Notenformen und Nachtraasstimmen 221 klingend notierten Eingangschors in der nachgefertigten Stimme verwundern - um so mehr, als Bach etwa in der Mitte der 1740er Jahre eine transponiert notierte Homstimme zur Missa e-Moll BWV Anh. 166 von Johann Ludwig Bach schrieb, die die Eigenschaften des Naturhoms genau berücksichtigt. 62 Zwar handelt es sich bei BWV Anh. 166 strenggenommen nicht um einen Ersatz für eine bereits vorhandene Instrumentalstimme: Bei der ersten Auf führung unter Johann Sebastian Bach um 1727 blieb der cantus firmus allein dem Soprano in ripieno zugewiesen. 63 Dennoch bleibt der Befund bei BWV 68 nicht ohne weiteres einsichtig. Hat Bach vielleicht nicht an eine Aufführung, sondern an die Vervollständigung eines Stimmensatzes zu Aufbewahrungs- es sich nicht um einen Trompeter gehandelt haben, nicht einleuchten. Beachtenswert scheint zudem, daß die Wiederaufführung von BWV 73 mit obligater Orgel anstelle des Como in die Jahre 1732-1735 gehört (vgl. Dürr Chr 2, S. 112): der letztmögliche Termin, der 3. Sonntag nach Epiphanias 1735 (23. Januar), lag dreieinhalb Monate nach dem Tod von Gottfried Reiche (vgl. Dok II. S. 251). Darüber hinaus läßt die Kantate zum folgenden Sonntag. ..War Gott nicht mit uns diese Zeit“ BWV 14. entgegen Bachs früherem Gebrauch den cantus firmus im Eingangssatz und Schluß choral durch ein in F-Transposition notiertes Horn verdoppeln, dessen Partie keine außerhalb der Naturtonreihe liegenden Noten enthält; vgl. NBA 1/6 Krit. Bericht (U. Leisinger. P. Wollny. 1996), S. 149. und Wolf (wie Fußnote 15), S. 181-184. Vgl. auch unten. Fußnote 72. 62 Vgl. Wolf (wie Fußnote 15), S. 186, sowie früher Y. Kobayashi. Bachs Eingriffe in wiederaufgeführte Werke. Aujführungspraktische Aspekte, in: „Die Zeit, die Tag und Jahre macht". Zur Chronologie des Schaffens Johann Sebastian Bachs. Bericht über das Internationale wissenschaftliche Kolloquium aus Anlaß des 80. Geburtstags von Alfred Dürr. Göttingen. 13.-15. März 1998. hrsg. von M. Staehelin. Göttingen 2001 (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Philologisch historische Klasse. Dritte Folge. Nr. 240). S. 89-102. hier S. 96f. Laut Smithers (wie Fußnote 15), S. 50, „enthält der Como-Part zu BWV 68/1 keine Töne, die nicht auf einem F-Hom gespielt werden könnten". Immerhin kommt der Ton d’ (klingend) in keiner nachweislich für F-Hom bestimmten Bachschen Partie vor (vgl. Prinz, wie Fußnote 15, S. 144); sollte er zumindest theoretisch als Durchgangsnote im Bereich des Möglichen liegen (vgl. K. Beißwenger und U. Wolf. Tromba. Tromba da tirarsi oder Corno? Zur Clarinostimme der Kantate „Ein ungefärbt Gemüte“ (BWV 24), BJ 1993. S. 91-101. hier S. 100), so käme ein solcher durch „Treiben" hervorge brachter Ton für die ausgehaltene Schlußnote kaum in Frage. 63 Vgl. Dürr Chr 2, S. 167. Zumal es in den 1740er Jahren keinen sonstigen Beleg gibt für die nachträgliche Instrumentalverstärkung einer vorher rein vokal vorge tragenen cantus-firmus-Stimme, scheint mir im Gegensatz zu Kobayashi (wie Fuß note 62), S. 96, die bereits von Dürr gestellte Frage, ob die neu hinzugetretene Homstimme den Ripiensopran nicht eher ersetzt als verdoppelt habe, trotz einiger dadurch entstehender Dominantakkorde ohne Terz keineswegs von der Hand zu weisen.