Carl Philipp Emanuel Bachs Trio in d-Moll (BWV 1036/Wq 145) Von Christoph Wolff (Cambridge, Mass. und Leipzig) Eine mit dem Namen Bach verbundene Triosonate in d-Moll rückte kurz nach Abschluß der alten Bach-Gesamtausgabe (BG) ins Blickfeld der For schung und wurde als Werk Johann Sebastian Bachs veröffentlicht. Max Seiffert hatte um 1900 bei der Durchsicht der später von der Musikbibliothek Peters in Leipzig erworbenen Sammlung Mempell-Preller die alte Handschrift eines „Trio, ex D. >. I ä I Violino. I et. I Clavecin oblig. I di I Mons. Bach“ ent deckt und gab sie 1904 als Beilage zu seinem Aufsatz „Neue Bach-Funde“ 1 heraus. Das Werk für Johann Sebastian Bach in Anspruch zu nehmen, bot für Seiffert seinerzeit kein Problem. Dennoch formulierte er ein wenig defensiv, „daß die Vornamen fehlen, teilt die Kopie mit einem guten Drittel aller übri gen. Man braucht darum nicht gleich an einen anderen Bach zu denken, schon gar nicht an Phil. Emanuel. von dem die Sammlung überhaupt nicht die geringste Spur aufweist.“ 2 * Ergänzend zur Erstveröffentlichung von 1904 er schienen dann 1929-1930 kurz nacheinander zwei praktische Ausgaben in Gestalt von Bearbeitungen für zwei Violinen und Basso continuo: Johann Sebastian Bach, „Triosonate D-moll für zwei Violinen, Klavier oder Orgel, Violoncello ad lib.", herausgegeben von Hermann Keller.' bzw. „Trio für zwei Violinen. Violoncell und Cembalo", bearbeitet von Max Seiffert. 4 Wenige Jahre nach Erscheinen der beiden Neuausgaben zog Werner Danckert die Zuschreibung des Werkes an Johann Sebastian Bach aus stilistischen Gründen ernsthaft in Zweifel. 5 Das Trio wurde denn auch von Wolfgang Schmieder in die erste Ausgabe des Bach-Werke-Verzeichnisses von 1950 (BWV) unter der Nr. 1036 nur mit dem Vermerk „Echtheit stark angezweifelt“ aufgenommen. Die Zweifel erwiesen sich als durchaus begründet, denn 1957 konnte Ulrich Siegele überzeugend nachweisen. daß es sich bei dem Werk in Wirklichkeit um die Frühfassung des Trios in d-Moll für Flöte. Violine und Baß (Wq 145) von Carl Philipp Emanuel Bach handelte. 6 Entsprechend rele giert die Neuausgabe des Bach-Werke-Verzeichnisses von 1990 (BWV 2 ) das 1 Jahrbuch der Musikbibliothek Peters für 1904, Leipzig 1904. S. 17-29. 2 Ebenda. S. 24. ' Nagels Musik-Archiv. Nr. 49. Hannover 1929. 4 Veröffentlichungen der Neuen Bachgesellschaft. Jg. 30/1, Leipzig 1930. ' W. Danckert. Beiträge zur Bach-Kritik. Kassel 1934 (Jenaer Studien zur Musik wissenschaft. 1.), S. 53 ff. 6 Kompositionsweise und Bearbeitungstechnik in der Instrumentalmusik Johann