MatthLus'passton, erster Teil. Von Rudolf Wustmann (Dresden). Die angespannte Vertiefung in die musikalische Entstehung und den malerisch-musikalischen Gehalt der Gesangskompositioncn Bachs, der wir die großen Werke von Pirro und Schweitzer verdanken, hat in der Schrift von A. Heuß über die Mat thäuspassion*), einem erweiterten Abdruck aus seinem Pro grammbuch zum Leipziger Bachsest Kantate 1908, das ein gehendste von Bacheregese hervorgebracht, das bis jetzt über haupt veröffentlicht worden ist. Heuß ist seiner Aufgabe mit viel psychologischer Energie nachgegangen. Wenn seine Er gebnisse trotzdem im folgenden mehrfach als nicht zutreffend bezeichnet werden müssen, so sei doch die anregende Kraft an erkannt, die seiner Schrift innewohnt auch da, wo man den Verfasser Irrwege neben dem Wesen der Bachschen Kunst her cinschlagen sieht. Es gibt ein produktives Irren, daö durch seine Neuheit und Intensität zu wiederholtem Aufsuchen der Wahrheit beinahe zwingt, und von dieser Art scheint mir die Heußsche Schrift zu sein. Die folgenden Zeilen wollen die textliche („phantasiedra matische") und unkirchliche Auffassung des Werkes durch Heuß nur streifen**), aber genauer zu den musikalischen Auffassungen des Hermeneuten Stellung nehmen, wobei sie sich mit der Prüfung einer Anzahl von Stellen aus dem ersten Teile der *) Leipzig. Brcitkopf und Härtel 1909. **) Über diese Seite der Heußschen Schrift darf die erschöpfende Kritik von I- Smend (Monarschr. f. Gottesdienst u. Kirchl. Kunst 1909 S. 175 ff.) hier als bekannt vorausgesetzt werden.