War Matthias Sojka wirklich Schüler Joh. Seb. Bachs? 61 in dessen Gewahrsam der meiste Nachlaß Seegerts gekommen ist, mir nicht abgeschrieben zu haben.“ Wie gefährlich eine solche unkritische Übernahme der älteren Literatur ist, zeigt uns die nähere Analyse der beiden Quellen, auf die sich Löffler stützt. An erster Stelle wenden wir unsere Aufmerksamkeit dem erwähnten Stichwort „Sogka oder Sojka“ von Seyfried zu, welches H. Löffler nur teilweise aus der unter Schillings Redaktion veröffentlichten Encyklopädie der gestimmten musikalischen Wissenschaften oder Universal-Lexicon der Tonkunst 6 zitiert hat. Um die Angaben Seyfrieds richtig beurteilen zu können, dürfen wir nicht nur ein aus dem Kontexte herausgenommenes Fragment heran ziehen, sondern müssen mindestens die wichtigsten Teile seines Stichwortes analysieren und deshalb auch hier - im Unterschiede zu Hans Löffler - vorher genau zitieren. Seyfried schreibt: Sogka oder Sojka, Mathäus, [sic!] wurde 173; [sic!] zuWillimov, im Czaslauer-Kreise des Königsreichs Böhmen geboren und, bezüglich hervorragender musikalischer Anlagen, nach absolvirten lateinischen Classen von seinem Gutsherrn, dem kunstsinnigen Grafen Millesimo, der Leitung Johann Sebastian Bach’s übergeben, unter dessen Führung er den Curs des Generalbasses und der Harmonielehre durchmachen zu können, sich glücklich preisen durfte. Wie nun aber sein würdiger Mentor, beiläufig um 1748, durch zunehmen des Augenübel am ferneren Unterrichten sich behindert fühlte, vertraute der gütige Mäcen den lehrbegierigen Zögling zur vollständigen Ausbildung dem Prager Dom organisten [sic!] Johann [sic!] Zekert (Seeger) an 7 , u. welche herrliche Früchte die Vater- Sorgfalt zweier so gründlicher Meister zur Reife brachte, beurkunden S’s zahlreiche Kirchenwerke, welche, außer seinem beschränkten Wirkungskreise wenig nur bekannt, voll Klarheit, religiöser Begeisterung u. Erhabenheit entworfen sind, u. durch streng contrapunktische Ausarbeitung an sein großes Vorbild, Sebastian Bach, gemahnen... er blieb als Wirthschaffsbeamter (nicht Küchenschreiber, wie Gerber irriger Weise be richtet) in des Grafen Diensten, und starb 1820 [sic!]... 8 Diese Nachrichten könnten vertrauenerweckend wirken, da Seyfried eigentlich Sojkas Zeitgenosse war, weil er 1776-1841 lebte und sogar in den neunziger Jahren des 18. Jahrhunderts in Böhmen war, als er in Prag Jura studierte. Daß er seine Informationen evtl, direkt von Sojka erhalten haben könnte, ist angesichts der zahlreichen leicht nachweisbaren Irrtümer unwahrscheinlich. Sojka hieß nicht Matthäus, sondern Matthias und wurde nicht 1733, sondern 1740 geboren. Sein angeblicher tschechischer Kompo sitionslehrer nannte sich nicht Johann, sondern Joseph Seger und war nicht Domorganist, wie es auch Löffler behauptet, sondern Organist an der Prager Kreuzherrenkirche und Theinkirche 9 . Alle diese Fehler bezeugen, daß Seyfried seine Informationen aus zweiter Hand erhalten haben muß. 6 Vgl. Anmerkung 2. 7 Vgl. Anmerkung 4. 8 Nach der Sterbematrikel des Pfarramtes Vilemov-kläster für die Jahre 1795 — 1824, S. 117 (Staatsarchiv in Novy Studenec) starb Sojka am 13. März 1817. 8 Vgl. Anmerkung 4.