ein Clavier von besonderer Erfindung" 281 folglich ihren Klang erhalten, der so lange dauert, als man den Finger auf der Taste lässet. Wie man nun vermittelst des verschiednen schwächem oder stärckern Druckes mit dem Finger alle nur mögliche Grade des forte und piano, nebst der Bebung, ohne die geringste Abänderung des Tones in Ansehung der Höhe oder der Tiefe, haben kann: so kann man ebenfals. weil der Bogen nichts von seiner geraden Spannung nachgiebet. die allerlängsten Töne bey fortdauerndem gleichen Druck, in gleich starkem oder schwachen Anschläge beständig erhalten. Die Tractirung dieses Bogenflügels ist noch leichter als auf dem gemeinen Clavichord, weil der Bogen sehr nahe unter den Saiten wegstreichet, und bey dem geringsten Druck des Fingers ein deutlicher Ton entstehet, welches man bey allen übrigen Arten von Clavieren vermißt, wo wegen ungleicher Stärke der Finger, in geschwinden Sätzen leicht eine Note verlohren gehen kann. Man ist also im Stande, alle mögliche Spiel manieren und kleine Zierlichkeiten, sie haben Nahmen wie sie wollen, ohne die geringste Mühe aufs netteste heraus zu bringen, ein Umstand, worin die übrigen Flügel [...] allezeit verschieden sind. |...| wie gewisse aus der Singkunst entlehnte Manieren auf den gewöhnlichen Clavieren gar unausüblich sind, als welche man all- hier aufs sanfteste vortragen kann. Noch hat dieser Bogenflügel den Vortheil, daß er wegen des einzigen Chors Saiten leichter als andere zu stimmen ist. Wenn sich die Darmsaiten einmahl gehörig aus- gedehnet haben, und ihre Enden gehörig befestigt sind, so halten sie die Stimmung so gut als die Dratsaiten, wie die Erfahrung gezeiget hat. Er ist auch wegen seiner ein fachen Structur nicht leicht wandelbar, und viel bequemer als andere Claviere im Stande zu erhalten.“® Es handelt sich folglich bei dem Bogenflügel Hohlfelds um ein Instrument, das der ursprünglichen Erfindung Hans Haidens von 1575 recht ähnlich zu sein scheint: Statt der bloßen Verwendung eines Streichrades kehrt Hohlfeld zu der lange Zeit ungenutzt gebliebenen Möglichkeit der Verwendung von Pferdehaaren zurück, welche die Darmsaiten zum Schwingen bringen. Ob der Antrieb des Rades, das den Streichbogen in Bewegung versetzt, mittels eines Pedals, einer Kurbel oder automatisiert (wie bei dem von Kircher be schriebenen Instrument) geschieht, geht aus Marpurgs Beschreibung nicht hervor. Da Marpurg keine Quelle für seine Kenntnis des Bogenflügels angibt, kann angenommen werden, daß er das Instrument bei einer Vorführung in Berlin selbst erlebte - eine Vermutung, die weiter unten noch näher belegt werden soll. Zwei weitere mögliche Primärquellen stellen die von Adlung benannten Artikel in den Hallischen Zeitungen und im Hamburgischen Correspondenten dar. wobei sich hier die Frage nach der exakten Datierung stellt: Bezugneh mend auf das Datum des Drucks von Adlungs Anleitung müßten sich die 60 Marpurg (wie Fußnote 17), S. 169-172.