J. C. Bach und die von G. C. Stertzing erbaute Orgel der Georgenkirche 251 es für einen weiteren Spieler gedacht war - das heißt, daß zwei Organisten gleichzeitig spielen konnten. Es ist unwahrscheinlich, daß das zusätzliche Manual den Zugriff auf Kammerton- oder andere tiefer gestimmte Register erlaubte, wie es bei einem der zusätzlichen Manuale der wenige Jahre später gebauten Halberstädter Orgel von Herbst der Fall war; 89 jedenfalls wird diese Möglichkeit in keiner der überlieferten Beschreibungen erwähnt. Es ist eben falls unwahrscheinlich, daß das „inwendige Clavier“ für einen zweiten Conti- nuospieler bei mehrchörigen Aufführungen gedacht war (der Spieler hätte mit den übrigen Ensemblemitgliedem keinen Sichtkontakt gehabt). Für welchen Zweck wurde das „inwendige Clavier" aber dann genutzt? Die Antwort auf diese Frage könnte in den Kommentaren von Jacob Adlung und Georg Fried rich Kauffmann zu finden sein. 90 Adlung schreibt in seiner Schilderung des Choralspiels: „Wie man nun die mehresten Ausführungen auf der Orgel allein zu machen pfleget; so ist es doch auch angenehm, wenn eine Hautbois oder ein ander geschicktes Instrument heimlich hinter oder neben die Orgel gestehet wird, welches den Choral ausführt, und durch die Orgel begleitet wird, ent weder alles nach Noten, oder aus dem Stegreife. Nach Noten könnte auch solch Instrument die Variation machen, und das übrige besorgete die Orgel.“ 91 Dies ist eindeutig die Beschreibung eines mit der Orgel spielenden zweiten Instruments wie man sie zum Beispiel in den konzertierenden Chorälen von Bachs Schülern Gottfried August Homilius und Johann Fudwig Krebs findet. Auch Kauffmann empfiehlt in der Einleitung zu seiner Harmonischen Seelen lust, einer Sammlung, die unter anderem sechs Choräle für Orgel und Oboe enthält, der Spieler einer solchen Choralmelodie solle wie ein Orgelregister klingen. 92 Es ist daher denkbar, daß das „inwendige Clavier" in Eisenach einem zweiten, versteckten Organisten (anstelle eines Instrumentalisten) die Mög- 89 Die 1714—1718 von Heinrich Gottfried Herbst gebaute Halberstädter Orgel hatte fünf Manuale - drei für die Hauptorgel und je eines auf beiden Seiten des Haupt gehäuses. „Das eine stehet Kammerton, das andere Chorton," schrieb Agricola. „und können also drey Organisten auf einmahl spielen.“ Die Disposition findet sich am Schluß von Agricolas Besprechung der Sammlung einiger Nachrichten von be rühmten Orgelwerken in Teutschland, Breslau 1757, in: F. W. Marpurg, Historisch- Kritische Beyträge zur Aufnahme der Musik. Bd. 3. Teil 6. Berlin 1758. S. 508-511. speziell S. 511. 90 Ich bin Hugh McLean zu Dank verpflichtet, dessen Artikel Krebs’s Concerted Chorales and Fantasias, in: The Musical Times 122 (1981), S. 770-773. zu diesen Überlegungen geführt hat. 91 AmG. S. 687. 92 „So wäre über diß auch wohlgethan/ wenn die Oboe so gestehet werden könte. daß es liesse/ ob wäre es ein Register in der Orgel/ welches die Sache um so viel ange nehmer machen würde.“ G. F. Kauffmann, Einleitung zu Harmonische Seelenlust (1733-1740), Faksimile-Ausgabe hrsg. von P. Lescat, Courlay 2002.