen Sprache und Sitten kennen werde. Die Ange legenheit, welche weder in Ischl noch in Sigma- ringcn, sondern in Berlin mit dem Vater deS Thronfolgers verhandelt worden sei, werde aus streng constitutionellem Wege geregelt. Die Na tion werde glücklich sein, wenn die Thronfolge festgestellt werde, so daß die Zukunft deS Landes gesichert sei und die Entwickelung des Lande« nicht durch Jntriguen und Kämpfe unterbrochen werden könne. Nach zuverlässigen Meldungen aus Pest soll die Auswanderung der türkischen Familien auS Bulgarien in auffallender Weise zunehmen. In den letzten Wochen sind über 600 türkische Auswanderer in Kustendje eingetroffen; sie er klärten, daß sie sich au- Bulgarien flüchten müssen, um der Mißhandlung seitens der Bulgaren zu entgehen. Die Verwaltung soll sich in Bulgarien in einem kläglichen Zustande befinden. Die fremden Beamten werden von den Eingeborenen verfolgt und sie mußten bereit- das Feld räumen. Von den 100 Beamten deS Richterstandes haben kaum drei oder vier das Recht studirt, und die Ver waltungsbeamten sind meisten- gewesene Hand- lungSgehülfen, Schullehrer und Handwerker. Die Befehlshaber der in der Adria versam melten Flotte der Großmächte haben sehr ge messene Befehle erhalten. Einer Meldung der „Time-" aus Paris zufolge setzten die Mächte gemeinsam Folgende« fest: „Die Flottenkund gebung darf ihren demonstrativen Charakter nur durch einstimmigen Beschluß bctheillgter Mächte verlieren; keine der Mächte darf vereinzelt Truppen landen, bombardiren, absegeln oder Zurückbleiben. Keinerlei Aenderung im jetzigen Charakter der Kundgebung darf ohne neue- Uebereinkommen geschehen. Keine Macht darf Verlängerung der Kundgebung oder eine Aenderung ihre- bloS demonstrativen Charakter- unternehmen." Die „Allgemeine Zeitung" bringt da- kaiserlich chinesische Decret, durch welche- Tschung How „begnadigt" wird. Es heißt in diesem merkwürdigen Erlasse: ... wir lassen — zeit weilig (sic?) da- Urtheil der Enthauptung nach den Herbstassisen, welche« über Tschung'How verhängt wurde, nach. Doch soll er im Gesängniß zurllckbehalten werden, bi- der Marquis Tseng nach Rußland gelangt ist und eS sich zeigen wird, wie die Dinge endgültig auSg'glichen weroeu können» worauf ein neue- Decret rn seinem Falle bekannt gemacht werden wird. Der Marquis Tseng möge, nach Empfang dieses Decret-, die russische Regierung in Kenntniß fetzen, daß da« über Tschung How veryänate TodcSurtheil zeitweilig (!) nachgelassen worden ist, und daß in diesem Act ern Beweis der frcundschaftlichen Gefühle Chinas gegen Rußland zu sehen ist. In den Vertrags, fnpulationen, welche er negociireu soll, möge e» ,m Einklänge mit unserem ihm bereit- auSgebrücklen Willen zu Werke gehen und eine befriedigende Lösung bewirken. Respectirt Die-!" Die „Begna digung" Tschung How'- ist nur eine zeitweilige und bedingte, vom Resultat der Unterhandlungen ab hängige, und e- wird ferner au-drücklich betont, daß China die Stipulationen de- Livadia-Vertrag- I nicht erfüllen könne. Wird aber Rußland, welcbe- jetzt 17 Schlachtschiffe in den chinesischen Gewässern hat, eine wesentliche Modifikation de- Bertrage- zugestehen? Luuftverein. Sonntag, den 12. September. Neu ausgestellt: acht Aquarelle von Heinrich Gärtner, eine Anzahl Stiche von Johann Georg Wille (ged. 1715, gest. 1808) und drei Oelbilder (ein Fruchtstück und zwei Studieuküpfe) von Louise OrthauS. Ausgestellt bleiben: eine Anzahl von Blättern der „Ikonographie" Bau Dyck'- (13 Blätter von ihm selbst radirt, 38 Blätter gestochen vo« Vorsterman, BolSwert, PontiuS, P. de Jode u. A.), eine Auswahl von Stichen Chodowiecki'S (3(P» Blätter), eine Anzahl von Stichen Georg Friedrich Schmidt'-, 14 Photographien nach CartonS zu Fresken von Carl Lotz in Pest, 35 Lichtdrucke nach Skulvturwerken von Ernst Jul. Hähnel, vier Sticye vo« LouiS Schulz in Leipzig, eine Broncestattuette von Arthur Bolk- mann in Rom und eine Portraitbitste von Hugo Herb in Leipzig. Zoologischer Garten. Wer das neulich mit so großem Pomp in Scene gesetzte Sommerfest im Neuen SchützenhauS besucht batte und am letzten DonnerStag in den Localblättern die schlichte Anzeige eines im Skatingring des Zoologischen GartenS abzuhaltenden SommerfesteS laS und daraus folgerte, daß das im Zoologischen Garten zu Erwartende zum Mindesten unter dem im Neuen SchützenhauS Gebotenen stehen werde, wird als Theilnehmer an der Solennität im Skating ring angenehm getäuscht worden sein und daraus von Neuem die Lehre gezogen haben, daß man die Güte des Gerichtes, daS Einem angeboren wird, «ich: nach dem Qualm, den dessen Zubereitung erzeugt, beurtheilen soll. DaS von den vereinigten Leipziger Roll schuhclubs veranstaltete Sommerfeft im Skating- ring bestand auS einer Reihe von Aufführungen auf der Cementbahn und einem sich an dieselben an schließenden Ball. Für daS zahlreich anwesende Publicum bildeten den Glanzpunkt des Abends natür llch die Aufführungen, welche ebensowohl durch gc schmackvolleS Arrangement wie durch die gelungenen Details der Ausführung den besten Eindruck auf die Zuschauer auSübten, wobei wir wohl verrathen dür fen, daß Hr. Pinkerl die Einftudirung der einzelnen Pcoductionen überwacht hatte und auch am Abend selbst, mehr oder weniger sichtbar, die Regie führte, eine Thätigkeit, in welcher er sich schon gelegent lich der 1878er Aufführungen am gleichen Orte bewährte. Der neueste Abend wurde mit Belusti gungen auf dem Eise entrirt, welchen sich ein Chörchen strammer Dorfjungen und Jünglinge, unter welchen natürlich auch die typischen Figuren des Schornsteinfegers und Bäckerjungen nicht fehlten, im vollen Gefühl jugendlichen UebermutheS hingab. Leider war das Vergnügen, bei dem eS selbstverständ lich nicht ohne verschiedene drastische Hinplumbse ab ging. nur von kurzer Dauer, und vor dem plötzlich erscheinenden, von einem Jäger gefolgten mächtigen Bären hätten auch muthigere Leute als unsere jungen Dörfler ReißauS genommen. Daß der Bär durch einen wohlgezielten Schuß für weitere Ueberraschungen unschädlich gemacht werden mußte, bedurfte bei dessen Verfolger keiner langen Ueberlegung. Die L. Programmnummer war „Flaschenlauf" benamset, allerdings nicht correct, denn nicht die Flaschen liefen, sondern zwei gewandte Rollschuh- fahr er, deren Bahn nicht mit Dornen, wohl aber nnt Glas belegt war, insofern nämlich, als die Aufstellung einer Zahl mit Kerzen versehener Flaschen einen be schwerlichen Weg im Zick-Zack vorfcbrieb, auf welchem leben Augenblick Glasscherben drohten. Am Schluß dieser glücklich verlaufenden Production balancirte der eine Herr bei vollem Laufe sogar eine mit flüssi gem Inhalt sversehene Flasche frei auf dem Kopfe, und der andere machte daS Kunststück mit einem leeren Glase nach, wofür er es zum Lohn von seinem Fahrcollegen gefüllt erhielt. Jmitirte Amerikaner, Künstler aus dem Crystallpalast zu London, welche nunmehr auftraten, übertrafen in ihren außerordentlichen Leistungen die echtesten amerikanischen Rollschuhvirtuosen. Sicher und graciöS schwebten sie über die glatte Bahn da hin, und in keinem einzigen Tempo kam ihre preisens- werthe Geschicklichkeit zu Fall, nn Gegensatz zu dem ihnen folgenden englischen Ehepaar, welche- mehr auf allen Vieren, als auf deren unteren Paaren allein verkehrte. Daß auch die Dame dem genus mesculilli angehörte, machte diese gro teske Scene weniger verfänglich, als sie sonst wohl erschienen wäre. — Mil einem von acht ge« schmackvoll coftümirten Damen und Herren gerollten Walzer schloß der 1. Tbeil der Aufführungen. Humor in diese sonst ernst intentionirte Nummer brachte unwillkürlich ecn da- Mißgeschick der beiden vorhergehenden Engländer theilendeS Pärchen, natür lich nnt vollständigster Decenz. Den größten Beifall heimste Programmnummer - ein. Herr E. Penz, Direktor deS CircuS „Parodie", excellirte in derselben mit der Vorführung von acht berittenen arabischen Bollblutbengsten au- dem be rühmten Semmler'schen Marstall. Die acht Reiter producirten, inspinrt von der mächtig knallenden Peitsche des wie ein Imperator das Ganze über schauenden und leitenden, in schmucke Stall« meifteruniform gekleideten Direktor- Penz, ihre edlen, sich durch schwanenhaste Hälse und üppigsten EchweifwuchS auch äußerlich von der Mehrzahl ihres Gleichen vortheilhaft unterscheidenden Rosse i» allen nur möglichen und unmöglichen Gangarten und gaben ein vollständiges Bild von der hohen Schule in der Pferdedressur. Zu imposanter, über wältigender Wirkung gestaltete sich die Scene, wenn Herr Directrr Pen, sämmtliche Araber » le«p« »um Äufsteigen nöthigte und dieselben in fast kerzengerader Haltung auf den Hinterbeinen in geschlossener Eolonne mit der Putsche rückwärts trieb oder vorwärts dirigirt«. Da- Publicum wurde nicht müde, Hrn. Direktor Pen, nach Schluß dieser Pracht nummer immer und immer wieder hervorzu rufen und zur theilweisen Wiederholung der strahlen den Production zu veranlassen. Lebhafteste- Interesse erregte auch die 7. Programm« nummer, da- Wettlaufen der besten Rollschuh- fahrer unserer Lindenftadt. ES nahm sich geradezu ge fährlich auS, al- die Herren bei dem Kamps um den zwei ten der Preise, den vom Rollschuhclub „Einigkeit" ge stifteten Ehrenpreis, steeple-chas« laufen mußten, übern»
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