Bach unfc öer Ohulift Taylor 1 Von Helmut Zeraschi (Leipzig) Die Bachbiographik hat in der Schilderung der letzten Lebensumstände Bachs, soweit sie dessen Augenleiden, die beiden Operationen und das dadurch zumindest beschleunigte Ableben angehen, die nicht eben aus führlichen Angaben des Nekrologs übernommen. Sie verlegte die Opera tion, gelegentlich wird von zwei Operationen gesprochen, in den Januar 1750, wozu die Bemerkung des Nekrologs, daß Bach danach ein „völlig halbes Jahr lang fast immer kränklich war“, eine gewisse Berechtigung gab. Philipp Spitta 2 gibt den „Winter 1749 auf 1750“ als Zeitpunkt der Ope ration an, Adolf Prosniz 3 spricht von einer zweimaligen Operation und verlegt sieebenfalls in den Zeitraum 1749 bis 1750, Hans Engel 4 glaubt 1749 annehmen zu müssen. Andere halten sich eng an den Wortlaut des Nekro logs und lassen teilweise die Zeitbestimmung offen, womit jedoch indirekt wiederum der Januar 1750 als Operationsmonat bezeichnet wird. Nach dem Erscheinen der Bachbiographie von Charles Sanford Terry 5 sind verschiedene Arbeiten veröffentlicht worden, die sich mit der folgen schweren Begegnung zwischen Bach und Taylor befassen und Licht in die noch dunkle Angelegenheit zu bringen versuchen. Terry ist zwar nicht der erste, der den Okulisten Dr.John Taylor aus England als denjenigen be zeichnet, der die Operationen an Bach vorgenommen hat; denn bereits Prosniz teilt in seinem Compendium mit: „Interessant ist, daß derselbe englische Arzt, Dr. Taylor, einige Jahre später Händel in London mit dem gleichen Erfolge operierte“. (Der Erfolg war negativ.) Zwei Jahre später zitiert J.A.Füller Maitland 6 aus den dreibändigen Lebenserinnerungen Taylors 7 eine auf Bach und Händel bezügliche Text stelle. Die Glaubwürdigkeit der Taylorschen Aussage wurde allerdings we gen darin enthaltener offensichtlicher Irrtümer in Zweifel gezogen. Te rry ist näher auf Taylor eingegangen und hat, vermutlich auf Grund von dessen Lebenserinnerungen, angenommen, daß Taylor im Dezember 1749 nach Wien reiste und wohl „vor seiner Abreise dorthin Bachs Augen unter sucht“ habe. An anderer Stelle schreibt er: „Die Operation wurde vermut lich im Januar 1750 vorgenommen, als Taylor, der von Wien nach Mecklen burg gerufen worden war, Leipzig auf der Rückreise wieder berührte.“ 1 Die Anregung zu dieser Arbeit verdanke ich dem Ophthalmologen Dr.Gustav Freytag, Leipzig, dem ich an dieser Stelle dafür danken möchte. 2 Philipp Spitta, Johann Sebastian Bach. Leipzig 1930 4 . 3 Adolf Prosniz, Compendium der Musikgeschichte 1600 bis 1750. Wien 1900. 4 Hans Engel, Johann Sebastian Bach. Berlin 1950. 5 Charles Sanford Terry, Bach. A Biography. London 1928. 6 J. A. FuJler Maitland, The Age of Bach and Handel. 4.Band der „Oxford History of Music“. Oxford 1902. 7 JohnTaylor, The History of theTravels andAAventures ofthe Chevalier JohnTaylor, Ophthal miator, written by himself. London 1761.