J. S. Bach und die Universität Leipzig - Neue Quellen 183 schwerden gegeben. 84 Am 1. Dezember 1729 wurden einige Vertreter des Konzils beauftragt, die Differenzen mit den Stadtvätem gütlich beizulegen. 85 Die Verhandlungen zogen sich freilich in die Länge und noch in der Sitzung des Konzils am 6. Dezember 1742 waren strittige Fragen (wie die Beauftra gung des Leichenbitters) nicht ausgeräumt, weswegen man es für erforderlich hielt. ..daß wegen Regulirung derer Anordnung derer academischen Leichen bestattung die Sache in deliberation genommen und ein Leichen Wagen ange- schaffet würde“. 86 Erst mit der Beerdigung des Theologieprofessors und Rektors Heinrich Klausing am 18. Oktober 1745 scheinen die bisherigen Streitigkeiten beigelegt worden zu sein. Bei der Prozession zur Paulinerkirche war der Rat diesmal „in corpore“ zugegen. 87 Bei dieser Gelegenheit erklang Johann Gottlieb Görners Oratorium ..Gerechter Gott, wie beugst du mich". Die Aufführung der Motette „Der Geist hilft unser Schwachheit auf' (BWV 226) erfolgte unter ungewöhnlichen und mißlichen Begleitumständen - nicht nur. weil der Rat nicht „in Corpore" daran teilnehmen wollte, die Bereitstel lung des städtischen Leichenwagens in Frage stand und die Beauftragung des Zeremonienmeisters und Leichenbitters Johann Georg Martius umstritten war. Da den Thomasschülem und Ratsmusikem die Mitwirkung bei den Universi tätsgottesdiensten noch vier Jahre zuvor untersagt gewesen war, wäre zu fra gen, auf welche musikalischen Kräfte Bach bei der Aufführung am 23. Okto ber 1729 zurückgreifen konnte. 88 In seinem Gesuch vom 31. Dezember 1725 ist bezugnehmend auf die Universitätsmusiken lediglich von mitwirkenden Studenten die Rede: ... So hat sich meinerseits mit denen Studiosis einiges Unvemehmen niemahls ereig net, sie pflegen auch die Vocal- und Instrumental-Music bey mir unverweigerlich und bis diese Stunde gratis und ohne Entgeld zu bestellen. .. , 89 In ihrer Stellungnahme vom 29. Oktober 1725 argumentierten die Univer sitätsbehörden, daß dem Thomaskantor ..die Beyhülffe der Schüler und 84 Strittig waren vor allem die Bereitstellung des städtischen Leichenwagens und die Zahl der Kutschen, die einem Akademiker beim Trauerzug zustanden. Uber die Anschaffung eines eigenen Leichenwagens wurde schon 1726 debattiert. 85 UAL. Rep. 1\XVI\I 37. fol. 138r-139r. 86 UAL. Rep. I\XV1\ 136b. fol. 216r-217v. 87 G. Wustmann, Quellen zur Geschichte Leipzigs, Bd. I. Leipzig 1889, S. 301. 88 Immerhin ist in späteren Jahren (erstmalig seit 1733/34) die Mitwirkung von Rats musikem bei der Universitätsmusik wieder zu belegen. In den handschriftlichen Aufzeichnungen des Rektors August Friedrich Müller werden 1733/34 „Stadt musiker" erwähnt. Für eine ungenannte Aufführung erhielten sie den bescheidenen Betrag von 1 Taler und 12 Groschen. Vgl. R. Szeskus, Bach und die Leipziger Uni versitätsmusik, in: Beiträge zur Musikwissenschaft 32 (1990). S. 161-170. 89 Dok I. Nr. 12 (S. 38).