206 Joshua Rifkin Zur Lösung des Widerspruchs zwischen Schrift und Papier hilft eine Hand schrift, der die Forschung zumindest aus quellenkundlicher Sicht wenig Beachtung geschenkt hat. Es handelt sich um die Stimme Corne aus der Kantate zum 2. Ptingsttag „Also hat Gott die Welt geliebt" BWV 68. 15 Das Blatt weist das Wasserzeichen Weiß 126 auf - das gleiche wie die übrigen Stimmen von BWV 68 (St Thom 68) und eben der Typus, der im Frühjahr 1725 Weiß 96 ablöste. 16 Nach Yoshitake Kobayashi gehört jedoch die Nieder schrift aufgrund des piano-Zeichens in T. 52 des Schlußsatzes in die zweite Hälfte der 1730er Jahre. 17 Die Viola-da-gamba-Stimme aus BWV 76 enthält zwar keine dynamischen Bezeichnungen; wie aber aus Abbildung 2 ersichtlich wird, besteht zwischen ihr und der Stimme aus BWV 68 hinsichtlich der Gestalt der weißen Noten weitgehend Übereinstimmung - die einzige nen nenswerte Ausnahme betrifft die hier nicht abgebildete Schlußnote von BWV 68, eine nach unten kaudierte Halbe der Leipziger Standardform mit rechts angesetztem Hals. Angesichts des gleichartigen Schriftbefunds wird es nicht überraschen, daß der liturgische Termin von BWV 68 kaum drei Wochen vor dem 2. Sonntag nach Trinitatis liegt. Die Annahme, Bach habe die beiden Stimmen in unmittelbarer zeitlicher Nähe - und die Viola-da-gamba-Stimme also erst mehrere Jahre nach dem bisher vermuteten Zeitraum - geschrieben, ergibt sich gleichsam von selbst. 15 Mit der gleich zu besprechenden Ausnahme von Kobayashi Chr, S. 36, befaßt sieh die bisherige Literatur zu dieser Stimme lediglich mit Fragen der Aufführungs praxis. Vgl. T. G. MacCracken, Die Verwendung der Blechblasinstrumente bei J. S. Bach unter besonderer Berücksichtigung der Tromba da tirarsi. BJ 1984, S. 59-89, hier S. 74 f., 82 und 84 (Abbildung), sowie D. L. Smithers, Die Verwendung der Blechblasinstrumente bei J. S. Bach unter besonderer Berücksichtigung der Tromba da tirarsi. Kritische Anmerkungen zum gleichnamigen Aufsatz von Thomas G. Mac- Cracken. BJ 1990. S. 37-51. hier S. 50; U. Wolf, Überlegungen zu den Corno- Stimmen der Choralkantaten Johann Sebastian Bachs, in: Vom Klang der Zeit. Be setzung, Bearbeitung und Aufführungspraxis bei Johann Sebastian Bach. Klaus Hofmann zum 65. Geburtstag, hrsg. von U. Bartels und U. Wolf, Wiesbaden 2004, S. 180-190. hier S. 185 und 187; und W. Prinz, Johann Sebastian Bachs Instru mentarium. Originalquellen ■ Besetzung ■ Verwendung. Kassel 2005 (Schriftenreihe der Internationalen Bachakademie Stuttgart. 10.), S. 129f., 137. 165 (Abbildung) und 167. 16 Vgl. NBA 1/14 Krit. Bericht (A. Dürr, A. Mendel, 1963), S. 42f., sowie Kobayashi Chr, S. 36. 17 Vgl. Kobayashi Chr, S. 36, zur Begründung auch S. 18, 21 und 35.