12 Alfred Dürr lassenen Kantaten ohne Schwierigkeit einordnen. Einige verbleiben jedoch, die im Nachlaßverzeichnis mit „Partitur und Stimmen“ oder „Partitur und meiste Stimmen“ oder ähnlich vermerkt sind. Unter Einschluß des von Richter (a. a. O.) bereits soweit wie möglich ge klärten Choralkantaten-Jahrgangs -^wir nennen ihn später Jahrgang II (vgl. unten, S. 15 f.) — lassen sich somit drei Jahrgänge in grollen Zugen er- kennen. Wollen wir weiter vorankommen, so müssen wir untersuchen, ob die drei Jahrgänge irgendwelche charakteristischen Kennzeichen tragen, durch die sie sich voneinander unterscheiden. Schon Richter bemerkt, daß die Besetzung keinen hinreichenden Anhalt bietet — der Versuch, einen Jahr gang Solokantaten zusammenzustellen, wird als undurchführbar abge lehnt —; und auch hinsichtlich der Textvorlage unterscheidet sich zwar der Jahrgang der Choralkantaten von den übrigen, nicht aber diese unter einander. Aussichtsreicher scheint demgegenüber eine Ordnung der Jahrgänge nach ihrer Entstehungsfolge. Grundsätzlich bestehen ia zwei Möglichkeiten, nach denen die Jahrgangsordnung von Bach vorgenommen worden sein könnte: a) Bach komponierte die Kantaten zeitlich unregelmäßig nach Bedarf und ordnete sie erst in späteren Jahren planvoll, vermutlich unter Auffüllung der noch vorhandenen Lücken. Dies ist die in der bisherigen Bach forschung vorherrschende Anschauung. b) Bach komponierte die Kantaten in regelmäßigen Zeitabständen, bis je weils — sei es in einem Jahr, sei es in längerer Zeit — ein Jahrgang voll ständig geworden war und abgeschlossen werden konnte. Dieses Ver fahren istjur Bachs Weimarer Zeit belegt, in der er ab 1714 mit ziem licher Regelmäßigkeit alle 4 WochenT eine Kantate komponierte, dabei aber von seinem vierwöchigen Turnus überall da abwich, wo es galt, die Komposition mehrerer Kantaten für den gleichen Sonntag zugunsten wechselnder Sonntage zu vermeiden, ganz offensichtlich mit dem Ziel, den einmal begonnenen Jahrgang zu vervollständigen. Übrigens ist auch von anderen Komponisten der Zeit, etwa Telemann, be kannt, daß sie jahrgangsweise Kantaten produzierten. Diese Anordnung war offenbar eine Forderung, die sich unmittelbar aus der Praxis heraus er gab, und keineswegs nur eine lobenswerte Altersangewohnheit zur Er leichterung der Nachlaßordnung. Nun läßt die unten mitgeteilte Zusammenstellung 9 tatsächlich erkennen, daß die Jahrgänge in sich hinsichtlich ihrer Entstehungszeit eine einheit- liche Größe bilden, und zwar an den in ihren Handschriften auftretenden Wasserzeichen 10 . Unter Außerachtlassung der seltener auftretenden und da- 9 Um einen Doppelabdruck der Jahrgangstabellen zu vermeiden, sind die durch (gleiches) Wasserzeichen ermittelten Kantaten in sie bereits eingearbeitet. Zum Nachweis ihrer Zugehörigkeit sind sie zunächst noch wegzudenken. 10 Zusammenstellung der wichtigsten Wasserzeichen siehe AnhangA, (S. I2iff.) auf den hier ein für allemal verwiesen sei.