J. S. Bach und die Universität Leipzig - Neue Quellen 177 Am 3. Juli 1721 wurde Johann Christoph Thiele zum Organisten gewählt, nachdem Johann Kuhnau ihn in einem an Johann Heinrich Emesti gerichteten Schreiben vor allem wegen seines ausgezeichneten Generalbaßspiels emp fohlen hatte. 62 Kuhnau war bei der Organistenprobe aufgrund seiner Erkran kung nicht anwesend. Doch scheint er noch einmal genesen zu sein. Als der Enge Rat am 14. November 1721 über die anstehende Generalreparatur der Donath-Orgel in der Neukirche zu entscheiden hatte, wurde mehrheitlich be schlossen. die Arbeiten Johann Scheibe zu übertragen, dem Kuhnau ein aus gezeichnetes Zeugnis ausgestellt hatte. Scheibe veranschlagte für das Projekt eine Gesamtsumme von 600 Talern. Die Bauaufsicht sollte Kuhnau gemein sam mit dem Nikolai-Organisten Daniel Vetter führen. 63 Pro forma war der Thomaskantor zu jener Zeit noch Akademischer Musik direktor und wurde als solcher auch besoldet. Auf „höherer Ebene“ hatte man aber längst übereine praktikable Neuregelung nachgedacht. Bereits 1718 war mit Gottlieb Zetzsch ein Organist angestellt worden, der nicht mehr als Kuhnaus Vertreter fungierte und direkt aus den Mitteln der Universität besoldet wurde; nachdem der Student um ein beständiges Salär angesucht hatte, bewilligte ihm das Konzil am 1. September 1718 eine Zahlung von jähr lich 6 Talern und stellte - abhängig von der Finanzlage der Universität - sogar eine künftige Erhöhung in Aussicht. Allerdings wurde Zetzsch ausdrücklich aufgefordert, er möge „das lange prceambuliren zwischen denen Liedern einstellen und hinführo unterlaßen“. 64 Auch hier zeigt sich das begrenzte Musikverständnis des Konzils. Chancen für eine grundsätzliche Veränderung sahen die Universitätsbehörden nach Kuhnaus Tod, als Georg Philipp Telemann am 11. August 1722 vom Leipziger Rat zum Thomaskantor gewählt wurde. Wie aus dem Sitzungs protokoll der Decemvim vom 18. August 1722 hervorgeht, hatte sich dieser sogleich auch um das Amt des Akademischen Musikdirektors beworben. II George Philipp Telemann. der neue Stadt-Cantor, hätte beydes, münd- als schrift lich Ansuchung gethan, daß ihme auch das Directorium Chori Musici beym Templo Paulino anvertrauet werden möchte. Conclus. Telemannen. dieweil an ihm, als einem excellenten Musico nichts auszusetzen, soll auf sein beschehenes Suchen, das Directorium Musices anvertraut, ihme auch, besonders zu dem Ende, damit es nicht das Ansehen gewinne, als ob Academia eben allemahl den Sladi-Cantorem anzunehmen schuldig sey, eine Instruction ertheilet, iedoch darinnen, wie und durch wen er die Academische Music zu bestellen hätte, ihme nichts vor geschrieben, sondern solches seinem Gutbefinden überlaßen werden. 62 UAL. Rep. 11 XVI1129, fol. 86r+v, und Rep. 11 XVII / 27, fol. 10r-l lr. 63 Stadtarchiv Leipzig, Tit. VIII. 60a, fol. 113r. 64 UAL, Rep. 11 XVII 113, fol. 505-507.