64 Zdenek Culka die Strahover Bibliothek, noch das Zentral-Staatsarchiv in Prag (wo alle Strahover Archivalien deponiert sind) noch die Musik-Abteilung des National-Museums in Prag (die die Strahover Musiksammlung über nommen hat) den angeblichen Bachschen Brief besitzen. Laurencins Angabe über den Bachschen Brief entstand wahrscheinlich durch das unaufmerksame Lesen des Stichwortes über Seger im III. Bande von Dlabacs Künstler-Lexikon. In der Textspalte 104 bei der Schilderung des Lebenslaufes Segers, schreibt Dlabac, Seger erhielt die Stelle eines zweiten Violinisten an der Pfarrkirche zu St. Martin, wo er mit dem be rühmten Organisten Zach einige Jahre gestanden ist. Selbst Zach schätzte unsern Seger so sehr, daß er ihn in dem hinterlassenen Briefe, den man nach seiner Entfernung aus Prag auf seiner Stube fand, als einen der besten Organisten Prags für die nun erledigte Organi stenstelle dem bei St. Martin angestellten Musikdirektor Brixi empfohlen hat. Bald wurde Zachens Wunsch erfüllt... Möglicherweise führte die grafische Ähnlichkeit der Namen Zach und Bach in der Frakturschrift zu der Verwechslung. Auch die stilistische Analogie der Empfehlung Segers als eines ausgezeichneten Künstlers in dem angeblichen Briefe Bachs und in dem bei Dlabac erwähnten Briefe Zachs ist auffallend. Bemerkenswert ist der Mut Laurencins, mit dem er ohne Kenntnis der Quellen die Jahre 1743-1748 als die Zeit von Sojkas Studium bei Bach bezeichnet. Die schon bei Seyfried gezeigte Unwahrscheinlichkeit der Angaben vergrößert sich bei Laurencin noch, weil der 1740 geborene Sojka nach seiner Behauptung von seinem dritten zu seinem achten Jahre bei Bach hätte studieren müssen. Leider sind in der musikwissenschaftlichen Literatur die Angaben Sey frieds und Laurencins über Sojka bisher ganz unkritisch übernommen worden, wie auch der erwähnte Artikel von Hans Löffler zeigt 17 . Meines Wissens hat nur der tschechische Musikwissenschaftler Prof. Gracian Cernusäk im Schlußworte seiner Übersetzung von J. N. Forkels Über Johann Sebastian Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke 18 - wenn auch ohne Beweisführung - seine Überzeugung ausgedrückt, daß Matthias Sojka in der Literatur sicher zu Unrecht als Bachs Schüler bezeichnet wird. Meine Analyse der Quellen hat hoffentlich die Richtigkeit dieser Annahme be stätigt. 17 Zum Beispiel R. Eitner,Quellen-'Lexikon, 1903, Bd. IX, S. 199; HermannMendel, Musikalisches Conversations-Lexikon, Berlin 1878, Bd. IX, S. 287—288; das Stichwort „Segr“ in Grove’s Dictionary of Music and Musicians, London 1928, Bd. IV, S. 707. 18 J. N. Forkel, O zivot&, umüni a umSleckych dilech Johanna Sebastiana Bacha, Prag 1953, S. 95.