244 Lynn Edwards Butler Schnitger, 53 mit der von den Casparinis gebauten Orgel in Görlitz 54 und mit der von Christoph Contius in Halle. 55 Johann Christoph Bachs in mehreren Schritten entwickeltes Konzept ist bemerkenswert nicht nur wegen der dar aus resultierenden Größe des Instruments; es enthält zudem auch zahlreiche Neuerungen. Inwieweit die Orgel sich von den Instrumenten des 17. Jahr hunderts unterscheidet, ist von Winfried Schrammek anschaulich beschrieben worden: 56 „Nicht mehr heller, ,schärfer 1 , obertonreicher, objektiv stehender, sondern dunkler, ,gravität‘voller, verschmelzender, subjektiv veränderbarer Klang wird angestrebt. Johann Christoph Bach verlangt Register, die sich nicht in der Tonlage, sondern in der Klangfarbe und Klangstärke unterscheiden.“ Das Instrument der Georgenkirche wies als eine der ersten Thüringer Orgeln die Qualitäten auf, die man heute für die weitreichenden Entwicklungen im Orgelbau um das Jahr 1700 für so charakteristisch hält: 57 Die große Zahl und Vielfalt der Flötenstimmen (insgesamt 28, also nahezu die Hälfte der Register), die vermehrte Einbeziehung von Streicherstimmen - ideal für das Continuospiel - in Pedal- und Manualwerken, die Vorliebe für die Sesquialtera in drei der vier Manualwerke, die Aufteilung der Mixturen auf zwei Register, die zum Beispiel Registrierungen des vollen Orgelklangs mit oder ohne Terz erlaubte, die Vielfalt von 16’-Klängen in den Manualwerken, die Berück- 53 Schnitgers zwischen 1682 und 1687 für die Hamburger Nikolaikirche erbaute Orgel hatte 66 Register und vier Manuale; ihr Tonumfang reichte allerdings nur bis c"' im Manual und bis d’ im Pedal (mit einer kurzen Oktave im Baß). Schnitgers Magde burger St.-Johannis-Orgel (1689-1695) hatte 62 Register (darunter eine Posaune 32’) und drei Manuale. Zu den Dispositionen dieser Instrumente siehe Fock (wie Fußnote 48), S. 48 und 189-190. 54 Das Görlitzer Instrument wurde 1697-1703 (also fast zur selben Zeit wie die Eisenacher Orgel) von Eugen und Adam Horatio Casparini gebaut; es hatte ein Re gister weniger als die Orgel der Georgenkirche und verfügte nur über drei Manuale. Zur Disposition siehe U. Dähnert. Historische Orgel in Sachsen. Ein Orgelinventar, Leipzig 1980. S. 132-133. 55 Die 1713-1716 erbaute Contius-Orgel der Liebfrauenkirche in Halle hatte 65 Re gister und drei Manuale. Zur Disposition siehe Dok I, S. 160-161. 56 Schrammek erwähnt das Vorhandensein von Sesquialtera-Register, den ungewöhn lichen Tonumfang, die großzügige Windzufuhr und das für das Spielen von obligaten Pedalstimmen voll entwickelte Pedalwerk. Vgl. W. Schrammek, Bach-Orgeln in Thüringen und Sachsen, in: Johann Sebastian Bach. Lebendiges Erbe (Beiträge zur Bachpflege der DDR. Heft 11). Leipzig 1983, S. 7. 57 Einige dieser Merkmale tauchten bereits in den 1680er Jahren auf, zum Beispiel in den Orgeln von Christoph Junge und Andreas Tamitius. Detailliertere Darstellungen der besonderen Charakteristika des Orgelbaus in Mitteldeutschland im frühen 18. Jahrhundert finden sich bei: T. F. Harmon. The Registration ofj. S. Bachs Organ Works, 2. Auflage, Buren 1971: H. Haupt. Bach Organs in Thuringia, in: J. S. Bach as Organist, hrsg. von G. Stauffer und E. May, Bloomington, Indiana, 1986, S. 25-30;