BESPRECHUNG Carl Philipp Emanuel Bach im Spiegel seiner Zeit. Die Dokumentensammlung Johann Jacob Heinrich Westphals, herausgegeben und kommentiert von Ernst Suchalla. Hildesheim usw.: Olms 1993 (Studien und Materialien zur Musikwis senschaft, Bd. 8). Johann Jacob Heinrich Westphal in Schwerin (1756-1825) war ein leidenschaft licher Verehrer Carl Philipp Emanuel Bachs. Die Sammlung, die er zwischen etwa 1786 und 1802 zusammentrug, umfaßte zumindest Bachs Instrumentalwer ke in beeindruckender Vollständigkeit. Westphal sammelte darüber hinaus andere Musikalien, Bücher und Nachrichten über Musik mit bienenhaftem Fleiß und einem finanziellen Aufwand, der seine Einkünfte als Organist weit überschritten haben muß. Westphals Sammlung gelangte nach seinem Tode durch Vermittlung der Altonaer Buchhandlung Ludwig Samuel Dietrich Mutzenbecher an Frangois-Joseph Fetis, der die Musikalien dem Konservato rium in Brüssel überließ, die Theoretika weitgehend selbst behielt. Nach Fetis’ Tod wurde dieser Teil der Sammlung vom Belgischen Staat angekauft und in der Königlichen Bibliothek Albert 1. deponiert. Westphals Musiksammlung ist damit heute auf zwei Bibliotheken verteilt, von kleineren Verlusten abgesehen aber offenbar fast vollständig erhalten 1 . Brüssel verfügt damit heute über den zahlenmäßig größten Bestand an Werken Carl Philipp Emanuel Bachs (darunter zahlreiche Unika), der in seiner Bedeutung allenfalls von den Berliner Materia lien übertroffen wird. Obwohl die Sammlung Westphals seit Anfang unseres Jahrhunderts durch Wotquennes Thematisches Verzeichnis der Werke von Car! Philipp Emanuel Bach (Leipzig 1905) und den Katalog der Bestände des Brüsseler Konservatoriums 2 allgemein bekannt geworden ist, ist eine systematische Erforschung ihrer Entstehung und Bedeutung bislang nicht erfolgt. Nur Ernst Fritz Schmid hat bei den Arbeiten für seine Dissertation Carl Philipp Emanuel Bach und seine Kammermusik (Druck: Kassel 1931) die Westphal-Materialien umfassend ge sichtet. Vieles davon ist in seine Arbeit eingegangen, ohne dort allerdings immer quellenmäßig genau belegt worden zu sein. Zu den von Schmid herangezogenen Materialien gehört auch der Band Fonds Fetis 4779 (heute Ms II4133) der Königlichen Bibliothek mit dem Titel Gesammlete Nachrichten / von / dem Leben und den Werken / des Herrn Car! Philipp Emanuel Bach / Kapellmeister in 1 Eine empfindliche Einbuße erlitt Westphals Bach-Sammlung erst um 1900, als Alfred Wotquenne, damaliger Leiter der Bibliothek des Konservatoriums, eine Reihe von Symphonien und kleineren Vokalwerken spartieren ließ. Die historischen Stimmen sätze wurden dann wahrscheinlich verkauft und sind seither verschollen. - Die Bleistifteinträge „Samml. Westphal“ auf einer Anzahl von Quellen der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien wurden um 1930 vorgenommen und scheinen auf einem Mißverständnis zu beruhen. 2 A. Wotquenne; Catalogue de la Bibliotheque du Conservatoire royal de musique de Bruxelles, 4 Bde., Brüssel 1898-1912.