Notenformen und Nachtragsstimmen 205 führte. 9 Nicht besser verhält es sich aber mit dem 2. Sonntag nach Trinitatis. Im Jahr 1724 hat Bach zu diesem Sonntag die Choralkantate „Ach Gott, vom Himmel sieh darein“ BWV 2 komponiert; zudem dürfte, wie Dürr hervorhebt, der 2. Sonntag nach Trinitatis 1725 „eigentlich zu spät" für das Papier liegen - bereits vier Wochen früher, am 6. Mai, erscheint dieses soweit bekannt zum letzten Mal im betreffenden Jahr, während die sechs dazwischen liegenden Kantaten ausschließlich das Wasserzeichen „R und S in Schrifttafel“ (Weiß 126) zeigen. 10 Auch in anderer Hinsicht erweist sich der Versuch, die Stimme anhand des Papierbefunds zu datieren, als problematisch: Bachs Schriftzüge passen nicht ohne weiteres in die Zeit um 1725. Abbildung 1 zeigt die Vorderseite der Stimme. Schon bei flüchtiger Betrachtung werden die weißen Noten, ins besondere die abwärts kaudierten Halben in Zeile 9, 10, 12 und 13 auffallen: auch auf der Rückseite sehen die - freilich wenigen - Halbe- und Ganzenoten nicht anders aus. * 11 Notenköpfe dieser Art - lang, schräg, am oberen Winkel meist spitz, im Gesamteindruck tropfen- oder halbmondförmig - hatte Bach in seinen frühen Jahren und noch in Köthen verwendet. 12 Auch in den ersten Monaten der Leipziger Zeit treten sie in Reinschriftpartituren nach älteren Vorlagen auf. 13 In Stimmen verschwinden jedoch solche Notenköpfe zu mindest bei abwärts kaudierten Halben so gut wie völlig. Bereits mit dem Probestück BWV 23 (St 16: D-Bsak, SA 5175) herrscht ausschließlich jene abgerundete Form mit Rechtsansatz des nach unten geführten Halses vor, die dann für Bachs Autographe bis zum Ende der 1730er Jahre kennzeichnend bleibt - nur bei Noten oberhalb des Systems erscheint noch gelegentlich die in der Mitte oder links ansetzende Halsung und in seltenen Fällen sogar die spitzere Gestalt. 14 9 Vgl. Glöckner (wie Fußnote 7), S. 87 und 90 f. Glöckner vermutet eine Aufführung durch die zweite Kantorei - was bei einer fremden Komposition wie dieser sicher naheliegt, im vorliegenden Fall jedoch wohl nicht zuletzt stillschweigend auf der Annahme beruht, Bach habe am betreffenden Sonntag mit der ersten Kantorei BWV 76 musiziert. Vgl. Dürr Chr 2. S. 82. allerdings auch S. 76. 11 Halbe- und Ganzenoten erscheinen auf S. 2 nur in Satz 10, T. 1-3 und 11. ; Vgl. Y. Kobayashi. Die Notenschrift Johann Sebastian Bachs (NBA IX/2, 1989), S. 14 und 18, auch die besonders anschaulichen Beispiele S. 75 (Abb. 48) und 93 (Abb. 67). 11 Vgl. ebenda. S. 20. sowie die Abbildungen aus BWV 119 und 194 auf S. 104f. (Abb. 74 und 75) oder in NBA P32.1 (C. Fröde. 1992), S. X-XI (BWV 119), und NBA 1/31 (F. Rempp. 1987), S. XI (BWV 194). 14 Vgl. NBA IX/2, S. 20. auch die Beispiele aus BWV 23 auf S. 94f. (Abb. 68 und 69). ferner Kobayashi Chr, S. 20; zur Datiemng der Stimmen von BWV 23 vgl. neuer dings Rifkin (wie Fußnote 6), S. 579, Anmerkung 33.