176 Andreas Glöckner Wagner, Thiele Starcke, Ursinus und Walther welcher letztere aber nur itzige Ostern anhero kommen, angegeben, und würde dahero nöthig seyn, daß aus diesen fünften einige die Probe Zuspielen, eligirtt würden, worun ter auf Wagnern besonders reflectiret werden dürffte, weiln dieser eines Cantors Sohn aus Wurtzen 59 wäre, zeithero in der neuen Kirche alhier die Orgel geschlagen hätte, und wegen seiner Wißenschafft in der Music, auch seines Wohlverhalten halber wohl recommendiret worden. Rs. Wagner, Thiele und Starcke sollen die Probe spielen, iedoch solle damit bis bevor stehende Pfingsten angestanden werden, weiln der Cantor kranck wäre, und der vorige Organist, Gömer, sich engagiret. annoch 14 Tage zu spielen, dafeme aber der Cantor sobald nicht restituirel würde, so sollen nach diesem die denominirten Subjecta auf die Probe gestehet werden, und wollen Magnificus Dominus Rector, weiln dieselben um die Music, und absonderlich das Orgel-Schlagen gute Wißenschafft gehabt, und solche ratione des letztem Ihnen annoch gutermaßen beywohne, auf dieselben Achtung geben. 60 Als das Konzil am Samstag vor Exaudi (24. Mai) 1721 tagte, war Johann Kuhnau erkrankt. Ob seine Gesundheit alsbald wiederhergestellt werden würde, schien ungewiß. 61 59 Gemeint ist Bachs nachmaliger Schüler Georg Gottfried Wagner (1698-1756), ein Sohn des Kantors Georg Zacharias Wagner (1671 -1751) aus Wurzen. G. G. Wagner war von 1712 bis 1718 Thomasschüler und wurde 1718 an der Leipziger Universität immatrikuliert. Siehe H.-J. Schulze, Johann Sebastian Bach und Georg Gottfiied Wagner - neue Dokumente, in: Bach-Studien 5, Leipzig 1975, S. 147-154, speziell S. 149. Nachdem Thiele hatte verlauten lassen, daß er sein Organistenamt aufgeben wolle, bewarb sich Wagner abermals um die vakant werdende Stelle. Am 25. Juli 1724 wurde im Konzil beschlossen, daß dieser nochmals eine Probe abzulegen habe und die Orgel, die „sehr viel kostete, daß er dieselbe also, damit ihr kein Schaden zugefüget werde, tractiren, und in obacht nehmen“ möge. UAL, Rep. 11 XVI1131, fol. 5v-7v. 60 Zitiert nach UAL, Rep. 11 XVI1129, fol. 82r-83r: in verkürzter Lesart auch enthalten in Rep. 11 XVI1127, fol. 5r-6r. Die zuletzt genannte Akte wird auch bei Schulze (wie Fußnote 59), S. 149, herangezogen. 61 Wie Tatjana Schabalina anhand einer bislang unbekannten Textquelle belegen konnte, erklang eine Woche darauf (am 1. Juni 1721) in der Nikolaikirche eine Pfingstkantate mit dem Textbeginn „Erschallet, ihr Lieder, erklinget, ihr Saiten“, bei der es sich möglicherweise um BWV 172 handelte. Siehe hierzu den Beitrag von T. Schabalina im vorliegenden Band.