J. S. Bach und die Universität Leipzig - Neue Quellen 181 sehen Sätze 78 auf ein absolutes Minimum reduziert sind. Vielleicht nicht zu fällig folgte der apokryphen Lukas-Passion am Karfreitag 1731 die hinsicht lich ihres formalen Umfangs wiederum eher bescheidene Markus-Passion (BWV 247), die mit ihrem hohen Anteil an Choralsätzen ebenfalls aus dem üblichen Rahmen fällt - 16 Chorälen stehen nur sechs Arien gegenüber. Offen bar hatte Bach sich abermals in Zurückhaltung geübt. Die vermutlich aus Bachs Leipziger Umfeld stammende Passionskantate „Wer ist der, so von Edom kömmf 79 schließlich enthält im zweiten Teil sechs von einem unbe kannten Bearbeiter neu hinzugefügte Kantionaisätze über das Passionslied „Christus, der uns selig machf. Diese Choräle bilden ein Gegengewicht zu den - bereits in der Vorlage 80 enthaltenen - ausdrucksvoll gesetzten Bibelwort- chören im ersten Teil (auf Texte aus dem 53. Kapitel des Buchs Jesaja). Die Intention des Bearbeiters ging wohl dahin, etwaigen Vorwürfen gegen die Aufführung einer zu „opemhaften“ Passionsmusik vorzubeugen. 4. Streitigkeiten um eine Beisetzung in der Paulinerkirche Zur Aufführung der Begräbnismotette „Der Geist hilft unser Schwachheit auf“ (BWV 226) Zwei Jahre nach der Aufführung von Bachs Trauerode (BWV 198) erklang in der Paulinerkirche seine Motette „Der Geist hilft unser Schwachheit auf' (BWV 226) zur Beerdigung des Thomasschulrektors Johann Heinrich Ernesti. Über den Tag der Aufführung gibt es in der Bach-Literatur unterschiedliche Angaben. 81 Nach einem Verzeichnis der Grabstellen in der Paulinerkirche wurde Ernesti „Aufm Platze zwischen Apels Capelle und denen Weiber Stühlen der Cantzel gegen über" beigesetzt. Das Beerdigungsdatum ist fol gendermaßen angegeben: „175.) ... 1729. den 23. Octobr. wurde Hr: Prof: Ernesti hier bey gesetzet ist noch eine Stelle übrig ob sie der Fr: Witwe oder 78 Diese umfassen lediglich den Eingangschor, sechs Arien und ein Terzett. 79 D-B. Mus. ms. 8155. 80 Die Pasticcio-Vorlage ist Carl Heinrich Grauns Passionskantate „Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld". Eine Abschrift dieses Werks befand sich in der Bibliothek der Thomasschule. Ob ein direkter oder indirekter Zusammenhang zwischen den beiden Handschriften besteht, ist leider nicht feststellbar, da das Manuskript der Thomasschule seit Dezember 1943 verschollen ist. 81 Siehe die Zusammenfassung der Forschungsdiskussion bei N. Bolin. „Sterben ist mein Gewinn“ (Phil 1,21). Ein Beitrag zur evangelischen Funeralkomposition der deutschen Sepulkralkultur des Barock 1550-1750, Kassel 1989 (Kasseler Studien zur Sepulkralkultur. 5.), S. 314 und besonders S. 341 (Fußnote 125); ergänzend BC C 2 (Bd. 1/3, S. 949 f.) und BJ 2007, S. 235 (M. Petzoldt).