"Texte zur Music" in Sankt Petersburg : neue Quellen zur Leipziger Musikgeschichte sowie zur Kompositions- und Aufführungstätigkeit Johann Sebastian Bachs
44 Tatjana Schabalina und erschien, wie auch eine Reihe anderer Hefte, im Verlag des Leipziger Buchdruckers Johann Georg. Der Text entstammt dem „2. Capitel der Apostel- Geschichte“, die „mit unterschiedenen Arien" versehen wurde. Besetzungs angaben zeigen, daß die Rezitative des Evangelisten mit Solo- und Ensem blesätzen durchflochten waren. Format: 18,4x14 cm. Umfang: 4 Seiten (einschließlich Titelblatt). 20 Die Incipits der einzelnen Sätze lauten: Evangelist: Und als der Tag der Pfingsten erfüllet war A. T. B.: Liebster JEsu/ sey so gütig Evangelist: Und es geschach schnell ein Brausen vom Himmel Canto: Komm du werthe Himmels-Taube Evangelist: Es waren aber Jüden zu Jerusalem wohnend Der Chor: Siehe/ sind nicht diese alle Alto: Wo der Geist ist eingekehret Evangelist: Sie entsatzten sich alle ä 5. Voc.: Was will daraus werden? Evangelist: Die andern aber hattens ihren Spott und sprachen ä 3. Voc.: Sie sind voll süsses Weins Basso: Weicht ihr Sünder! flieht ihr Spötter! Tutti: Nun so bleib in unsern Hertzen Johann Schelle, einer der wichtigsten Vorgänger J. S. Bachs, ist vor allem für die Einbeziehung von Evangelientexten in seine Kantaten bekannt. Zehn Jahre vor der Veröffentlichung des hier vorgestellten Hefts hatte er eine Ausein andersetzung mit dem Leipziger Bürgermeister Johann Lorenz von Adlers helm, der auf die Beibehaltung der traditionellen Kirchenmusik bestand. Der Rat der Stadt, der die Angelegenheit kurz vor dem Weihnachtsfest 1683 zu behandeln hatte, stellte sich auf die Seite von Schelle - eine Entscheidung, die in den folgenden Jahren weitere formale Experimente begüngstigte. 21 Im Pfingsttext des Jahres 1693 kann man die für Schelles Werke typische Form der deutschen Kantate nachvollziehen, die er mit seinem Schaffen begründete und die von seinen Nachfolgern aufgegriffen und weiterentwickelt wurde. Der aufgefundene Text ist in der Russischen Nationalbibliothek als Unikum erhalten. öffentlicht wurden (Signatur: 15.7.4.35-57). Der charakteristischen handschrift lichen Paginierung in der rechten oberen Ecke der Blätter sowie der Numerierung auf den Titelblättern nach zu schließen wurde dieser Band aus einer früheren Samm lung innerhalb der Zafuski-Bibliothek zusammengestellt. Der neue Einband wurde schon im 19. Jahrhundert in der Kaiserlichen Öffentlichen Bibliothek von St. Peters burg angefertigt. 20 Im weiteren wird bei der Beschreibung der Hefte die Zahl der Seiten immer ein schließlich der Titelseite angegeben, auch wenn dies nicht mehr eigens erwähnt ist. 21 Siehe P. Wollny, Schelle, Johann, in: MGG 2 , Personenteil, Bd. 14, Sp. 1267-1270.