Johann Chriftoph Bach (1642-1703) Von Conrad Freyse (Eisenach) Wer sich auf genealogischem Gebiet mit der Bach-Familie eingehender be schäftigt, wird die Schwierigkeiten kennen, die die häufige Verbindung der beiden Rufnamen Johann und Christoph verursacht. Fast ein Dutzend Johann Christoph Bachs hat die Stammtafel der Bache aufgenommen. Bereits unter den Ohrdrufer Bachen finden wir Vater und Sohn: Johann ChristophI und Johann Christophll. Unter allen Johann Christophs ist unser Eisenacher Meister bestimmt der bedeutendste. Man könnte ihn den „Großen Johann Christoph“ nennen. Wer sein Lebenswerk kennt, wird Max Schneider zustimmen, wenn er sagt 1 : „Er ist nicht nur der große ausdrückende Componist, wie ihn schon die Bachsche Familienchronik nennt, sondern einer der bedeutendsten deutschen Meister über haupt.“ Nur spärlich ist das biographische Material, das über Johann Christoph Bach vorliegt. Rollbergs Mitteilungen 2 haben in fast allen späteren Ab handlungen Verwendung gefunden. Auch Fl ad es Aufsatz 3 , der sich über wiegend mit dem Organisten befaßt, geht auf den Menschen nicht näher ein. Somit blieb Rollbergs Urteil über den Eisenacher Johann Christoph, der ihn für „eine etwas kleinliche, zänkische, zum Widerspruch neigende Natur“ hält, bis heute unwidersprochen. 4 Nach Durchsicht des gesamten Akten materials ist dieses Urteil aber in Zweifel zu ziehen. Wir werden die Persön lichkeit Johann Christoph Bachs in ihren Beziehungen zu Wohnung und Familie, Beruf und Schaffen kritisch prüfen, um ihr mehr Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Richten wir zunächst den Blick auf seine Wohnungssorgen. Sie haben in be sonderem Maße das Menschliche belastet. Nach den gezahlten Kosten für das „Gastspiel“ und die „Uebersiedlung“ 5 muß Johann Christoph Mitte Dezember 1665 seinen Dienst in Eisenach angetreten haben. Der Dienst vertrag ist nicht erhalten, sonst wüßten wir, wo der Dreiundzwanzigjährige zuerst gewohnt hat. Es war üblich, daß der Rat einige Jahre die Miete be zahlte, währenddessen der Verpflichtete ein eigenes Anwesen erwarb, um Bürger zu werden. Ob Johann Christoph erst nach zehn Jahren das Bürger recht erworben hat, läßt sich nicht mehr genau feststellen. 6 Auch nach seiner 1 Vgl. Max Schneider, Altbachisches Archiv in: Das Erbe Deutscher Musik, Bd. 1—2, Leipzig 1935. 2 Fritz Rollberg, Johann Christoph Bach, ZfMw. 1929, S. 549. 3 Emst Flade, Orgelkultus der Bachschen Sippe in: Musik und Gottesdienst, Zürich 1952, S.177. 4 Auch MGG hat dies Urteil wörtlich übernommen. Vgl. Bd. 1, Sp.955. 5 Seit dem 20.11.1663 war er als Organist an der Schloßkapelle Burg-Neideck in Am stadt, seiner Fleimatstadt, tätig. 6 Jedenfalls steht er erstmals am 24.1.1674 im Bürgerbuch verzeichnet.