Das „Bachische Collegium Musicum' 11 1730 21 und findet ihre letzten Auswirkungen in Bachs bitteren Beschwerde worten über den Verfall der Leipziger Kirchenmusik vom 23. August 1730 22 , die aber natürlich auf langfristige Erfahrungen gründen, und in Bachs Hilferuf an den Danziger Jugendfreund Erdmann vom 28. Oktober 1730 mit der Brandmarkung der „wunderlichen und der Music wenig er gebenen Obrigkeit“. Unter dem Eindruck dieser lähmenden Widrigkeiten muß Bach das plötzliche Angebot eines neuen und freieren Wirkungs bereichs als einen überaus glücklichen Zufall empfunden haben. Der zweite Termin liegt mitten in den erbitterten Kompetenzstreitigkeiten um die Präfektenernennung, die sich vom Juli 1736 bis zum Frühjahr 1738 hinzogen und Bachs Schaffensfreudigkeit beeinträchtigten. Wenngleich es sich zunächst nur um eine interne Schulangelegenheit handelte, so weitete sich doch der Streit durch die gehässigen Anwürfe des Rektors derart aus, daß sich Bach in seiner künstlerischen Existenz bedroht fühlte und an den Dresdner Hof appellierte. Trotzdem wäre es schwer verständlich, wenn Bach seine Erbitterung und Enttäuschung ohne weiteres auch auf das un beteiligte Collegium musicum ausgedehnt hätte. Hier müssen noch andere, uns unbekannte Faktoren mitgewirkt haben, die Bach zur Aufgabe der Leitung für die Jahre 1737-39 veranlaßten. Zur Ostermesse 1738 trat er zwar anläßlich der glanzvollen Vermählungsfeier für Prinzessin Amalia im Aufträge der Universität mit der Huldigungskantate „Willkommen, ihr herrschenden Götter der Erden“ nochmals hervor, doch stand ihm hier der durch die Stadtpfeifer verstärkte „Chorus musicus“ der Universität zu Gebote 23 , während das „Gerlachische Collegium musicum“ nach Ausweis der „Leipziger Zeitungen“ am gleichen Abend 21 mit einem „Concert vor Cavaliers und Dames . . . bey dem Traiteur Riedel“ beschäftigt war. Zweifel los hat diese Huldigungs kan täte 25 zur vollen Rehabilitierung Bachs auf Anordnung des Hofes geführt. Das Hin und Her zwischen Bach und Gerlach in der Leitung des Collegiums kann nur auf der Basis freundschaftlicher Vereinbarung vor sich gegangen sein. Gerlach hatte noch zu Kuhnaus Zeit die Thomasschule besucht und war dann als Leipziger Student offenbar Bachs Schüler geworden. Daß er bei Bachs Verhinderung die Kirchenmusik in St. Thomä und Nicolai stell vertretend leitete, wissen wir aus einer Eingabe des Rektors Ernesti vom 13. September 1736. Bei seiner Wahl zum Neukirchenorganisten, wozu er 21 Vgl. Schering, a. a. O., S. 176 u. a. 22 Kurier, iedoch höchstnötbiger Entwurf einer wohlbestallten Kirchen Music, nebst einigem unvor- greifliehen Bedencken von dem Verfall derselben. 23 Vgl. Bachs Quittung vom 5. 5. 1738:,,8 Cr vor die Stadt Pfeifer“. 24 Da die Abendmusik der Universität infolge schlechten Wetters vom 27. auf den 28. verschoben werden mußte, ist auch die Verlegung des Gerlachschen Konzerts wahr scheinlich. 23 Über ihren Erfolg berichten Salomon Riemer (hs. Stadtchronik), Lorenz Mizler (Musikalische Bibliothek. I, 6, S.43) und J. A. Birnbaum (Scheibe, CriliscberMusikus 1745, S. 997).